Mit UX-Metriken und UX-KPIs näher am User dran

picture-alliance/ dpa | epa Andy Rain

User Experience messen für eine erfolgreiche UX-Strategie

Immer mehr Unternehmen erkennen die Wichtigkeit von User Experience (UX). Entsprechend fangen sie an, Maßnahmen zu ergreifen, um UX-Strategien für ihre Produkte zu entwickeln und auch in ihren Unternehmen zu implementieren. Und hier kommen natürlich Usability-Tests zum Einsatz. Vor allem geht es aber um UX-Metriken und UX-KPIs. Einige von ihnen werden in diesem Artikel vorgestellt.

1. UX in Zahlen darstellen

Für das Erreichen und das Messen einer (guten) UX steht nicht allein der Usability-Test im Zentrum der UX-Professionals. Wichtig sind vor allem UX-Metriken und UX-KPIs, die oft gemeinsam in einen Topf geschmissen werden, was jedoch nur bedingt die Realität widerspiegelt. Bei der Verwendung von UX-Metriken geht es darum, die User Experience zu messen und dies in Zahlen darzustellen. Diese Werte sind entweder auf ein Produkt, Software oder eine Dienstleistung bezogen, die mit Hilfe von Usability-Tests ermittelt werden. Also dem Test der Nutzerfreundlichkeit eines Produkts oder Dienstleistung für einen Kunden. Im Folgenden werden einige UX-Metriken und UX-KPIs aufgeführt.

2. Relation zum wirtschaftlichen Erfolg

Während sich UX-Metriken auf das Produkt konzentrieren, messen UX-KPIs die UX im Unternehmen, der Organisation oder Institution. Im besten Fall stehen sie dabei in Relation zum Erfolg des Unternehmens. Dieser Erfolg kann wirtschaftlich sein, sei es monetär oder durch die Steigerung der Bekanntheit eines mit dem Produkt des Unternehmens verbundenen Brands.

Der Erfolg kann sich aber auch durch das Wachstum anderer KPIs des Unternehmens manifestieren. UX-KPIs sind also Leistungskennzahlen, um den Erfolg der eingesetzten UX-Maßnahmen innerhalb eines Unternehmens zu messen und dessen Einfluss auf den Erfolg des Unternehmens.

3. Zwei Arten von UX-Metriken - verhaltens- und einstellungsbezogen

Bei den UX-Metriken unterscheidet die Marktforschung häufig zwischen verhaltensbezogenen und einstellungsbezogenen Metriken.

Eine verhaltensbezogene Metrik analysiert die Interaktion des Users mit einem Produkt und was der Nutzer tatsächlich macht. Diese Daten lassen sich meistens automatisch erheben und benötigen nicht viel Hilfe von außen, da zum Beispiel keine Interviews nötig sind.

Das sieht bei einstellungsbezogenen Metriken anders aus. Denn sie dienen zum Beispiel der Messung der Gefühlssituation der User. Dabei geht es um verbale Äußerungen der User nach, während und vor der Nutzung eines Produkts. Einstellungsbezogene Metriken werden mit Hilfe von Usability-Tests und/oder Umfragen ermittelt.

4. Verhaltensbezogene Metriken

Es gibt viele verhaltensbezogene Metriken. So misst zum Beispiel die Task Success Rate (TSR) den Anteil der User, welche eine Aufgabe im Rahmen eines Usability-Tests erfolgreich beenden. Eine Voraussetzung dafür ist natürlich, dass die Aufgabe ein fest definiertes Ende hat.

Dann ist da die Time on Task Metrik, kurz ToT. Hierbei geht um die Zeit, welche User im Durchschnitt benötigen, um eine vorgegebene Aufgabe mit Erfolg zu Ende zu bringen. Meist ist die durchschnittliche Zeit aller Teilnehmer auch gleichzeitig die finale UX-Metrik. Dabei gilt: Die Nutzererfahrung wird besser, je weniger Zeit die User zum Abschließen ihrer Aufgabe benötigen.

Ein weiteres Beispiel für eine verhaltensbezogene Metrik ist die User Error Rate (EOR). Diese informiert UX-Professionals darüber, wie oft ein User eine falsche Eingabe tätigt, wichtige Aktionen übersieht oder Aktionen unbeabsichtigt ausführt. Die EOR verhält sich zur Task Success Rate genau gegenteilig. Hier ist eine geringe Zahl wünschenswert. Im Vorfeld muss klar definiert werden, welche Aktionen einen Fehler darstellen. Diese Metrik gibt Informationen darüber, wie benutzerfreundlich eine Oberfläche ist, oder eben nicht. Gleichzeitig ist zu erkennen, wo die Verständnisprobleme liegen.

Die Metrik Navigation vs. Search (NvS) stellt den Anteil der User einer Website, die für eine Aufgabe die Website-Navigation genutzt haben, in Relation zu dem Anteil der User, die für die gleiche festgelegte Aufgabe die Suchfunktion verwendet haben. Um so mehr User die Navigation verwendet haben, umso besser ist die Benutzerfreundlichkeit. Dabei müssen die Betreiber der Website selbst definieren, welches Verhältnis hier als positiv zu bewerten ist.

