Wo geht der Kunde verloren - Oder die Frage nach der echten Responsequote.
Die Briefe eines klugen Mannes enthalten immer den Charakter der Leute, an die er schreibt.
Georg Christoph Lichtenberg (1742-1799)
Dieser Beitrag handelt von der Effizienz von Mailingkampagnen und deren Verbesserung. Es gibt zahlreiche Hindernisse bevor ein Mailing zur Response wird. Diese Hürden werden in der Praxis häufig außer Acht gelassen. Dabei ist es für den Erfolg einer Mailingkampagne maßgeblich zu wissen, auf welcher Stufe der Werbebrief seine Wirkung nicht entfalten kann. Nur wenn man diese Bottlenecks entlang der gesamten Wertschöpfungskette kennt, kann man gegensteuern, um Mailingaktionen zu optimieren und so die gewünschte Werbewirkung zu erzielen. Dabei wirken kaskadengleich zwei zentrale Mailing-Erfolgskriterien, die wir Produktionsfaktoren und Wirkungsfaktoren nennen. Produktionsfaktoren wirken auf der Wertschöpfungskette am Anfang, d.h. bei Adressselektion, Produktion und Zustellung. Wirkungsfaktoren entfalten ihren Hebel am Kunden und sind Gradmesser für die Kommunikationsleistung, wie Relevanz, gewecktes Interesse und Aktivierung. Beide Faktoren, Produktion und Wirkung, sind zwei Seiten einer Medaille machen letztlich den Erfolg einer Mailingkampagne aus.
Werbesendungen sind die Top-Dialogmedien
Wir leben in einer Welt des stetig steigenden Werbedrucks. Unternehmen investieren hohe Marketingbudgets, um ihre Kunden auf Marken, Leistungen und Produkte aufmerksam zu machen. Leider treffen nicht viele Schüsse ins Schwarze. Die Folge sind sinkende Responseraten. Effizienz ist das Schlüsselwort und zugleich Herausforderung für die Unternehmen.
Zunächst ein skizzenhafter Einblick in die Welt der Fakten. Betrachtet man die Ausgaben deutscher Unternehmen für Direktmarketing, so stehen Mailings erster Stelle. Der Dialogmarketing Monitor 2008 der Deutschen Post reportet für die deutschen Unternehmen ein Spendingvolumen für Mailings, von der Kreation bis zum Responsemanagement, von 14,3 Mrd. Euro. Davon entfallen ein Großteil, nämlich 11,5 Mrd. Euro, auf volladressierte Werbesendungen. Das sind gut 35 Prozent des Gesamtbudgets für Dialogmedien.
Insgesamt werben in Deutschland allein 337.000 Unternehmen mit volladressierten Mailings. Jedes werbende Unternehmen gibt folglich 36.700 Euro für Werbebriefe aus. Großunternehmen mit über 50 Mio. Euro wenden im Schnitt sogar 688.000 Euro auf!
Professionelles Management? Was ist das?
Viele Unternehmen gehen beim Management ihrer Dialogmarketingmaßnahmen durchaus professionell vor. Eine Segmentierung auf Basis von 3.500 deutschen Unternehmen, die Direktmarketing anwenden, wies drei Segmente mit hochprofessioneller Haltung zu Direktmarketing aus: Diese Anwender, 60 % der Unternehmen, betreiben Adressmanagement, nutzen externe Dienstleister für Kreation und Fulfilmentleistungen oder messen ihren Erfolg mit ausgefeilten Methoden des Responsemanagement. Aber: Im bei weitem noch nicht gesättigten DM-Wachstumsmarkt agieren nicht nur langjährige Experten, sondern auch Entscheider, die erst einen geringen Grad der Professionalisierung erkennen lassen. Die übrigen Anwender, 40 % der Unternehmen, haben noch deutlichen Nachholbedarf. Hier besteht hoher Bedarf an Beratung und Unterstützung in einem weiterhin wachsenden Markt.
Status Quo: Responsequote als Maß aller Dinge
Grund genug, einmal genauer die Erfolgsfaktoren von Mailingkampagnen unter die Lupe zu nehmen. Ein zentraler Begriff und zugleich Gradmesser für den Erfolg einer Direktmail-Kampagne ist die Responsequote.
Die Responsequote errechnet sich theoretisch aus der Anzahl der selektierten Adressen (brutto) und den tatsächlichen Antworten oder Käufen (netto). Rein mathematisch ist die Berechnung brutto/netto= Quote korrekt. Aber wie sieht die Wirklichkeit aus? Kann jede selektierte Adresse zu einem Kontakt führen? Die Antwort ist unumwunden nein. Denn brutto Adressdatei ist nicht gleich brutto Kontakt beim Kunden.
Aktelle Adressen und schnelle Produktion sind Trumpf
Begleiten wir den Weg eines Mailings von der Kreation bis zum Kontakt. Ausgangsbasis ist eine Mailingaktion mit 500.000 Aussendungen. Das Mailing ist designt, die Adressen sind selektiert und der Lettershop ist bereit für die Produktion. In der Praxis liegen zwischen Adressselektion und Versand des Mailings häufig mehrere Wochen. In dieser Zeit ziehen Haushalte um und erteilen möglicherweise keinen Nachsendeauftrag für die Post. Oder Empfänger versterben. Überdies ist trotz hoher Qualitätssicherungsmaßnahmen nicht sichergestellt, dass der Lettershop zu allen Adressen auch eine Sendung produziert. Es zeigt sich, dass aktuelle Adressen und kurze Produktionszeiträume der Mailingkampagne bereits wichtige Faktoren des Erfolgs sind. Je aktueller die Adressen sind und je schneller die Mailaings ausgesendet werden, umso höher ist die Chance, dass alle Aussendungen die Empfänger erreichen.
