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Mathias Friedrichs, GfK Wie Unternehmen ihre Markenstrategie in die Post-Covid-Zeit retten können

In Pandemie-Zeiten waren viele Marken aus dem FMCG-Bereich mit Premium-Strategien erfolgreich. Aktuelle Entwicklungen legen ein Umdenken nahe. (Bild: picture alliance/dpa | Jörg Carstensen)
Während der Corona-Pandemie hat sich in vielen Branchen eine Premium-Markenstrategie als Erfolgsrezept erwiesen. In Zeiten von Lockdown und Kontaktbeschränkungen haben Konsumierende die für Reisen und Restaurantbesuche geplanten Ausgaben anderweitig investiert. Höherwertige Haushaltsgeräte, Fernseher und Laptop waren sehr gefragt. Aber auch der Bereich Fast Moving Consumer Goods konnte von diesem Trend profitieren.
Wie Analysen unseres GfK Consumer Panels zeigen, haben 2021 Premium-Marken im FMCG-Bereich (exkl. „Frische“) im Vergleich zum Vorjahr klare Zugewinne realisiert. So konnten sich Premium-Herstellermarken mit 6,2 Prozent Wachstum deutlich positiver als der Markendurchschnitt (+2,4 Prozent) entwickeln. Premium-Handelsmarken zeigen mit + 8,5 Prozent ebenfalls einen sehr positiven Trend, auch wenn sie in Summe betrachtet im Gesamtmarkt noch eine untergeordnete Rolle spielen. Eine Premium-Strategie scheint sich also während der Pandemie ausgezahlt zu haben.
Post Covid: Premiumisierung nur schwer zu halten
Seit Beginn des neuen Jahres gibt es allerdings erste Anzeichen für eine Abschwächung dieser Entwicklung. Einige Verbrauchersegmente greifen angesichts hoher Inflationsraten und steigender Preise durch Transport- und Rohstoffkosten wieder vermehrt zu günstigeren Produkten oder geben insgesamt weniger aus. So konnten wir im Februar 2022 zum ersten Mal seit langer Zeit im FMCG-Markt einen tendenziellen Trading-Down-Effekt beobachten, weil Verbraucher stärker auf Sonderpreise und / oder auf Handelsmarken zurückgegriffen haben.
Lässt man die pandemiebedingten Sondereffekte außen vor, ist die Qualitätsorientierung der Konsumierenden bereits seit zwei Jahren rückläufig.
Dies wird aus unserer globalen Trendstudie „GfK Consumer Life“ klar ersichtlich. Gleichzeitig wurde der Preis im letzten Jahr wieder zum wichtigsten Kaufentscheidungsfaktor.
Die Folgen des Ukraine-Krieges in diesem Kontext sind zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht verlässlich abzuschätzen. Es deutet sich aber eine tiefe Verunsicherung der Verbraucher an, die vermutlich auch zu einer tendenzielle Zurückhaltung beim persönlichen Konsum führen wird. Im März stürzte der Indikator für die Konjunkturerwartung im GfK Konsumklimaindex um 33 Punkte ab. Das ist der stärkste Einbruch seit Beginn der Pandemie vor nunmehr zwei Jahren. Noch ist unklar, wie lange der Krieg noch andauert, und ob sich die Stimmung der Verbraucher schnell erholen wird. Dies alles sind Rahmenbedingungen, die eine erfolgreiche Premium-Strategie erschweren.
Strategische Markenführung: Den richtigen Weg zwischen „Premium“ und „Volumen“ finden
Für Markenverantwortliche kommt es darauf an, die richtige Balance in der Markensteuerung zwischen Premiumangeboten und Absatzvolumen zu finden. Jede Marke und jedes Unternehmen benötigt einen individuellen Ansatz, sich in diesen Kategorien zu positionieren und zu entwickeln. Dafür sind belastbare Kennziffern unerlässlich, die den Beitrag der Marke zu Preis-Premium und Absatzvolumen quantifizieren.
Dafür haben wir bei GfK den Brand Strength Index entwickelt. Er wird aus den Dimensionen „Premium“ und „Volumen“ gebildet. Der Faktor „Premium“ steht dabei für die Kraft der Marke, ein Preis-Premium durchsetzen und halten zu können. Die Dimension „Volumen“ beschreibt die Fähigkeit der Marke, eine breite Zielgruppe vom Kauf zu überzeugen.
Das Markenmanagement-System „GfK Brand Architect“, zu dem der Index zählt, misst dabei die Markenstärke aus Sicht der Konsumierenden. Das erfolgt durch die realistische Nachbildung der Kaufentscheidung am Regal – und nicht über eine schlichte Kaufabsicht auf einer Skala von 1 bis 10. Dieses Vorgehen prognostiziert den realen Markterfolg deutlich genauer als herkömmliche Markenkennzahlen und bietet Markenführenden eine valide Basis für das Festlegen ihrer Markenstrategie unter Berücksichtigung von Premium und Volumen.
