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Markenfamilie
[engl.: house of brands]
Bei der Markenfamilie (auch Produktgruppenmarke, Range-Marke, Familienmarke) handelt es sich um einen Teil einer Markenstrategie, bei der mehrere Marken bzw. Produkte und Dienstleistungen unter der gleichen Marke angeboten werden. Sie stellt dabei eine Weiterentwicklung der Einzelmarke dar und ist der Dachmarke untergeordnet [1,2].
Merkmale
Bei der Markenfamilie haben die unterschiedlichen Marken einen Familiennamen, der durch Zusätze und Abwandlungen angepasst werden kann, aber immer einen einheitlichen Kern besitzt. Dadurch können alle Marken der Familie durch die Kunden sofort identifiziert und miteinander assoziiert werden.
Ein Beispiel für eine Markenfamilie ist „Nivea“ vom Konzern „Beiersdorf“, unter der u.a. die Marken „Nivea Creme“, „Nivea Men“, „Nivea Sun“ und „Nivea Soft“ vertrieben werden [3].
Die Markenfamilie hat zudem eine gemeinsame Markenidentität, die sich durch eine gemeinsame Kernbotschaft und Philosophie ausdrückt [4]. Auch die Nutzungsversprechen sollten gleich sein und an ähnliche Kundenwünsche anknüpfen [5]. Angestrebt wird eine einheitliche Kommunikation betreffend dieser charakteristischen Eigenschaften, wodurch alle Überlegungen bezüglich des Brandings zwischen Mitgliedern der Markenfamilie miteinander abgestimmt werden müssen [6,7].
Markenfamilie innerhalb der Markenarchitektur
Da in den meisten Unternehmen verschiedene Marken vorhanden sind, müssen diese untereinander positioniert werden, was als Markenarchitektur bezeichnet wird. Eine horizontale Beschreibung der Markenarchitektur zeichnet sich dadurch aus, dass man überprüft, welche Markenart (also Einzelmarke, Markenfamilie oder Dachmarke) vorhanden ist [8].Die Einzelmarke ist dabei die Basismarke, während die Familienmarke mehrere verwandte Marken und Produkte umfasst und die Dachmarke alle Marken unter sich vereint [9].

Oft kann die Entscheidung für die Nutzung einer Markenart vom Unternehmen nicht einmal genau begründet werden, da die Strukturen organisch mit der Zeit gewachsen sind und danach selten auf den Prüfstand gestellt werden [11].
In vielen Firmen ist weiterhin eine Kombination aus den drei Markenarten üblich. Die Beziehung dieser Marken beschreibt dann die vertikale Markenarchitektur. So hat das Unternehmen „Volkswagen“ beispielsweise die Dachmarke „Volkswagen“, die durch das einheitliche VW-Logo gekennzeichnet wird. Parallel dazu erfolgt die Führung von Markenfamilien wie der Marke „VW Golf“, welche durch den Familiennamen „Golf“ identifiziert werden kann. Innerhalb der „Golf“-Familie werden dann u.a. die Einzelmarken „Golf GTI“, „Golf TDI“ oder „Golf GTD“ vertrieben [12].
Voraussetzungen
In der Regel wird eine Markenfamilie erst etabliert, wenn bereits eine erfolgreiche Einzelmarke vorhanden ist. Das Ziel ist dann die Erweiterung dieser Marke durch eine Positionierung der neuen Produkte um die Originalmarke herum [13].
Damit dieses Vorhaben jedoch erfolgreich ist, müssen einige Voraussetzungen gegeben sein. Zunächst sollte die Kernmarke ein gutes Image haben, da ein negatives Image sich auf die neuen Markenfamilienmitglieder übertragen würde [14].
Zudem sollten die neuen Produkte nicht zu stark von der gewohnten Qualität der Originalmarke abweichen, da sonst ein Imageverlust für die gesamte Markenfamilie die Folge sein kann [15].
