Kolumne von Prof. Dr. Dirk Lippold „Wo Manni lebt“ – Werbeslogans und die Tücken der Globalisierung

„Come in and find out“ - „Komm rein und finde wieder heraus“ – Nicht jeder englische Slogan ist für Konsumenten unmittelbar verständlich. Prof. Lippold analysiert anhand aktueller und älterer Beispiele, warum manche Slogans funktionieren, andere dagegen kontraproduktiv sind.

Mit "Come in and find out" meinte Douglas nicht "Komm herein und finde wieder heraus". Englische Slogans sollen Marken jugendlicher machen, doch verwirren diese oft die Zielgruppe (Bild: picture alliance / SvenSimon | Frank Hoermann/SVEN SIMON).

Zu den wichtigsten Aufgaben der inhaltlichen Gestaltung von Werbebotschaften zählt die Formulierung des Slogans. Die Entwicklung eines Slogans, der trotz gewisser Unterschiede häufig auch als Claim bezeichnet wird, erfordert besonders viel Kreativität.

Ein Slogan, der das „Werbekonzentrat“ einer Marke darstellt, sollte kurz, einfach, eingängig und unverwechselbar sein. Vor allem aber sollte er eindeutig sein und keinen Raum für Fehlinterpretationen lassen. Die Wirklichkeit sieht aber anders aus, insbesondere wenn es sich um englische Slogans handelt. Die Ergebnisse der Marktforschung sprechen hier eine deutliche Sprache.

Die Botschaft ohne Umwege in das Gedächtnis der Zielgruppe

„Nichts ist unmöglich“ verspricht ein großer Automobilhersteller. „Wohnst Du noch oder lebst Du schon?“ fragt eine omnipräsente Möbelkette und „Quadratisch. Praktisch. Gut“ verkündet ein Süßwarenproduzent. „Alles Müller, oder was?“ kennt fast jeder in deutschen Landen, sobald es um Milchprodukte geht. Wenn man sofort weiß, um welche Marken es sich handelt, dann haben die werbenden Unternehmen ihren Markenkern in klare Worte übersetzt und diese dort verankert, wo sie hingehören: im Gedächtnis der Zielgruppe.

Ferrero mit Teekesselchen

Auch der Slogan der Marke Ferrero „Guten Freunden gibt man ein Küsschen“ ist wohl den meisten Menschen bekannt. Da das Produkt hier als „Teekesselchen“-Wort daherkommt, wird damit sogar eher ein Gefühl angesprochen, als ein konkretes Produkt beworben. „Damit Sie auch morgen noch kraftvoll zubeißen können“ ist ein Werbeversprechen, das als wirklich gelungener Slogan verpackt ist. Mit „3-2-1-Meins“ hat die Auktionsplattform ebay einen Werbeslogan mit Wiedererkennungswert geschaffen. Die Verbindung zum Gefühl einer erfolgreichen Auktion und der angenehme Sprechrhythmus sind es, was den Slogan so erfolgreich machen. Selbst als geflügeltes Wort ist der Slogan im Sprachgebrauch anzutreffen.

Persil bleibt Persil und da weiß man, was man hat – nämlich das Beste, das es je gab

Zu den bekanntesten Slogans, die sich seit Jahren als eingängig und unverwechselbar bewährt haben, zählen Slogans wie „Freude am Fahren“ (BMW), „Ich will so bleiben, wie ich bin“ (Du darfst) oder „Just do it“ (Nike).  

Doch selbst erfolgreiche Slogans haben nicht immer eine lange Lebensdauer, sondern werden dem Zeitgeschmack angepasst und verändert. Beispiele dafür sind die Marken Persil und McDonald’s, deren Slogans im Zeitablauf verändert bzw. ersetzt wurden. „Persil bleibt Persil“ wurde 1913 zum ersten Mal verkündet, 1959 fiel der Startschuss für „Das beste Persil, das es je gab“, 1970 kann dann „Unser Bestes“ mit Schleifchen auf der Packung und seit 1973 ist „Da weiß man, was man hat“ in unser aller Gedächtnis. Die amerikanische Fast-Food-Kette dagegen durchlief von 1971 bis heute sogar insgesamt sieben Slogans. Es begann in den 1970er Jahren mit „Das etwas andere Restaurant“ und endet heute (vorläufig) mit „Ich liebe es“ (siehe Abbildung 1).

