Umfrage Wie verbringt die Marktforschungsbranche ihren Urlaub in 2020?

marktforschung.de: Wohin geht es dieses Jahr in den Urlaub? War das am Anfang des Jahres so geplant?
Oliver Tjarks: In den Pfingsferien war ich mit der Familie an der Ostsee, geplant war eigentlich Andalusien. Dennoch hatten wir viel Spaß, auch wenn die Ostsee nicht auf unserer bucket list stand. In den Sommerferien fahren wir nun entgegen unserer ursprünglichen Planung (Barcelona-Valencia-Kombi) vermutlich in den Süden von Kroatien.
Prof. Dr. Christopher Morasch: Zeitpunkt und Reiseziel für unseren Sommerurlaub stehen aufgrund der Kita-Betriebsferien schon lange fest: Es geht nach Frankreich. Erst an den Lac de Gérardmer (Südvogesen), dann geht es weiter in die Bourgogne. Wir haben Ferienhäuser und keine Hotels gebucht und befinden uns auch nicht in touristischen Hotspots, deswegen bin ich vorsichtig optimistisch, dass unser langersehnter Sommerurlaub stattfinden kann.
Herbert Höckel: Ursprünglich hatten wir als Familie geplant, den Sommerurlaub 2020 in einem 5-Sterne all-inclusive Resort in Portugal an der Algarve zu verbringen. Da aber, wie wir ja alle wissen, Corona dazwischen kam mussten auch wir umdisponieren und konnten glücklicherweise unseren Urlaub noch kostenfrei stornieren. Unser Alternativplan sieht Heimaturlaub in Deutschland vor. Wir nutzen die Gelegenheit also geliebte Verwandte und gute Freunde zu besuchen, die wir seit längerem nicht mehr gesehen haben.
Christian Dössel: Ich werde dieses Jahr drei Wochen auf der schönen Insel Kreta verbringen. Das war schon seit Januar geplant und zumindest die Flüge waren da schon gebucht. Deshalb bin ich auch sehr froh, dass sowohl die Reisewarnungen also auch Einreisebeschränkungen nach Griechenland aufgehoben sind. Natürlich wird es ein anderer Urlaub als sonst, was sich schon jetzt dadurch zeigt, dass die Auswahl an Unterkünften vor Ort begrenzt ist. Vielleicht wird man weniger unternehmen können, aber auch das ist ja manchmal gar kein Nachteil im Urlaub.
Christine Gerbracht: Eigentlich wollten wir dieses Jahr auf unsere Lieblingsinsel Korsika. Da unser Flug annulliert wurde und auch, weil uns dieses Jahr eine Auslandsreise aufgrund der Corona-Pandemie zu unsicher erschien, mussten wir umplanen. Unser neues Ziel heißt Ostsee, genauer gesagt geht es nach Greifswald. Wir haben eine tolle Ferienwohnung gefunden und freuen uns darauf, mit unserem fünfjährigen Sohn die Küste zu erkunden und Ausflüge nach Rügen und Usedom sowie eventuell auch zur Mecklenburgischen Seenplatte zu machen.
Wie sagte unser Sohn, mit dem wir urlaubstechnisch das Mittelmeer und die kanarischen Inseln schon mehrfach bereist haben: "Endlich lerne ich auch Deutschland besser kennen. In unserem eigenen Land haben wir ja noch gar nicht viel Urlaub gemacht". Also: Auf nach Mecklenburg-Vorpommern!
Wir hoffen es klappt – wie schnell man Teil einer Stadt/ eines Kreises werden kann, der plötzlich auch innerhalb Deutschlands nur schwerlich reisen kann, haben wir am Beispiel des Kreises Gütersloh in direkter Nachbarschaft zu Bielefeld erleben müssen…
Kurt Imminger: Geplant hatte ich eine Reise nach Ladakh in Nordindien, dem Übergang von Himalaya zu Karakorum. Massiv steigende Corona-Zahlen machen diesen Urlaub höchst unwahrscheinlich. Stattdessen? War ich bereits am Calmont-Klettersteig an den Mosel-Steilhängen und plane einen zweiten Urlaub in der Heidelberger Hütte im Silvretta. Hauptsache steil! Und dann musste es eben Mosel-Riesling sein statt Buttertee in Leh.
Dr. Otto Hellwig: Meine Familie und ich hatten wie in den letzten Jahren Camping gebucht. Ende März sind wir aber davon ausgegangen, dass Campingplätze in diesem Sommer zu bleiben müssen und so haben wir die Reservierung storniert. Mittlerweile sind die meisten Plätze wieder auf und Camping ist eine boomende Alternative zu Fernreisen oder Urlaub am Mittelmeer. Da aber gemeinschaftlich genutzten Sanitäranlagen in den Stoßzeiten durchaus Großveranstaltungen ähneln, sind wir froh, dass wir zeitig für den Sommer auf eine Ferienwohnung an der Nordsee umgebucht haben. Jetzt bleibt nur zu hoffen, dass wir da Wege jenseits der zu erwartenden Touristenströme finden werden.
