Interview mit Olaf Marx (Happy Thinking People) "Work hard, play hard' hat ausgedient"

Olaf Marx ist Head of Human Relations bei Happy Thinking People
marktforschung.dossier: Herr Marx, Sie sind bereits seit einigen Jahren bei Happy Thinking People bzw. vormals H,T,P, Concept für den Personalbereich zuständig. Um die leitmotivische Frage unseres aktuellen marktforschung.dossier aufzugreifen: Geld oder Glück – was sticht mehr im Kampf um Talente?
Olaf Marx: Es ist die gesunde Mischung. Und es geht auch um geteiltes Glück, das sich über die Werte-Schnittmenge zwischen Mitarbeitern und Unternehmen definiert und im Wesentlichen die Dauer der Arbeitsbeziehung beeinflusst. Ganz entscheidend für die Mitarbeiterzufriedenheit ist das tägliche Erleben im Unternehmen. Das bedarf regelmäßiger Pflege – hin und wieder auch der Feinjustierung.
Wenn Mitarbeiter maßgeblich zum Unternehmenserfolg beitragen, sollen sie selbstverständlich auch beteiligt werden.
Monetäre Anreize können aber nicht die alleinigen Motivatoren sein. Das kann sogar kontraproduktiv wirken: eigennütziges Verhalten wird gefördert, der gute Umgang unter Kollegen kann verloren gehen und vor allem werden Denkweisen geprägt, die ausschließlich auf kurzfristigen Erfolg abzielen. Ein bekanntes Phänomen von der Wall Street. Langfristig macht das weder die Mitarbeiter noch das Unternehmen glücklich.
In der Ausgewogenheit liegt die Kraft. Auch Happy Thinking People kann nicht allein von Luft und Liebe leben. Die Miete muss schließlich auch bezahlt werden.
marktforschung.dossier: Haben sich diesbezüglich in den letzten Jahren die Vorzeichen verändert?
Olaf Marx: Als Unternehmen, das sich intensiv mit gesellschaftlichen Trends auseinandersetzt, sehen wir natürlich eine starke Veränderung der Vorstellungen der Mitarbeiter über die letzten Jahre.
In einem wichtigen unternehmensinternen Projekt beschäftigen wir uns gerade mit den Vorstellungen von unterschiedlichen Mitarbeitern – den neuen und den langjährigen: Baby Boomer, Generation X und Millennials. Um Strategien zu entwickeln, die uns weiterhin als attraktiven Arbeitgeber profilieren.
Da sieht man, dass es zwar einige Unterschiede über die Generationen gibt, aber dass heute – anders als in den 90ern – die sogenannte Work-Life-Balance für alle im Mittelpunkt steht. 'Work hard, play hard' hat ausgedient und Mitarbeiter, die heute neu zu uns kommen, sind relativ pragmatisch in ihren Anforderungen. Leistung soll sich auszahlen und muss sich in absehbaren Zeitfenstern bewegen.
An dieser Stelle müssen wir abwägen, ob nicht allein die monetäre Motivation überwiegt. Und wir wären hier unaufrichtig, wenn wir verschweigen würden, dass unser anspruchsvolles Betätigungsfeld eine ungewöhnlich hohe intrinsische Motivation voraussetzt.
marktforschung.dossier: Was macht aus Ihrer Sicht den Reiz einer Tätigkeit in der Marktforschung aus?
Olaf Marx: Die Abwechslung, aufgrund immer wieder neuer, teils sehr spannender Fragestellungen seitens der Auftraggeber, das wechselweise Eintauchen in unterschiedliche Branchen und Produktkategorien, die Nähe zu unterschiedlicher Livestyle-Gruppierungen, unterschiedliche Meinungen und Motivationen.
Die Rolle eines kulturellen Übersetzers in der internationalen Forschung ist eine echte Herausforderung. Der besondere Lohn: Einsichten in Welten, die einem normalerweise verborgen bleiben – ganz nah dran und am Puls der Zeit.
marktforschung.dossier: Gibt es bestimmte Tätigkeitsbereiche oder auch Positionen, für die es eher schwierig ist, qualifizierte Mitarbeiter zu finden?
Olaf Marx: Klar gibt es die auch. Wir gelten als eines der innovativsten qualitativ ausgerichteten Unternehmen mit einem hohen Beratungsanspruch. Einerseits profitieren wir davon. Andererseits macht es unser Anspruch aber auch schwieriger, auf der Senior-Ebene gute Ergänzungen zu finden. Und wir investieren viele Ressourcen in die Ausbildung und haben eine vergleichsweise geringe Fluktuation.
Da ist Weitsicht, langer Atem und manchmal auch der Mut zu antizyklischen Entscheidungen gefragt.
marktforschung.dossier: Welche Skills muss ein guter Marktforscher Ihrer Meinung nach generell mitbringen?
Olaf Marx: Einer unserer Mitarbeiter hat auf die Frage, was er an Happy Thinking People schätzt, geantwortet: "Die hohe Intelligenzdichte pro Quadratmeter". Also Intelligenz hilft.
Aber der Job fordert natürlich noch mehr. Ein hohes Maß an Empathie, ein ausgeprägtes Interesse an gesellschaftlichen Strömungen, Begeisterungsfähigkeit für neue Themen und Fragestellungen, für unterschiedliche Branchen und Produktkategorien, Menschen und Kulturkreise. Außerdem Offenheit, forscherische Neugier, vernetztes Denken und einen verantwortungsvollen Weitblick.
marktforschung.dossier: Happy Thinking People verfügt ja über mehrere Standorte im Ausland, darunter auch im indischen Mumbai. Wie stark unterscheiden sich die dortigen Voraussetzungen für ein erfolgreiches Beschäftigungsverhältnis von den hiesigen?
Olaf Marx: Die Komplexität und kulturelle Vielfalt Indiens spiegelt sich auch bei uns im Unternehmen wider. Es führte kein Weg daran vorbei, sich den kulturellen Gegebenheiten anzupassen – eine echte Herausforderung.
Angefangen bei den kulturell verankerten Wertehierarchien: Die Familie steht in Indien an oberster Stelle, gefolgt von persönlichen Belangen und bestenfalls rückt die Arbeit an den dritten oder vierten Platz. In den Arbeitsalltag übersetzt bedeutet dies beispielsweise, dass ein Mitarbeiter auch bei Erkrankung eines entfernten Verwandten über mehrere Tage nicht zur Arbeit erscheint.
Der Büroalltag beginnt mit dem Besuch eines Priesters, der Ganesha um Geschäftserfolg bittet. Bei Mitarbeiterlob wird ohne Umschweife direkt nach einer Gehaltserhöhung gefragt. Und wenn der Chef sich eigenständig einen Kaffee kocht, unterminiert er gleichzeitig seine Stellung. Als Unternehmen mit gewohnt flachen Hierarchien lernt man hier sehr schnell umzudenken und seine Werte für eine andere Kultur zu übersetzen.
marktforschung.dossier: Herr Marx, herzlichen Dank für das Gespräch und die interessanten Einblicke!
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