Weiterhin ist es sinnvoll, darauf zu achten, dass die Produkte zusammenpassen, wobei es keine einheitliche Regel dafür gibt, was „zusammenpasst“. Meist handelt es sich bei einer Markenfamilie jedoch um Produkte aus einer Produktgruppe bzw. -linie, wie beispielsweise bei „Nivea“ Körperpflege. Es gibt auch Ausnahmen, also Markenfamilien mit fast keinen Gemeinsamkeiten zwischen den Produkten (wie z.B. die Markenfamilie „Porsche“ unter der einerseits Autos, mit „Porsche Design“ aber auch Kleidung verkauft wird). Grundsätzlich lässt sich sagen, dass eine große Ähnlichkeit sinnvoller ist, da ansonsten eventuell kein notwendiger gemeinsamer Markenkern gefunden werden kann [16,17].
Zuletzt ist es wichtig, dass der Konsument dem Unternehmen zutraut, die nötigen Kompetenzen für die Herstellung aller Produkte zu besitzen, was bei einer großen Produktähnlichkeit wahrscheinlicher ist [18].
Vorteile
Durch die Verwendung einer Markenfamilienstrategie ergeben sich einige Vorteile.
Innerhalb der einzelnen Produkte der Markenfamilie findet eine Übertragung der Markenwahrnehmung statt, was zu Synergieeffekten führt. Wenn also beispielsweise ein neues Produkt auf den Markt kommt, dann profitiert es von Goodwill, Akzeptanz und Bekanntheit der Markenfamilie [19,20].Dadurch gibt es ein geringeres Risiko für das Unternehmen, dass das Produkt floppen könnte und eine schnellere Wiedereinnahme der entstandenen Kosten [21]. Umgekehrt wiederum stärkt auch jedes neue, gute Produkt das Image der gesamten Markenfamilie [22].
Weiterhin wird die Markenfamilie gemeinsam vermarktet, wodurch die Kernbotschaft innerhalb der Familienmarke wiederholt kommuniziert wird, was zu besseren Recall-Werten führt [23].
Zudem werden Unternehmenskosten bei der Kommunikation eingespart und insgesamt tragen mehr Produkte den entstehenden Markenaufwand [24, 25].
Eine Markenfamilienstrategie führt weiterhin dazu, dass eine bessere Kundenbindung erreicht werden kann, weil der Kunde unterschiedliche Bedürfnisse mit Produkten der gleichen Marke erfüllen kann [26]. Damit einher geht, dass neue Teilmärkte und Zielgruppen besser ausgeschöpft werden können [27].
Nachteile
Nachdem bei den Vorteilen schon festgestellt wurde, dass ein Imagetransfer zwischen den Produkten positive Auswirkungen haben kann, so ist auch der gegenteilige Effekt zu beachten. Sollte nämlich der Ruf einer Marke innerhalb der Familie Schaden nehmen oder eine Marke anderweitig negativ auffallen, so überträgt sich das auf die ganze Familienmarke [28].
Weiterhin begrenzt die gemeinsame Philosophie innerhalb der Markenfamilie die Innovations- und Wachstumsmöglichkeiten der einzelnen Produkte. Auch Restrukturierungen sind in einer Markenfamilie problematisch, da immer auf die Basis Rücksicht genommen werden muss [29].
Zudem besteht ein erhöhter Koordinations- und Abstimmungsaufwand zwischen den Marken, welcher sowohl finanziell, personell als auch zeitlich bedacht werden muss [30].
Wenn weitere Produkte in die Markenfamilie eingeführt werden, besteht außerdem die Gefahr der Markenüberdehnung. Sollten die Neuprodukte also nicht zur Familie passen bzw. keine ausreichenden Ähnlichkeiten zum Markenkern aufweisen, so ist dadurch das Risiko für eine Verwässerung der ursprünglichen Marke gegeben [31]
Zuletzt besteht die Möglichkeit, dass der Handel nur ausgewählte Leistungen der Markenfamilie akzeptiert und somit das System nicht als Ganzes aufgenommen wird [32]
Literaturverzeichnis
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- Lüer, J.: Gestaltung und Aufbau von Markenarchitekturen, 2008, S. 14
- Pfaff, D.: Praxishandbuch Marketing: Grundlagen und Instrumente, 2020, S. 211
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- Baetzgen, A.: Brand Design: Strategien für die digitale Welt, 2017, S. 199
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- Baumgarth, C.: Markenpolitik: Markentheorien, Markenwirkungen, Markenführung, Markencontrolling, Markenkontexte, 2014, S. 232