Studie "Brands Ahead" Zukunftsfähigkeit von Marken: Kerntreiber müssen neu bewertet werden

Düsseldorf / Bielefeld – "Alles bleibt anders" – diese These war so etwas wie der rote Faden in der gestrigen Pressekonferenz zur Studie "BRANDS AHEAD – die Zukunftsfähigkeit der Marke". Die von GREY Germany und TNS Infratest mit Unterstützung des Deutschen Marketing Verbandes sowie des Markenverbandes durchgeführte Analyse befasst sich mit Kriterien und Treibern, mit denen sich die Zukunftsfähigkeit von Marken beschreiben lässt. Hierfür wurden rund 160 Markenmanager und Marketingentscheider in einer zweistufigen Erhebung zunächst qualitativ und anschließend quantitativ befragt.

Studie "Brands Ahead" - Pressekonferenz (Foto: marktforschung.de)
"Brands Ahead": Alessandro Panella (GREY Germany) und Hartmut Scheffler (TNS Infratest) stellen die Ergebnisse der Studie zur Zukunftsfähigkeit von Marken vor (Foto: marktforschung.de)

Was also bleibt, was wird anders? An der Spitze der von den Befragten genannten Treiber stehen bekannte und scheinbar etablierte Werte wie "Vertrauen", "Kundenorientierung" und "Leistungsverprechen". Tatsächlich jedoch ergaben die Gespräche mit den Marken- und Marketingverantwortlichen, dass diese Kerntreiber heute grundlegend anders interpretiert und bewertet werden müssen. "Die tatsächliche Bedeutung der Treiber hat sich mit dem Markt und dem Hinzukommen neuer Markenführungsinstrumente weiterentwickelt", kommentierte dies Alessandro Panella, Chief Strategy Officer GREY Germany.

Der Studie zufolge berücksichtigen zukunftsfähige Marken bei der Markenführung drei Ebenen:

  • Auf der Ebene des "Brand Contest" gewinnt eine Marke Wettbewerbsstärke durch den Blick von innen nach außen. Sie kümmert sich um etablierte Treiber wie Leistung, Relevanz oder Differenzierung und ist gleichzeitig bereit, das Verständnis dieser Performance-Faktoren immer wieder zu hinterfragen.
  • Um die Zielgruppe zum Engagement mit der Marke zu motivieren, müssen Marken auf der Ebene des "Brand Content" ihren eigenen Standpunkt finden. Welcher Brand Content – welche kommunizierten Inhalte und Werte – werden auch in Zukunft die Zielgruppeninteressen treffen und für Gesprächsbereitschaft und –anlässe sorgen?
  • Relevante Inhalte werden zunehmend durch das Umfeld der Zielgruppe bestimmt. Auf der Ebene des "Brand Context" gewinnt die Marke an Bedeutung, wenn sie sich nahtlos in den Lebensalltag der Kunden integriert.

"Alles bleibt anders: dies umschreibt am besten die zukünftige Herausforderung. Markenleitbilder, Haltung, Leistungsversprechen bleiben natürlich weiterhin wichtig, aber immer flexibler und agiler. Markenführung wird situativer werden, an Kontexten orientiert und mit mehr Dialogtiefe zum Verbraucher arbeiten müssen. Alles anders, anspruchsvoller, schneller – in immer neuen Umgebungen, neuen Bedarfs- und Lebenssituationen, in denen sich Marke bewähren muss", so TNS Infratest-Geschäftsführer Hartmut Scheffler.

Sechs Kerntreiber für die Zukunftsfähigkeit der Marke

Ein weiteres zentrales Ergebnis der Studie ist, dass es zur Zukunftsfähigkeit von Marken keine pauschalen Antworten gibt. Diese würden nicht die individuelle Markenrealität mit der Anzahl möglicher Einflussfaktoren widerspiegeln, die in den unterschiedlichen Branchen-Mixes als wichtig eingestuft werden. Aus den verdichteten Kriterien lassen sich der Analyse zufolge sechs Kerntreiber ableiten:

Marke im Wandel. Etablierte Treiber bleiben, müssen aber neu interpretiert werden.
Als "immer wichtig" werden bekannte Aspekte, wie Vertrauen, Kundenorientierung, Leistungsversprechen und Haltung/Leitbild eingestuft. Relevantes Indiz für Marke im Wandel ist der Alterssplit: während das Segment 50+ eher klassischen Faktoren eine hohe Zustimmung gibt, gewichten die jüngeren Marketer die Dialogfähigkeit höher.

