Research Responsibility "Wir Marktforscher müssen uns permanent selbst überprüfen und hinterfragen"

Dr. Frank Knapp & Dr. Kai Bruns
marktforschung.de: Ihr Branchenversprechen kürzen Sie auf die Anfangsbuchstaben RESPECT ein. Wem oder was gegenüber sollen Marktforscher Respekt haben?
Dr. Kai Bruns: Woran RESPECT jeden Marktforscher jeden Tag erinnern kann und soll, kann man sehr schön unserer Tabelle entnehmen. Unser Branchenversprechen fasst im übertragenen Sinne die Verantwortung zusammen, die man als Marktforscher hat: Respekt vor all den Verpflichtungen, die man als Profi gegenüber dem Regelwerk und seinen Details, der angewandten Methodik und dem wissenschaftlichen Vorgehen, den Kunden und ebenso den Befragten, aber auch den Prozessen gegenüber hat. Mit dem Ziel, dass die Marktforschung das leisten kann, was von ihr erwartet wird, aber auch die Wahrnehmung des Berufsstandes so ist, wie wir sie uns wünschen.
marktforschung.de: Was war der Auslöser, sich mit diesem Versprechen zu positionieren?
Dr. Kai Bruns: Wenn man sich mit den inhaltlichen und ethischen Anforderungen an die Marktforschung und an ihre Akteure befasst und diese nach außen tragen will, muss man einen gängigen Überbegriff finden, der all das, was uns wichtig ist, griffig zusammenfasst. Wir denken, dies ist uns mit RESPECT gelungen. Der Begriff entstand im Rahmen eines Arbeitstreffens unseres Fachgremiums Qualität/Standesregeln/Methoden. Aus Themenblöcken, wie "Ethik", "Vertraulichkeit", "Transparenz" usw. entwickelten sich auf einmal Puzzlebausteine, die sich zu unserem Leitbild RESPECT zusammenfügten.
Dr. Frank Knapp: Ein Ziel von RESPECT war es, eine Richtschnur für unsere eigenen Aktivitäten als BVM zu haben. Anders gesagt, wir wollen unsere innerverbandliche Arbeit und unser gesamtes Handeln auch daran messen lassen, inwieweit sie die Botschaften unseres Branchenversprechens transportieren, beinhalten und unterstützen. Darüber hinaus steht RESPECT genau für die Werte, die sich als roter Faden durch unsere Standesregeln ziehen und damit auch für Handlungsfelder gelten, die von den Standesregeln nicht explizit angesprochen werden.
Dr. Kai Bruns: Wir werden RESPECT als das "geflügelte" Wort für die Inhalte, für die ein "Marktforscher BVM"* steht, in unserer Kommunikation nutzen. Gleichfalls werden wir eine Verortung unserer Angebote im RESPECT-Spektrum vornehmen, um immer wieder Gelegenheit zu haben, alle uns wichtigen Aspekte, die gute Marktforschungsarbeit ausmachen, anzusprechen und in Erinnerung zu rufen.

marktforschung.de: Wie hat sich die Branche Ihrer Meinung nach seit der Akte Marktforschung verändert?
Dr. Frank Knapp: Man muss betonen, dass die Akte Marktforschung nur einzelne Branchenanbieter betraf, die durchaus mit krimineller Energie am Markt agierten. Ihr Handeln hat sich auf das Image der gesamten Marktforschungsbranche ausgewirkt und dieses negativ verändert. Vor solchen schwarzen Schafen ist allerdings keine Branche gefeit – was nicht heißt, dass dies in irgendeiner Weise akzeptabel ist. Im Gegenteil: Wir Marktforscher müssen uns genau wie alle anderen Branchen permanent selbst überprüfen und hinterfragen, um höchste Qualität zu sichern. Und genau das machen wir auch mit unseren vielfältigen Maßnahmen in Sachen Berufsethik und Qualität.
marktforschung.de: Damit es in der Qualitätsdiskussion nicht bei Lippenbekenntnissen bleibt, haben auch Sie unter den Punkten R wie Rules und C wie Compliance Themen wir Richtlinien und Qualitätsstandards angesprochen. Wie ist da der aktuelle Stand?
