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Marktpotenzialanalyse
[engl.: market potential analysis]
Markt- und Absatzpotenzial sind wichtige Entscheidungsgrundlagen für die Planung, Entwicklung und Einführung neuer Produkte und Dienstleistungen. Die Marktpotenzialanalyse schätzt die Aufnahmefähigkeit eines Marktes für ein neues Produkt.
Sie ist Teil einer umfassenden Marktanalyse, die beispielsweise auch die Analyse des Wettbewerbs und der Nachfrage im jeweiligen Markt umfasst.
Einsatzbereiche
Marktpotenzialanalysen können an verschiedenen Stellen des Entwicklungs- und Einführungsprozesses von Produkten eingesetzt werden:
- Analyse potenzieller Zielmärkte für Produktentwicklungen, um zu prüfen, ob ein jeweiliger Markt ausreichend Chancen bietet
- Bewertung von Produktideen oder Produktkonzepten als Screening zur Vorselektion potenzialstarker Innovationsideen
- Wirtschaftlichkeitsanalysen neuer Geschäftsmodelle beispielsweise im Rahmen von Finanzierungsrunden für Start-ups
- Planung von Markteinführung und Distributionsstrategie: z. B. Identifikation potenzialstarker Kernregionen, Budgetplanung
Marktvolumen und Marktpotenzial, Absatzvolumen und Absatzpotenzial
Marktpotenzial bezeichnet die maximale Aufnahmefähigkeit eines bestimmten Markts für ein bestimmtes Produkt bzw. eine Dienstleistung. D. h. es gibt an, welche Menge (Absatzmenge oder Umsatzvolumen) theoretisch bestenfalls erreichbar ist. Es bildet damit die Obergrenze für das Marktvolumen, das die tatsächlich realisierte Menge (Absatz, Umsatz) in einem bestimmten Zeitraum bezeichnet.
Mit Marktpotenzial und Marktvolumen kann die Sättigung eines Marktes ermittelt werden. Je näher das Marktvolumen am theoretisch möglichen Marktpotenzial liegt, desto höher die Marktsättigung.
Das Marktpotenzial bezieht sich auf den Gesamtmarkt (aller Anbieter), das Absatzpotenzial auf ein konkretes Unternehmen. Es bezeichnet den Absatz (bzw. Umsatz), den ein Unternehmen mit dem jeweiligen Produkt oder der Dienstleistung theoretisch bestenfalls erreichen kann, d.h. den Anteil des Marktpotenzials, der auf das Unternehmen entfällt. Es bildet damit die Obergrenze für das Absatzvolumen als die vom Unternehmen in einem bestimmten Zeitraum tatsächlich realisierte Menge (Absatz, Umsatz).
Voraussetzungen für die Marktpotenzialanalyse
Bei Markt- und Absatzpotenzialen handelt es sich um theoretische Größen, die immer geschätzt werden müssen. Für die (Ein-)Schätzung bedarf es einer umfassenden Datenbasis, wobei die Faustregel gilt: Je mehr Daten und Informationen, umso besser die (Ein-)Schätzung.
Relevante Daten sind beispielsweise die Folgenden:
- Zielgruppe: Größe, Kaufkaufraft, Kaufbereitschaft für das neue Produkt
- Produkt: Einsatz- und Verwendungsmöglichkeiten, Kaufraten ähnlicher Produkte, mögliche Kannibalisierungs- oder Komplementäreffekte
- Markt: Mögliche Trends und Entwicklungen in Zielgruppen-Bedürfnissen oder bei Wettbewerbern
Daten und Informationsquellen sind dabei:
- Sekundärforschung bzw. Desk Research: z. B. Statistikdatenbanken, Marktdaten und Markt-Media-Analysen, eigene (regelmäßige) Marktforschungsstudien, Kundendaten
- Primärforschung: Befragungen der potenziellen Kundschaft, Erhebung der Kaufbereitschaft für das neue Produkt oder die neue Dienstleistung
- Einschätzungen und Schätzungen von Experten: z. B. Produktmanagement, Vertrieb, externe Fachleute
Ablauf einer Marktpotenzialanalyse
Zunächst muss der zu betrachtende Markt definiert werden mit Zielgruppe, Produktbereich und relevantem Wettbewerb. Damit einhergehend ist zu klären, welche Kennwerte in die Potenzialbestimmung eingehen sollen. Im einfachsten und häufigsten Fall sind das 1. die Anzahl der Personen, die das Produkt potenziell kaufen, sowie 2. die durchschnittliche Kaufrate pro Person innerhalb eines bestimmten Zeitraums.
Bei langlebigen Produkten ist die Kaufrate vernachlässigbar, da sie auch für lange Zeiträume bei 1 liegt (z. B. Heizungsanlage, Berufsunfähigkeitsversicherung, Auto). Im Konsumgüterbereich kann bereits die wöchentliche Kaufrate deutlich höher liegen. Entsprechend ist die Kaufrate über den Produktbereich und entsprechende Sekundärdaten (ggf. ergänzt durch Primärdaten) zu bestimmen.
Um von der Zielgruppengröße zur Größe der potenziellen Kundschaft zu kommen, kann die Zielgruppe über Sekundärdaten weiter zugeschnitten bzw. segmentiert und / oder befragt werden. Im Fall einer empirischen Erhebung von Kauf- bzw. Nutzungsbereitschaft ist zu berücksichtigen, dass Absichtsbekundungen nicht automatisch zum Kauf führen. Die ermittelten Kaufbereitschaften sind somit zu relativieren, z. B. an Erfahrungswerten (aus vergleichbaren Studien) oder an den tatsächlichen Absätzen ähnlicher Produkte, deren Kaufbereitschaft mit erhoben wird.
Aus den geschätzten Kennwerten wird das Potenzial über Multiplikation bestimmt:
Potenzial = Geschätzte Anzahl Kaufende * geschätzte durchschnittliche Kaufrate in bestimmtem Zeitraum

Abbildung: Potenzialanalyse (vereinfacht dargestellt mit Kaufrate = 1)
Vorteile der Marktpotenzialanalyse
Vorteile und Stärken von Potenzialanalysen sind vor allem die folgenden.
- Datenbasis für unternehmerische Entscheidungen
- Relativ einfache Durchführung (sofern die notwendigen Daten vorliegen)
- Flexible Anpassungsmöglichkeit an den jeweiligen Markt (Berechnungsmodell und eingehende Variablen)
- Möglichkeit zum Einbezug empirischer Daten aus Befragungen der potenziellen Kundschaft
Nachteile der Marktpotenzialanalyse
Erschwerend und beschränkend wirken vor allem folgende Faktoren.
- Erfordert umfangreiche Datenbeschaffung, die je nach Markt schwierig sein kann
- Schätzungen haben immer einen Unsicherheitsfaktor
- Die Potenzialschätzung bezieht sich auf aktuelle (und zurückliegende) Marktgegebenheiten und hat nur bedingte Prognosekraft, da sich Märkte schnell ändern können
- Für neue Märkte und hochinnovative Produkte gibt es wenig Sekundärdaten
Deshalb müssen die aus Marktpotenzialschätzungen resultierenden Werte immer mit Vorsicht interpretiert und durch weitere Informationen flankiert werden.