Abb. 1: Erfolgreiche Slogans mit langer oder angepasster Lebensdauer

Fast 30 Jahre warb Gillette mit dem Slogan „Für das Beste im Mann“. Doch selbst die besten Werbesprüche sind irgendwann überholt. Gillette trennte sich 2019 von dieser Botschaft, die heute für viele aus der Zeit gefallen wirkt. Die MeToo-Debatte habe alles verändert, so das Unternehmen. „Ist das das Beste im Mann?“, fragt Gillette nun selbstkritisch in einem US-Werbefilm und versucht auf neue Inhalte zu setzen, die sensibler mit dem Thema toxischer Maskulinität umgehen.

Und der allseits bekannte Deutsche Bahn-Slogan „Alle reden vom Wetter. Wir nicht“ wurde von der Wirklichkeit eingeholt und hat sich von selbst erledigt. Erledigt hat sich (leider) auch der Slogan „Nicht immer, aber immer öfter!" - der Spruch, mit dem Clausthaler-Alkoholfrei in den 90er Jahren die Bierwerbung aufmischte und der uns allen bis heute in Erinnerung geblieben ist. Allerdings hat sich der Slogan im Laufe der Zeit verselbständigt und sich von der Alkoholfrei-Marke aus der Radeburger Gruppe entkoppelt. Im komplett neuen Markenauftritt von Clausthaler wird daher auf den Slogan auch kein Bezug mehr genommen.

Global Branding kann brandgefährlich sein

Im Zuge der Globalisierung ist es nur logisch, dass sich viele Konzerne darauf verlegt haben, ihre Slogans weltweit einzusetzen. Da liegt es natürlich nahe, einheitliche Slogans zu entwickeln und als Global Branding zu verbreiten. Und es liegt ebenso nahe, dieses Global Branding in englischer Sprache zu realisieren.

Besonders die deutschen Unternehmen springen gerne auf den Zug der Anglizismen. Denn die englische Sprache erweckt – insbesondere bei den jüngeren Käuferschichten – den Eindruck der Modernität, auf viele wirkt sie cool und jugendlich. Sie soll Internationalität suggerieren.

Andererseits gibt es aber auch die alte englische Weisheit „Every business is local“. Hinzu kommt, dass viele Konsumenten glauben, einen Slogan verstanden zu haben. Bei näherem Hinsehen ist dies häufig aber gar nicht der Fall. Welche zum Teil abenteuerlichen Übersetzungsversuche bei englischen Slogans vorkommen, zeigen sehr eindrucksvoll die Ergebnisse der Marktforschung, die in der nachstehenden Tabelle abgebildet sind.

Abb. 2: Verständnis englischsprachiger Slogans in Deutschland

Come in and find out – Komm rein und finde wieder raus

So glaubten 54 Prozent aller Befragten, den Douglas-Slogan „Come in and find out“ verstanden zu haben. Tatsächlich waren es aber nur 34 Prozent, also 20 Prozentpunkte weniger. Viele Probanden hatten den Claim mit „Komm rein und finde wieder raus“ übersetzt und waren dementsprechend davon überzeugt, den Slogan verstanden zu haben. Nicht ganz so groß war der Unterschied in Prozentpunkten bei dem Esso-Slogan „We are drivers too“, den 44 Prozent der Befragten glaubten, verstanden zu haben. Letztlich waren es aber nur ganze 31 Prozent, die den Claim voll verstanden und nicht mit „Wir sind zwei Fahrer“ oder „Wir fahren auch zu …“ übersetzt hatten.