Dr. Kai Bruns: Die Marktforschungsverbände sind gerade dabei, die Standesregeln an geänderte Rahmenbedingungen anzupassen und dabei auch die Verständlichkeit zu erhöhen. Das Fachgremium hat ja Experten aus ganz unterschiedlichen Bereichen. Daher haben wir diese Gelegenheit genutzt, um jede einzelne Richtlinie auch grundsätzlich aufzuarbeiten. Wir hoffen, Ende des Jahres zusammen mit den anderen Verbände ein Ergebnis vorlegen zu können.
marktforschung.de: Wie wollen Sie die Einhaltung der Richtlinien sicherstellen?
Dr. Frank Knapp: Innerhalb der Branche haben wir mit dem Rat der Deutschen Marktforschung eine Beschwerdeinstanz, die vermutetes Fehlverhalten systematisch prüfen kann. Mit dem Ziel, dass möglichst viele Verdachtsfälle beim Rat angezeigt werden, hat der Rat u. a. den Kreis der Beschwerdeberechtigten erweitert und seine Öffentlichkeitsarbeit intensiviert, um bekannter zu werden. Mit Erfolg, denn seit letztem Jahr haben die Verfahren wieder Fahrt aufgenommen und auch dieses Jahr herrscht reges Interesse an einer Bewertung durch den Rat.
marktforschung.de: Der ADM hat die Transparenz-Initiative ins Leben gerufen, Sie haben Das RESPECT-Versprechen. Sie haben ihre Beteiligung an der Initiative Markt- und Sozialforschung gekündigt, der ADM will diese auch allein weiterführen. Wäre es im Zuge der Qualitätsdiskussion und der Wirkung der Branche nicht wichtig, mit einer Stimme zu sprechen?
Dr. Frank Knapp: Es ergeben sich kaum Überschneidungen zwischen der Transparenz-Initiative und dem RESPECT-Versprechen. Die Transparenz-Initiative propagiert im Grunde einen ausführlichen Methodenbericht, wie er ja auch in der ISO 20252 gefordert wird und eigentlich Bestandteil eines jeden Angebots und Berichts sein sollte. RESPECT bezieht sich darüber hinaus auf den gesamten Marktforschungsprozess und definiert, wie wir in der Branche miteinander umgehen wollen, egal ob wir in Unternehmen, in Instituten, bei Felddienstleistern, in der Beratung oder als Interviewer oder Befragte involviert sind.
marktforschung.de: Wenn Sie in drei Jahren auf die Branche blicken, was glauben Sie werden die größte Veränderungen in Bezug auf Ihre RESPECT-Ziele für die Qualität in der Marktforschung sein?
Dr. Kai Bruns: Markt- und Sozialforschung ist von Vielfalt und Dynamik geprägt. Einzelkämpfer und Großorganisationen. Datenanalysten, Feldspezialisten, qualitative Marktforscher u. v. m. Technische, rechtliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen ändern sich. RESPECT ist die gemeinsame Grundlage – als unser Branchen-Konsens und als Richtschnur, die auch in turbulenten Zeiten sicheren Halt bietet.
* Das Tragen der Bezeichnung "Marktforscher BVM" verweist auf eine Eintragung in die Berufsrolle des BVM. Zweck der Berufsrolle ist es, Wirtschaft und Gesellschaft Gewissheit über die beruflichen Qualifikationen von Marktforschern zu geben. Voraussetzung für den Erhalt der Berufsrolle ist eine persönliche Mitgliedschaft im Verband sowie gemäß dem Statut der Berufsrolle BVM ein bestimmtes Qualifikationsniveau hinsichtlich der fachlichen Ausbildung und beruflicher Praxis.
Dr. Frank Knapp ist BVM-Vorstandsvorsitzender. Dr. Kai Bruns ist im BVM-Fachbeirat sowie im Fachgremium Qualität/Standesregeln/Methoden tätig.
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