5. Einstellungsbezogene Metriken

Einstellungsbezogene Metriken sind Post-Test Satisfaction Ratings und Post-Task Satisfaction Ratings. Hier drei Beispiele, die den Sinn dieser Metriken verdeutlichen:

  • Die System Usability Scale (SUS) ist ein Fragebogen, welcher die wahrgenommene Nutzerfreundlichkeit mittels zehn Aussagen ermittelt. Die SUS (Skala zur Systembenutzbarkeit) wurde 1986 von John Brooke entwickelt. Zu den Aussagen können die Befragten jeweils fünf Einschätzungen treffen („stimme überhaupt nicht zu“ = 1 Punkt bis „stimme voll und ganz zu“ = 5 Punkte). Das Resultat ist der SUS-Score. Dieser liegt zwischen 0 und 100. Er sollte mindestens 68 im Schnitt betragen. Alles, was über diesem Schnitt liegt, wird von UX-Professionals als positiv gewertet.
  • Der User Experience Questionnaire (UEQ) ermittelt das subjektive Nutzererlebnis mit Hilfe von 26 gegensätzlichen Adjektivpaaren. Der UEQ (Fragebogen zur Benutzererfahrung) wurde 2006 von den SAP-Mitarbeitern Laugwitz, Held und Schrepp entwickelt. Diese wird auf einer Skala von eins bis sieben nach ihrer Charakteristik bewertet, wobei jeder Bewertung eine Zahl zwischen -3 und +3 zugeordnet wird. Aus den Aussagen wird der Mittelwert ermittelt. Dieser kann wie folgt bewertet werden: kleiner als -0,8 = negativ; -0,8 bis +0,8 = neutral und größer 0,8 = positiv.
  • Der After Scenario Questionnaire (ASQ), entwickelt 1995 von J.R. Lewis, ist beispielhaft eine der Zufriedenheitsbewertungen nach einer Aufgabe. Der ASQ  (Nach-Szenario-Fragebogen) erfasst die Zufriedenheit in der Usability bei einer Aufgabenbewältigung. Dabei ermitteln die UX-Professionals mit Hilfe des ASQ direkt nach dem Erledigen einer Aufgabe die Usability. Der ASQ besteht aus drei Fragen und liefert als Ergebnis einen einfach zu interpretierenden Wert zwischen – zum Beispiel – „stimme voll und ganz zu“ und „stimme überhaupt nicht zu“.

6. UX-KPIs mit Bezug zum Marketing

Die Hauptaufgabe der UX KPIs besteht darin, den UX-Reifegrad eines Unternehmens zu bestimmen. Sie dienen als Key Performance Indicators, welche die Steuerung der UX im Unternehmen fördern. Dabei sind die marketingzentrierten UX-KPIs die bekanntesten. Sie evaluieren die Wirkung von verkaufsfördernden Maßnahmen oder wie die Weiterempfehlungsrate ist, um nur zwei Beispiele zu nennen.

  • Die Conversion Rate ermittelt den prozentualen Anteil der Besuchenden einer Website, die ein Produkt, das sie sich auf der Seite angesehen haben, auch kaufen. Dabei wird eine Conversion Rate größer zehn Prozent als gut erachtet. Um eine bessere Conversion Rate zu erreichen, kann ein Unternehmen Maßnahmen ergreifen, wie zum Beispiel die Verbesserung der Usability.
  • Der Net Promoter Score (NPS) misst auf einer Skala von 0 bis 10 die Wahrscheinlichkeit, dass Kunden ein Produkt oder eine Dienstleistung weiterempfehlen werden. Hier gibt es die Detraktoren, deren Antworten zwischen 0 und 6 liegen. Ihr Anteil ist meistens am größten, dennoch sollte das Ziel sein, so wenig wie mögliche Detraktoren zu haben. Als indifferent gilt ein User, wenn dessen Wert zwischen 7 und 8 liegt. Indifferente können vernachlässigt werden. Als Promotoren gelten nur User, die einen Wert von 9 oder 10 angeben. Der NPS liegt immer zwischen -100 und +100. Ein Wert von 0 – 50 gilt im Allgemeinen als gut, von 51 – 75 als sehr gut und über 75 als außergewöhnlich. Der Wert der meisten Unternehmen liegt im Schnitt zwischen 20 und 40.

7. UX-KPIs mit Bezug auf die wirtschaftliche Situation

Von wirtschaftszentrierten UX-KPIs spricht man, wenn in einem Unternehmen durch UX-Optimierungen Zeit und Geld gespart werden können. So kann beispielsweise der Return on Investment (ROI), der als Gewichtung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses dient, auf UX-Maßnahmen zurückgeführt werden. Wenn ein neues Produkt oder eine neue Dienstleistung in den Markt eingeführt wird, soll dadurch beim Kunden ein spürbarer Nutzen entstehen. Gelingt es einem Unternehmen, diesen Kundennutzen aufgrund des tatsächlichen Marktbedarfs zu messen, kann es die Relevanz und das Umsetzungspotential bestimmen. Damit verfügt das Unternehmen über eine Entscheidungshilfe für wirtschaftliche Entscheidungen.

Durch das ständige Nutzen von UX-Metriken und UX-KPIs können Unternehmen Schwachstellen und Probleme früh erkennen und beheben. Es entsteht eine belastbare und argumentative Grundlage für den Erfolg der getätigten UX-Aktivitäten. Sie hilft, wichtige und valide Entscheidungen zu treffen und ermöglicht es, das UX-Engagement auf eine neue Stufe zu heben.

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