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Gehaltsstudie: Sonderauswertung Work-Life-Balance in der Marktforschung: Privat- und Berufsleben im Einklang?

von Matthias Richter, marktforschung.de
Jedes Jahr betrachten wir in der Gehaltsstudie ein wechselndes Sonderthema und berücksichtigen für die Auswahl die zahlreichen Rückmeldungen unserer Leserinnen und Leser. Besonders häufig wurden uns in den vergangenen Befragungswellen Vorschläge rund um die Themen "Work-Life-Balance" und "flexibles Arbeiten" geschickt, weshalb wir einige Fragen dazu in unsere Befragung mit aufgenommen haben.
Work-Life-Balance: Besonders wichtig für Nachwuchskräfte
Die Vereinbarkeit von Privatem und Beruflichem ist den Studienergebnissen nach in der Marktforschung von hoher Relevanz: 85 Prozent der befragten Marktforscherinnen und Marktforscher ist es wichtig, dass der eigene Arbeitgeber einer ausgewogene Work-Life-Balance unterstützt. Der Stellenwert ist dabei bei jungen Mitarbeitern ohne Führungsverantwortung besonders hoch, so die Analyse. Betriebliche Marktforscher scheinen eine Unterstützung als wichtiger zu empfinden als ihre Kollegen in den Instituten und bei Dienstleistern für die Branche. Das Angebot beziehungsweise die Unterstützung für eine ausgewogene Work-Life-Balance seitens des jeweiligen Arbeitgebers wird allerdings unterschiedlich bewertet: 45 Prozent der Befragten finden es gut, 41 Prozent mittelmäßig und 14 Prozent schlecht.