Where money lives – Wo Manni lebt

So konnten lediglich 22 Prozent der befragten Testpersonen mit dem Audi TT-Slogan „Driven by instinct“ etwas anfangen. Ein Übersetzungsversuch war „Triefen vor Gestank“. „Powered by emotion“ („Angetrieben durch Gefühle“) von SAT.1 übersetzten viele Befragte mit „Kraft durch Freude“. Da sieht man mal, wie ein Slogan generationsübergreifend im Kopf der Menschen verbleiben kann! 21 Prozent der Befragten verstanden den Claim der Citibank „Where money lives“ („Wo Geld lebt“) richtig, einige übersetzten ihn allerdings mit „Wo Manni lebt“. „One Group. Multi Utilities.“ („Eine Gruppe. Viele Werkzeuge“) ist der Slogan des Energieversorgers RWE. Er hat mit acht Prozent die schlechteste Übersetzungsquote. Ein Angebot war „Ohne Gruppe. Multikulti.“, ein anderes „Eine Gruppe. Viele Werkzeuge“. Inzwischen heißt es „Alles aus einer Hand“. Doch nicht nur RWE hat daraus die Konsequenzen gezogen und den englischen Slogan durch einen deutschsprachigen ersetzt. So heißt es bei Douglas anstatt „Come in and find out“ seit 2004 nun Douglas macht das Leben schöner.

Werbung bis ins Grab

Das Phänomen falscher Übersetzungen gilt aber nicht nur im deutschsprachigen Raum. So wurde der Pepsi-Slogan „Come alive with the Pepsi Generation“ total missraten in Taiwan mit „Pepsi holt Deine Vorfahren aus dem Grab“ übersetzt. Das lässt sich wohl nur dadurch erklären, dass die chinesische Sprache reich an Subtilitäten und feinen lautlichen Nuancen ist. Ein Fehlgriff ist auch dem japanischen Automobilhersteller Mitsubishi bei der weltweiten Einführung seines Geländewagens „Pajero“ unterlaufen: Erst später hat man realisiert, dass dieser Name umgangssprachlich in spanisch sprechenden Ländern für das Schimpfwort „Wichser“ steht. Seitdem heißt der Wagen dort „Montero“.

Siemens – Ingenuity for life

Das Kurioseste zum Schluss: Siemens, der wohl konservativste unter den DAX-Konzernen, hat rechtzeig zum 200. Geburtstag des Firmengründers Werner von Siemens seine Positionierung überarbeitet und verkündet seit 2016 seine Markenbotschaft künftig auf Englisch. „Ingenuity for life“ lautet der neue Claim, der so etwas wie Einfallsreichtum oder Erfindungsgabe bedeutet.

Doch mal ehrlich, wer kannte das Wort vorher? Selbst ansonsten anglophile Mitbürger vermuten hier ein Kunstwort. Doch es gibt noch ein zweites Problem, denn auch in einigen romanischen Sprachen stiftet der Begriff einigermaßen Verwirrung. Auf Französisch zum Beispiel bedeutet „Ingénuité“ nicht etwa Ingenieurskunst, sondern Treuherzigkeit. Das Gleiche gilt fürs Portugiesische und somit auch für den großen Wachstumsmarkt Brasilien: Das Adjektiv „ingênuo“ heißt übersetzt „ahnungslos“. Dort wird Siemens in Anzeigen zwar mit dem Original werben, allerdings erscheint dazu klein gedruckt jedes Mal eine Übersetzung. Nicht gerade eine überzeugende Lösung für einen Weltkonzern …

Generelles ‚Aus‘ für Anglizismen in Deutschland?

Die Befragungsergebnisse in der Tabelle überraschen natürlich. Aber bedeutet das schon ein generelles ‚Aus‘ für Anglizismen in der Marketing-Sprache, die ja ihren Ursprung in Amerika hat? Nein, denn bei bestimmten Zielgruppen kann die englische Sprache durchaus Sinn machen, wie etwa im Umfeld von Consulting-Unternehmen oder Trendsportarten, deren Fachsprache ohnehin Englisch ist. Auch ist es eher verständlich, wenn eine Fluggesellschaft sich der internationalen Luftfahrtsprache Englisch bedient, als wenn ein deutsches Unternehmen wie Siemens in Frankreich französisch, in Spanien spanisch – aber in Deutschland englisch wirbt und das auch noch mit dem Zungenbrecher „Ingenuity for life“.