Alexandra Stein: Für mich und meine Familie geht es dieses Jahr nach Dänemark. Das war schon vor Corona so geplant und sieht momentan auch ganz gut aus. Ich freue mich einfach auf einen entspannten Urlaub im Ferienhaus am Meer mit meiner Familie. Kroatien an Pfingsten mussten wir aber leider absagen.
marktforschung.de: Welches Buch packen Sie in Ihren Koffer?
Oliver Tjarks: Im Urlaub lese ich meist nur Reiseführer über den jeweiligen Ort/das Land. Wir sind im Urlaub sehr aktiv, schauen uns viel an, da bleibt zum Lesen meist keine Zeit.
Prof. Dr. Christopher Morasch: The Signal and the Noise von Nate Silver. Ich habe das Buch etwa zur Hälfte durch, werde es vor meinem Urlaub aber kaum schaffen es zu Ende zu lesen. Ich kann es aber jetzt schon empfehlen. Vielleicht ist im Koffer aber auch noch Platz für einen Krimi…
Herbert Höckel: In der Tat nehme ich das Manuskript meines eigenen Buches mit. Ich habe Ende letzten Jahres begonnen ein Buch zum Thema "Unternehmensführung in Zeiten von Digitalisierung und Disruption" zu schreiben. Seit dem Lockdown habe ich fleißig daran weitergearbeitet und bin aktuell in den letzten Zügen. Für die Leser hier vielleicht auch interessant: Marktforschung kommt in meinem Buch natürlich nicht zu kurz, da ich sie als elementares Instrument im Change Management als unabdingbar erachte.
Christian Dössel: Ich freue mich auf das Buch von Michael Luca, "Power of Experiments: Decision Making in a Data-Driven World", das schon auf meinem Tisch liegt. Und wenn ich es nicht schon gelesen hätte, würde ich auf jeden Fall "Good Habits, Bad Habits: The Science of Making Positive Changes That Stick" von Wendy Wood lesen. Mein Fachbuch-Tipp für diesen Sommer!
Christine Gerbracht: "Das Labyrinth der Lichter" von Carlos Ruiz Zafón, einem meiner Lieblingsautoren, der leider vor kurzem verstorben ist. Ich freue mich schon auf das Schmöckern im Strandkorb.
Kurt Imminger: An der Mosel war’s ein Krimi von Ian Rankin, der in Edinburgh spielt, in Erinnerung an dortige Urlaube. Was es für das Silvretta-Gebiet sein wird, weiß ich noch nicht. Das könnte zum Beispiel Nachtzug nach Lissabon sein (den es tatsächlich gibt), ab und zu habe ich in den Bergen auch mal ein Buch zur lokalen Geologie im Gepäck. Das macht aber nur Sinn, wenn man es nicht von Pass zu Pass schleppen muss.
Dr. Otto Hellwig: Vor allem Kinderbücher für Tochter und Sohn als archaische Alternative zu Netflix und Co.. Für mich wird es der Roman "Serotonin" sein, um im Houellebecq‘schen Gesamtwerk auf dem Laufenden zu bleiben. Das liegt mittlerweile seit fast einem Jahr neben meinem Bett und schaut mich mitunter schon böse an.
Alexandra Stein: Wenn ich unterwegs bin verbringe ich viel Zeit mit Podcasts, aktuell höre ich beim Joggen und auf Reisen besonders gerne den Podcast von Gabor Steingart. Zur Entspannung lese ich immer gerne historische Romane.
marktforschung.de: Wenn Sie einen Wunsch frei hätten: Was sollte sich nach der Rückkehr aus dem Urlaub in Deutschland verändert haben?
Oliver Tjarks: Viele Wünsche für Natur, Planet und Tierwelt...aber in erster Linie wünsch ich mir, dass wir Menschen uns selbst beweisen, dass wir lernfähig sind.
Prof. Dr. Christopher Morasch: Wie die meisten Menschen hoffe ich sehr, dass sich nach meiner Rückkehr im September bezüglich Covid-19 die Wogen weiter geglättet haben und Europa und dem Rest der Welt eine zweite pandemische Welle erspart bleibt. Für digitell.me wünsche ich mir einen konjunkturell starkes Jahresendgeschäft. Außerdem wäre es schön, wenn das kommende Wintersemester zumindest eingeschränkt wieder an der Hochschule stattfinden kann und ich nach einem rein virtuellen Sommersemester die Möglichkeit habe, meine Studierenden auch persönlich kennenzulernen.