Bei der Zustellung kann es daneben gehen
Auf dem Weg zum Kunden ist die Postzustellung eine weitere zentrale Schnittstelle. Die Zustellung ist nicht nur kostenintensiv, sondern zugleich entscheidend dafür, dass ein Mailing tatsächlich im Briefkasten ankommt. Dabei kann im wahrsten Sinne viel danebengehen. Zustelldienste, bei denen unerfahrene Zusteller arbeiten, kommen mit schwierigen Zustellsituationen wie versteckte Briefkästen oder Klingelhäuser nicht zurecht. Das Mailing wird dann entweder gar nicht zugestellt oder vor der Tür, im Hausflur oder in der Kiste für Werbemüll abgelegt. Die Folge ist eine sinkende Zustellquote.
Timing oder wenn es eng wird im Briefkasten
Ein weiteres Thema ist der punktgenaue Zeitpunkt der Zustellung. Nur wenige Spezialanbieter garantieren die Zustellung an einem bestimmten Tag. In aller Regel richtet sich der Tag der Zustellung nach der von den Anbietern in Aussicht gestellten Laufzeit der Briefe. Der Tag der gewünschten Zustellung muss häufig über den Daumen gepeilt werden. Problematisch wird es, wenn der Postdienstleister die Sendungen zu früh oder zu spät zustellt. Erreichen die Mailings zu früh den Empfänger, ist u. U. das Callcenter noch nicht bereit oder die beworbenen Produkte sind im Handel noch nicht zu kaufen. Besonders der letzte Fall kann beim Kunden zu großem Unmut führen. Ein späterer Kauf wird dann unwahrscheinlich. Ebenso negative Auswirkungen hat eine zu späte Zustellung: Callcenter Kapazitäten wurden vergeblich gebucht oder der Tag des Großeinkaufs ist vorbei, an dem das beworbene Produkt hätte gekauft werden können.
Neben dem richtigen Timing der Zustellung hat unbestritten das Konkurrenzumfeld im Briefkasten einen wesentlichen Einfluss auf die Wahrnehmung eines Mailings. Wenngleich dieser Punkt selten gesteuert werden kann: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mailing gelesen wird, sinkt mit der Anzahl der zeitgleich zugestellten Werbesendungen. Ist etwa der neue IKEA-Katalog im Briefkasten, so stehen die Chancen für das Lesen des Mailings eher schlecht.
Dreiklang des Dialogs: Interesse wecken – Reagieren - Kaufen
Hat das Mailing schließlich seinen Weg in den richtigen Haushalt gefunden, muss es die richtige Zielperson erreichen, um die Werbewirkung zu entfalten. Eine Schlüsselrolle nimmt die Person im Haushalt ein, die regelmäßig den Briefkasten leert. Hier wird häufig selektiert und somit die Mailingzustellung an die richtige Zielperson systematisch verhindert. Erst dann, wenn schließlich das Mailing in den Hände des richtigen Empfängers angekommen ist, kann es seine Wirkung entfalten, einen Dialog in Gang setzen.
Häufig jedoch sind Mailings wenig originell, fantasielos und ohne Belang. Relevanz ist das Schlüsselwort. Wichtig ist, dass interessante Informationen vermittelt werden, kreativ, phantasievoll und unnachahmlich verpackt. Andernfalls riskiert man, dass ein Mailing ungeöffnet im Müll landet.
Zwei Seiten einer Medaille - Fazit
Am Anfang der Wertschöpfungskette sind in erster Linie handwerkliche Fähigkeiten und professionelle Dienstleister gefordert. Als werbendes Unternehmen muss ich zudem meine Zielgruppe bereits mit der Adressselektion genau bestimmen.
Im Haushalt des Empfängers muss das Interesse geweckt und ein Dialog mit dem potenziellen Kunden in Gang gesetzt werden. Ich muss daher Mailings versenden, die den Empfänger überraschen und seine Aufmerksamkeit und sein Interesse hervorrufen.
Beide Faktoren, der Produktion und der Wirkung, sind zwei Seiten einer Medaille machen letztlich den Erfolg einer Mailingkampagne aus.
Bereits eine Verbesserung der Abschlussquote um 0,3% führt bei einer Kampagne mit 500.000er Mailing zu 1.500 Mehrabschlüssen. Das Wissen um Mailing-Erfolgskriterien auf der gesamten Wertschöpfungskette ist dafür unverzichtbar. Nur unter diesen Bedingungen verbessert sich die Effizienz der Mailingkampagne.
(auf marktforschung.de veröffentlicht am 09.04.2010)
Über die Autoren:
Dr. Heiko Lehmann ist Division Manager bei der Ipsos GmbH, Jan Otto ist Division Manager bei der Ipsos Loyalty GmbH
Weitere Informationen zum Unternehmen auf marktforschung.de:

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