Flexible Arbeitsmodelle sind hoch im Kurs
Doch was wünschen sich die Marktforscher konkret vom Arbeitgeber, um die Situation zu verbessern? In einer offenen Frage erhielten wir viele Vorschläge: Etwa die Hälfte der Befragten, die Ideen für eine Verbesserung nennen (n=324), sprechen sich für flexible Arbeitsmodelle aus. Dabei ist es aus Sicht vieler wichtig, dass diese nicht nur angeboten, sondern auch aktiv gelebt werden. Gut ein Drittel wünscht sich mehr Förderung bei der Möglichkeit, im Home-Office arbeiten zu können. 27 Prozent sind damit unzufrieden, dass Überstunden gar nicht oder nicht gerecht ausgeglichen werden und 32 Prozent finden, dass durch gute Organisation oder effizienteres Arbeiten (Schaffen eines produktiven Umfeldes) gar nicht so viele Überstunden entstehen müssten. Auch die Themen Gesundheits- und Familienförderung werden von einzelnen Befragten als Wunsch genannt.
Vorteile vom Home-Office: Ruhe, Zeitersparnis, zeitliche und räumliche Flexibilität
Denkt man an typische Schritte im Marktforschungsprozess, so ergeben sich von konzeptionellen Dingen wie dem Erstellen von Studiendesigns bis hin zur Auswertung von Datensätzen viele Aufgaben im Alltag eines Marktforschers, für die eine ruhige und ungestörte Arbeitsatmosphäre sehr förderlich ist. Nicht immer sind in diesem Zusammenhang in den Büros des Arbeitsgebers die optimalen Arbeitsbedingungen gegeben. Der am häufigsten genannte Vorteil beim Arbeiten in den eigenen vier Wänden ist tatsächlich die Ruhe und damit verbundene Möglichkeit, sich besser konzentrieren zu können. Keine Meetings, weniger Ablenkung durch Anrufe und keine Kollegen, die spontan in der Tür stehen. Genau das schätzen 86 Prozent der Befragten (n gesamt=522) am Home-Office. 40 Prozent argumentieren mit dem Wegfall von Arbeitswegen: Keine Staus, die Parkplatzsuche entfällt und wer sonst mit den Öffentlichen fährt, muss keine Verspätungen oder Ausfälle des ÖPNV beispielsweise durch Streiks fürchten. Die zeitliche und räumliche Flexibilität sehen 36 Prozent als Vorteil beim Home-Office. So teilen sie sich ihre Arbeits- und Pausenzeiten nach ihren leistungsstärksten Tageszeiten ein. Private Termine können außerdem aus Sicht von 27 Prozent der Befragten besser wahrgenommen werden: Arztbesuche, Handwerkertermine oder Paketzustellungen kann man durch die zeitliche Flexibilität in der Regel besser einplanen und auch der Haushalt kann nebenbei erledigt werden. Mehr Zeit für Familie und Kinderbetreuung – insbesondere im Krankheitsfall – betrachten elf Prozent als Vorteil, zehn Prozent genießen die heimischen Gefilde, das Tragen von Freizeitkleidung und die Möglichkeit, auch mal von der Couch aus oder im Garten zu arbeiten. Bessere Arbeitsplatz-Ausstattung und die Nähe zu Küche und Herd, Einsparungen bei Benzin, ÖPNV-Tickets und Verpflegung und die Möglichkeit, während der Arbeit Musik zu hören, werden ebenfalls von manchen Marktforschern als Vorzüge des heimischen Büros genannt.
Nachteile von Home-Office: Erschwerte Teamarbeit, Isolation fehlende Infrastruktur
Am häufigsten werden als Nachteile beim Arbeiten im Home-Office die meist schlechtere Kommunikation und die langsameren Informationsflüsse genannt: Fast die Hälfte der Befragten (n gesamt=472) sieht Nachteile durch erschwerte Absprachen oder auch dadurch, dass Kollegen im Home-Office oft schwer zu erreichen sind. 43 Prozent geben an, dass die Isolation im Home-Office dazu führen kann, dass Mitarbeiter wichtige Aktivitäten verpassen, vom Geschehen abgeschnitten werden und das Gemeinschaftsgefühl verloren geht. Mehr als ein Viertel schätzen die Arbeitsbedingungen im Home-Office schlechter als im Büro des Arbeitgebers ein. Marktforscher scheinen beispielsweise nur ungern auf einen Zweitbildschirm zu verzichten. Ein Viertel der Befragten sieht Probleme in der Produktivität durch Ablenkungsquellen wie Familie und Fernseher oder durch mangelnde Selbstdisziplin. 13 Prozent haben Probleme damit, wenn die Grenzen zwischen Beruflichem und Privatem zunehmend verschwimmen und wünschen sich eine klare zeitliche und räumliche Trennung. Einzelne sind außerdem der Meinung, dass nicht jeder mit der gegebenen Freiheit durch Home-Office verantwortungsvoll umgeht. Dies kann auch zu Konflikten zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern aber auch innerhalb des Kollegenkreises führen, wenn ein Verdacht des Ausnutzens entsteht.
Wo arbeiten Marktforscher produktiver?
Zu guter Letzt wollten wir von unseren Teilnehmern wissen, wie sie die Produktivität im Home-Office im Vergleich zur Produktivität im Arbeitgeber-Büro einschätzen. Diejenigen, die zumindest gelegentlich im Home-Office arbeiten ("Nutzer"), sagen zu einem Anteil von 46 Prozent, dass sie zu Hause produktiver arbeiten, ein Drittel sieht keinen Unterschied und 22 Prozent schätzen, dass sie dort weniger produktiv arbeiten. Die Marktforscher, die bewusst darauf verzichten, im Home-Office zu arbeiten (obwohl die Möglichkeit besteht), schätzen die Produktivität im Home-Office schwächer ein. So ist es in dieser Gruppe gerade einmal ein Fünftel, das von mehr Produktivität ausgehen würde, 30 Prozent sehen keinen Unterschied und die Hälfte der "Nicht-Nutzer" ist der Meinung, dass sie in den privaten Räumlichkeiten unproduktiver arbeiten würde.

Lesen Sie diese und weitere Ergebnisse in unserer Gehaltsstudie 2018
Zur Studie: Seit 2010 führt marktforschung.de einmal im Jahr eine große Online-Befragung durch, die sich an Beschäftigte in der Marktforschungsbranche richtet. Zentral geht es um das Thema Gehalt, dabei werden die Verdienste nach personenbezogenen und arbeitgeberbezogenen Gehaltsfaktoren ausgewertet. Außerdem werden Daten zu Arbeitsbedingungen, Arbeitszufriedenheit und weiteren interessanten Soft Facts erhoben. Diesjähriges Sonderthema war "Work-Life-Balance / Flexibles Arbeiten". Der Zeitraum der vierwöchigen Erhebung war vom 30.07. bis 24.08.2018.
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