Herbert Höckel: Ehrlich gesagt kann ich mir nicht vorstellen, dass innerhalb von zwei bis drei Wochen überhaupt eine signifikante Verbesserung der aktuellen Lage eintreten wird. Ein Blick in die Medien bestätigt: Die Ereignisse überschlagen sich, der populistische Druck steigt und die wirtschaftlichen als auch gesellschaftlichen Folgen sind überhaupt noch nicht absehbar. Wer weiß - vielleicht wird Corona auch niemals gänzlich "verschwinden", sondern uns als saisonales Phänomen permanent begleiten.
Deshalb wünsche ich mir in erster Linie mehr Besonnenheit und Gelassenheit im Umgang mit der Corona-Pandemie. Ich habe das Gefühl, dass in unserer Gesellschaft der fast schon dogmatische Wunsch vorherrscht "hoffentlich ist es bald vorbei". Da das aber nicht in unserer Hand liegt, halte ich es für das Sinnvollste die Situation zu akzeptieren, das Beste daraus zu machen und die Herausforderungen mit Fleiß, Zuversicht und Geduld zu meistern. Das wünsche ich mir für die Zukunft. Vielen Dank und eine gute Woche!
Christian Dössel: Vielleicht gibt es dann schon erste Hinweise auf die Wirksamkeit eines COVID-19 Impfstoffes. Wünschen würde ich mir auch, dass die Bildungsträger – von Kita über Schulen bis zu Universitäten – wieder einen geregelten Betrieb nach den Ferien aufgenommen haben, vor allem zur Entlastung aller Familien, die während des Lockdowns Großartiges geleistet haben. Letztlich wäre es zudem nicht schlecht, wenn die Gesellschaft sich auch wieder mehr mit anderen Themen wie Nachhaltigkeit und Klimaschutz befasst.
Christine Gerbracht: Da ich doch langsam den "Corona-Blues" bekomme, würde ich mir wünschen, dass es endlich einen zugelassenen Impfstoff gegen das COVID-19-Virus geben würde: Damit wir Ende Oktober das Konzert der Helden meiner Jugend "aha" besuchen könnten (ich hatte damals sogar einen Bravo-Starschnitt an der Wand meines Jugendzimmers hängen – Kinder der Achtziger wissen Bescheid) und Stadtfeste und Weihnachtsmärkte auch mit dichtem Gedränge wieder möglich werden. Und natürlich, dass die wirtschaftliche Lage sich wieder komplett erholt und wir zum "business as usual" zurückkehren können – ohne Homeoffice mit paralleler Kinderbetreuung.
Kurt Imminger: Zurück aus dem Urlaub wünsche ich mir transparente Masken. Ziemlich unwahrscheinlich, ich weiß. Aber was mir beim Einkaufen, in Geschäften, im Café fehlt, das ist ein sehr wichtiger Teil des Gesichts: die Mundpartie! Damit fehlt auch ein Teil der sichtbaren Emotion. Als Qualitative-Researcher achtet man sowieso immer darauf, das geht gar nicht anders.
Dr. Otto Hellwig: Dass sich den Weltmeistern des Beschwerens ein positiver Geist der Bereitschaft zum Wandel entgegenstellt. Denn unabhängig von der Frage, ob alle politischen Entscheidungen in der letzten Zeit glücklich und richtig waren, müssen wir doch erkennen, dass wir reale Risiken wie Klimawandel, Pandemien oder Verwerfungen des Finanz- und Wirtschaftssystems nur bewältigen, wenn wir uns von vielen unserer lieb gewonnenen Gewohnheiten verabschieden und unser Verhalten ändern.
Alexandra Stein: Unsere Wirtschaft muss sich erholen. Wir müssen wieder gesund wachsen, wir brauchen Konsumlaune und Optimismus.
Die Interviews führte Gessica Uerling








Oliver Tjarks leitet als Senior Vice President Sales/DACH und Central Europe den CINT-Standort in München.
Prof. Dr. Christopher Morasch ist Managing Partner von digitell.me und Professor am Institut für Journalismus und PR, Fachbereich Informatik und Kommunikation der Westfälischen Hochschule.
Herbert Höckel ist Managing Director bei moweb research.
Christian Dössel ist Senior Director bei PRS IN VIVO.
Christine Gerbracht ist Senior Consultant bei Interrogare in Bielefeld.
Kurt Imminger ist Senior Research Director bei der GIM Gesellschaft für Innovative Marktforschung in Heidelberg. Als Mitverantwortlicher der GIM Food-Forschung liegt sein forscherischer Schwerpunkt auf qualitativen Methoden und Ernährungsthemen.
Dr. Otto Hellwig ist Gründer und Vorstand der respondi AG sowie Vorstandsvorsitzer der DGOF. Außerdem ist er Dozent für Soziologie an der FH Köln.
Alexandra Stein ist Chief Client Officer von Ipsos in Deutschland.
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