Was macht Slogans erfolgreich?

Bleibt letztlich die Frage, was einen Slogan wirklich erfolgreich macht. Hier der Versuch einer kurzen Antwort:

Zunächst sollte der Slogan kurz und bündig sein („Just do it“, „Bitte ein Bit“), einprägsam wie „Intel inside“ und assoziativ wie „Freude am Fahren“. Verständlich und markenbezogen wie „Haribo macht Kinder froh“, manchmal auch ein wenig witzig („Wir können alles. Außer Hochdeutsch“) und schließlich auch interessant wie „Wohnst Du noch oder lebst Du schon“ sind weitere Erfolgsfaktoren guter Slogans. Übrigens, so heißt der Berliner Slogan in Asso­ziation zu Baden-Württemberg: „Wir können alles. Nur nichts richtig“.

… und die Musik spielt dazu

Und wenn es dann noch gelingt, einen Jingle – also ein musikalisches Klangelement – einzusetzen, um die Wirkung eines Slogans auditiv zu unterstützen, dann wird der Markenkern auch als akustisches Logo dort verankert, wo er hingehört: im Gedächtnis der Zielgruppe.

Eines der bekanntesten Beispiele ist das „DingDingDing di-Ding“-Klingelzeichen der Deutschen Telekom, bei dem die fünf Töne optisch den vier Punkten neben dem Telekom-„T“ entsprechen, wobei alle vier Punkte den gleichen Ton besitzen und das „T“ eine Terz höher erklingt. Besonders wirksam sind Jingles dann, wenn der Markenname in die Melodie eingebunden ist, wie dies bei „Haribo macht Kinder froh…“, „Ei, Ei, Ei Verporten“ oder bei „Waschmaschinen leben länger mit Calgon“ der Fall ist. Aber auch die „Sail-Away“-Melodie von Beck’s, deren Songtext einen direkten Bezug zum „Schlüsselbild“ grünes Segelschiff und Assoziationen zu Freiheit und Abenteuer herstellt, zeigt ebenso wie Melodie und Text von „What ever we do“ der zweiwöchentlichen Apotheken-Umschau, dass auch Jingles ohne Integration des Markennamens äußerst erfolgreich sein können.

Fazit: Ein Patenrezept für gute Slogans gibt es also nicht – dafür aber wichtige Anhaltspunkte, die uns vornehmlich die Marktforschung mit ihren Instrumenten ‚Befragung‘ und ‚Beobachtung‘ liefern kann.

Quellen: 

D. Lippold: Marktorientierte Unternehmensführung und Digitalisierung. Management im digitalen Wandel, 2. Aufl., Berlin-Boston 2021

D. Lippold: Die Marketing-Gleichung. Einführung in das prozess- und wertorientierte Marketingmanagement, 2. Aufl., Berlin-Boston 2015

https://www.adobe.com/de/express/learn/blog/30-companies-with-famous-brand-slogans-taglines

https://www.sortlist.de/blog/werbeslogans/

https://www.horizont.net/marketing/nachrichten/redesign-das-ist-der-neue-markenauftritt-von-clausthaler-172597

 

Über die Person

Prof. Dr. Dirk Lippold ist Dozent an verschiedenen Hochschulen. Seine Lehrtätigkeit umfasst die Gebiete Unternehmensführung, Marketing & Kommunikation, Personal & Organisation, Technologie- und Innovationsmanagement sowie Consulting & Change Management. Zuvor war er viele Jahre in der Software- und Beratungsbranche tätig – zuletzt als Geschäftsführer einer großen internationalen Unternehmensberatung. Auf seinem Blog www.dialog-lippold.de schreibt er über aktuelle betriebswirtschaftliche Themen.

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