Erfolgsfaktoren für den Premiumansatz: Brand Attachment und Purpose
Hinzu kommt: Die Markentreue von Konsumierenden hat in den letzten Jahren abgenommen. Käufer verwenden innerhalb eines Segments inzwischen gerne mehrere Marken parallel. Beispiel Haarpflege: Der Kunde greift bei Shampoos vielleicht zu einer Handelseigenmarke, ergänzt diese um eine hochpreisige Haarspülung und entscheidet sich dann für die Haarpflege für eine Naturkosmetikmarke. Diese Flexibilität macht die Planung für Markenverantwortliche noch komplexer.
Genau zu verstehen, aus welchen Gründen sich Konsumierende für welche Produkte entscheiden, hilft, (potenzielle) Kunden zielgerichtet anzusprechen und Marketingbotschaften genau auf ihre Bedürfnisse abzustimmen. Zwei zentrale Treiber sind dabei das emotionsbasierte Brand Attachment sowie die Werte und der Purpose, für den eine Marke steht.
• Self-Connection, die Verbindung zur Persönlichkeit des Käufers
• Self-Projection, die Darstellung der Persönlichkeit des Käufers nach außen
• Gratification, die Freude beim Kauf und bei der Verwendung der Marke
Interessant dabei ist, dass erfolgreiche Marken sowohl eine nach innen gerichtete Beziehung zum Käufer und seinen individuellen Eigenschaften herstellen, gleichzeitig es Käufern aber auch ermöglichen, diese Einstellungen nach außen zu kommunizieren.
Marken müssen Werte und Überzeugungen widerspiegeln
Ein zweiter wichtiger Aspekt sind die Werte und der Purpose, den eine Marke vertritt. So gibt inzwischen mehr als ein Viertel der Deutschen an, ausschließlich Produkte zu kaufen, die zu ihren persönlichen Werten und Überzeugungen passen. FMCG-Marken, die nicht nur ein funktionales Versprechen kommunizieren, sondern als Value & Purpose Brand auftreten, verzeichneten während der Pandemie ein Wachstum von 21 Prozent. Rein funktionale Marken wuchsen im gleichen Zeitraum lediglich um 9 Prozent.
Ein zentraler Value ist dabei die Nachhaltigkeit. So sind aktuell mehr als zwei Drittel aller deutschen Konsumierenden der Meinung, dass Unternehmen umweltfreundlich handeln sollten.
Nachhaltig orientierte Zielgruppen sind auch dazu bereit, einen höheren Preis für grüne Produkte zu zahlen als für herkömmliche Marken. Das ist eine wertvolle Nische für Markenverantwortliche. Um zum Beispiel Haarpflege zurückzukehren: In diesem Bereich ist Nachhaltigkeit einer der zentralen Treiber für Premiummarken. Kunden zahlen gerne ein Premiumaufschlag für Marken, die sie beispielsweise mit natürlichen Inhaltsstoffen oder frei von schädlichen Chemikalien assoziieren. Mit diesem Wissen können Markenverantwortliche ihre Marken- und Marketingstrategie zielgruppengenau gestalten.
Mit valider Markenmessung zum Erfolg
Für eine Premium-Markenstrategie sind Emotionen, Werte und Purpose in der Markenführung unerlässlich. Insbesondere im aktuellen Marktumfeld sollte die Entscheidung für eine Premiumisierung der Marke gut abgewogen werden. Auch wenn immer mehr coronabedingte Einschränkungen fallen, sind die Verbraucher durch den Ukraine-Krieg stark verunsichert und werden sich vermutlich beim Konsum zurückhalten.
Eine weitere Kaufbarriere stellt in diesem Kontext die steigende Inflation dar, was insbesondere Premiumprodukte treffen könnte – also die Produktgruppe, die in der Pandemie von dem Budget der entgangenen Urlaubsreise profitiert hat.
Grundsätzlich gilt es, hier die richtige Balance zwischen premium- und volumenorientiertem Management zu finden und fortlaufend anzupassen. Konsumentenorientiertes, realistisches Tracking der Markenstärke und ihrer Treiber bietet dabei die Grundlage für die Entwicklung einer erfolgreichen Strategie. Zudem informiert sie über Fortschritte, ermöglicht kontinuierlich taktische Anpassungen und schafft so die Grundlage für ein erfolgreiches Markenmanagement auch in einem herausfordernden Umfeld.
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