Konzentration vs. Komplexität. Herausforderung: Der Spagat zwischen dem klar definierten Markenkern und den multiplen Instrumenten der Markenführung.
Prototypisch für den Spagat zwischen Komplexität und Konzentration ist der hohe Zustimmungswert dafür, dass Marken nicht demokratisch geführt werden müssen, als auch dafür, dass Marken partizipatorisch zu denken sind. Hier braucht es das richtige Gespür für die Balance: Einbeziehen der Stakeholder ja, aber danach klare Entscheidungen Top-down.

Relevanz entsteht durch Kontext. Persönliche Bedeutung entsteht durch flexibles Handeln im Lebensumfeld.
Relevanz erhält im Gegensatz zur statischen Marken-Positionierung eine deutlich dynamischere Facette. Sie muss den Wandel situativer Stimmungen reflektieren. Die Fähigkeit zu reagieren statt zu agieren gewinnt an Bedeutung.

Dialogtiefe schlägt Dialogbreite. Dialog-Qualität ist wichtiger als die Vielfalt der Dialog-Plattformen.
Gerade vor dem Hintergrund der Digitalisierung der Kommunikation ergibt sich ein nahezu homogenes Bild: die reine Dialogmöglichkeit erlaubt noch keine Differenzierung. Aber die Investition in guten Dialog kann Relevanz und Präferenz treiben.

Mehr Empathie statt nur Technologie. Der Maßstab für Innovationskultur ist der Mensch mit seinen Bedürfnissen.
Innovationsfähigkeit wird stärker für die eigene Marke eingestuft als für Marken insgesamt – ein interessanter Selbstbild-Fremdbild-Kontrast. Entscheidend ist die hohe Zustimmung dafür, dass sich Innovation erst in den Augen der Verbraucher "entscheidet".

Haltung vs. Funktion. Werteversprechen ergänzt Leistungsversprechen. Marken müssen für den Wettbewerb auf beiden Ebenen gerüstet sein.
In dem Wissen darum, dass Werte nicht pauschal eine Marke zukunftssicher machen, wird eine klare und gelebte Wertehaltung von Marke von nahezu allen Befragten bejaht, so wie das hinter jedem Trend hinterherhecheln als zukunftsgefährdend gesehen wird. Es gibt ein klares "Ja" zur Klarheit und ein ebenso klares "Nein" zu Aktionismus und Aufgreifen jedes Hypes und jeder Mode.

"Marken haben die Kraft, Werte zu reflektieren und Wertegemeinschaften zu bilden. Ohne die entsprechende Leistungsunterstützung durch Marke gelingt weder die Bildung reiner Wertegemeinschaften noch der Versuch, reine Wertbündel zu vermarkten. Dabei darf Marke nicht in die Beliebigkeit von Schemata abgleiten. Innovation und Kommunikation als reiner Selbstzweck und das Aufgreifen jedes Hypes sind Auslaufmodelle. Klarheit bei der Markenführung, das Eingehen auf das Lebensumfeld der Markenfans und die Investition in gut geführten Dialog sind Zukunftstreiber für die Schaffung von Relevanz und Präferenz", kommentiert Christian Köhler, Hauptgeschäftsführer Markenverband e. V., die Ergebnisse.

Den klaren Führungsauftrag sieht auch Prof. Dr. Ralf E. Strauß, Präsident des Deutschen Marketing Verbands, auf Seiten der Markenmacher: "Damit jedoch auch die Marketing-Organisation selbst zukunftsfähig werden kann, muss sie sich einem Change-Prozess unterziehen. Es geht darum, die traditionelle funktionale Silo-Aufstellung aufzuweichen und übergreifend Erfahrung und Expertise in den Vordergrund zu holen. Wir brauchen Change-Manager, die einen klar definierten Markenkern "übersetzen" und die Markenwerte sowohl nach innen kommunizieren als auch nach außen über Kunden-Interaktions-Punkte hinweg. Dialogfähigkeit einer Marke setzt eine dauerhafte "Beta"-Haltung voraus. Das geht nicht mit Demokratie, sondern mit klaren Entscheidungen Top-down."

Zur Studie:
In einem zweiphasigen Untersuchungsansatz wurden CEOs und Unternehmensführer, Marketingleiter und -vorstände zunächst in qualitativen Interviews und Roundtable-Gesprächen zum Thema befragt. Die gewonnenen Erkenntnisse wurden dann zu über 70 Thesen und Fragen zu 18 Kriterien der Zukunftsfähigkeit für die zweite, quantitative Phase, verdichtet. Um Veränderungen bei den Herausforderungen für die Marken abbilden zu können, ist die Studie mittelfristig angelegt, teilten die Herausgeber mit. Die Markenführenden sollen in regelmäßigen Abständen neu befragt werden.

cl

 

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