Christian Schuldt, The Future:Project „Zukunftsforschung ist eine universalistische Disziplin“

(Bild: The Future:Project)
Vor Kurzem, im Oktober 2023, wurde das Netzwerk „The Future:Project“ mit Unternehmenssitz in Frankfurt am Main gegründet. Welche Motivation steht hinter The Future:Project?
Christian Schuldt: Unser Ziel ist die Erschließung von transformativen Potenzialen in Richtung einer lebenswerten Zukunft. Wir helfen Unternehmen, die komplexen Umbrüche im Übergang zur nächsten Gesellschaft zu verstehen und einzuordnen, den eigenen gesellschaftlichen Beitrag zu reflektieren – und aus diesen Erkenntnissen konstruktive Zukunftsbilder zu entwickeln, zu denen sie selbst beitragen können. Dafür bieten wir ein umfassendes Angebot an Publikationen und Studien, Speaker:innen, Dialog- und Beratungsangeboten. Ganz neu erschienen: „The Future:System“ und „Zehn Zukunftsweisheiten für den Umgang mit dem Morgen“. Ende November erscheint „Beyond, das Jahrbuch für Zukunft 2024.“
Das Thema unseres Themenschwerpunkts heißt „Insights Driven Future“. Wie sammelt Euer Netzwerk systematisch „Insights“, und welche Bedeutung haben Daten dabei?
Christian Schuldt: Zukunftsforschung ist eine universalistische Disziplin, die verschiedene Wissenschaften miteinander verbindet. Die wertvollsten Insights stammen dabei aus einer komplexen Form von Weltbeobachtung: Wir scannen die Welt im Hinblick auf transformative Signale und bauen daraus Modelle, Hypothesen und konstruktive Zukunftsbilder. Datenerhebungen sind wichtig, dienen aber eher der Untermauerung für die menschliche Kognition und Expertise. Um diese Insights zu operationalisieren, ist es zentral, die beteiligten Köpfe effektiv zu vernetzen.
Derzeit besteht „Future:Project“ aus 15 Experten aus verschiedenen Forschungs-und Fachbereichen. Welche Aufgaben haben diese und welche Ziele verfolgen sie?
Christian Schuldt: Das Herzstück des Unternehmens bildet die Redaktion: Hier arbeiten sechs Personen an Publikationen und Formaten, in denen wir die großen Transformationen der Gesellschaft untersuchen. Eine doppelte Geschäftsleitung verantwortet die Bereiche Research, Speaker und Think-Tanks. Wichtige Rollen spielen auch der Vorstand, der das Future:Project in strategisch relevanten Fragen berät, sowie die „Zukunftsforscher-Familie“ Horx: Matthias Horx, Tristan Horx und Oona Horx Strathern unterstützen das Future:Project als Senior Advisors und Botschafter.
„Beyond Trends“ – Ist das Motto nicht trivial, da es in der Zukunftsforschung ja selten nur um die Fortschreibung von Trends geht?
Christian Schuldt: Ganz im Gegenteil: Das Motto drückt sehr präzise eine neue, progressive Form von Zukunftsforschung aus, die sich gerade nicht mit einer schlichten Fortschreibung von Trends begnügt. „Beyond Trends“ bedeutet: Wir schauen nicht nur auf die Trends, sondern hinter und über sie hinaus. Die fundamentalen Verschiebungen des 21. Jahrhunderts lassen sich allein mit herkömmlichen Trendmechaniken, etwa dem Megatrend-Ansatz, nicht mehr erfassen. Je mehr Trends an Relevanz verlieren, umso wichtiger wird das Verständnis der großen gesellschaftlichen Problemstellungen und Bedürfnislagen. In unserer transformativen Trendsystematik „Future:System“ richten wir den Blick daher verstärkt auf die qualitativen Dimensionen des Wandels: Zentral sind nicht mehr die Megatrends, sondern die großen Transformationen, in denen Zukunft heute konkret verhandelt wird. Sie sind die Katalysatoren des gesellschaftlichen Wandels.
Zu welchen interessanten Ergebnissen sind Sie bereits gekommen? Können Sie uns da etwas verraten? Welche Transformationen kündigen sich bereits an?
Christian Schuldt: Wir haben sechs große Transformationen definiert – grundlegende gesellschaftliche Entwicklungen in Richtung einer lebenswerten Zukunft, die sich heute schon entfalten:
- Human Digitality: Aus dem Vernetzungsrausch wird kultivierte Digitalität.
- Conscious Economy: Aus der Leistungsgesellschaft wird die Sinnökonomie.
- Co-Society: Aus der Polarisierung werden neue Brückenschläge.
- Glocalisation: Aus globaler Vereinheitlichung wird glokale Vielfalt.
- Mindshift Revolution: Aus sozialer Ungleichheit werden ermächtigte Identitäten.
- Eco Transition: Aus grünem Verzicht wird systemische Nachhaltigkeit.
Diese großen Transformationsprozesse bilden hybride Dynamiken, in denen schon heute die Vorzeichen der nächsten Gesellschaft erkennbar werden. So beschreibt Human Digitality einen kollektiven Prozess der Kultivierung, der Individuen und Organisationen ermächtigt, die transformativen Potenziale digitaler Systeme zu erschließen. Jede Transformation beinhaltet wiederum eine Vielzahl von Subtrends, die Unternehmen ganz konkrete Anknüpfungspunkte bieten, um selbst aktiver Teil dieser Prozesse zu werden. Mit unserem Ansatz wollen wir Unternehmen also helfen, die nächste Gesellschaft nicht nur reaktiv zu „erdulden“, sondern selbstbewusst mitzugestalten.
Wie finanziert sich das Netzwerk?
Christian Schuldt: Die Future:Project AG finanziert sich durch Publikationen und Studien, durch Vorträge unserer Speaker:innen sowie durch unsere verschiedenen Begleitungsangebote, etwa Transformation Think-Tanks, in denen wir mit Unternehmen an ihren Zukunftsbildern und Visionen sowie ihrem Selbstverständnis arbeiten – und herausarbeiten, wie sie die für sie relevanten Zukunftsdynamiken für ihr Handeln in der Gegenwart nutzen können.
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