Umfrage zum Ansehen des Berufsbilds Marktforschung Wie ist das Ansehen der Marktforschenden in Deutschland?

Ärzte, Piloten, Feuerwehrleute: Von diesem Image sind Marktforschende (noch) weit entfernt (Collage: marktforschung.de)
Gibt es Zahlen zum Image der Marktforschungsbranche?
Die Marktforschung erforscht so ziemlich alles. Es gibt Umfragen z.B. zum Image von Ärzten, Architekten, Wissenschaftlern, Landwirten, Rezeptionisten, Lkw-Fahrern, Unternehmensberatern und Bergleuten. Nur, wenn es um das Image des eigenen Berufsstands geht, ist die Suche wenig ergiebig. In einer der wenigen veröffentlichen Studien attestierte Infratest dimap 2009 der Branche ein hohes Ansehen. Neun von zehn Bundesbürgern (89 Prozent) stimmten damals der Aussage zu, dass "Meinungsumfragen wichtig sind, da man sich ein Bild machen kann, wie die Bevölkerung zu verschiedenen Themen steht". Seitdem sind zwölf Jahre vergangen. Es gab zwischenzeitlich die Enthüllungen des Spiegels in der Akte Marktforschung, es gab die Wahl von Donald Trump trotz anderslautender Prognosen. Wie also ist das Ansehen des Berufs Marktforscher aktuell?
Kann mit Hilfe von Marktforschung das Ansehen des Berufsbildes überhaupt erhoben werden?
Vom methodischen Gesichtspunkt her ist die Frage schwierig, da davon auszugehen ist, dass vor allem Menschen an Umfragen mitmachen, die der Marktforschungsbranche – und somit ihren Mitarbeitern gegenüber – tendenziell positiv gegenüber eingestellt sind. Kaum jemand wird sich freiwillig in einem Online-Panel registrieren, der die Marktforschungsbranche grundsätzlich ablehnt. Es ist davon auszugehen, dass die Stichprobe ein Selection-Bias hat, der durchaus Auswirkungen auf die Ergebnisse hat.
Unter der plausiblen Bedingung, dass der Selection-Bias konstant bleibt, können durch die wiederholte Erhebung mögliche Veränderungen im Ansehen über die Zeit abgebildet werden. Die Stichprobe erhebt nicht den Anspruch auf Repräsentativität, sollte von den Randverteilungen allerdings im Zeitverlauf konstant bleiben.
Zum Zweiten ist interessant, wie das Ansehen der Marktforschenden in verschiedenen soziodemographischen Gruppen variiert. Drittens ist interessant, wie das Ansehen der Marktforschenden im Vergleich zu anderen Berufen eingestuft wird.
Wie wurde das Ansehen der Marktforschenden erhoben?
Trotz all dieser methodischen Bedenken hat sich marktforschung.de, mit Unterstützung des Talk Online-Panels bei der Feldarbeit, dazu entschlossen, zukünftig regelmäßig das Ansehen der Marktforschenden zu erheben. Die Stichprobe der ersten Welle wurde vom 15.4. – 22.4.2021 erhoben. Befragt wurden 1.004 Personen aus Deutschland. Quotiert wurde ausgehend von den repräsentativen Randverteilungen des statistischen Bundesamts 2018 für die Bevölkerung wohnhaft in Deutschland ab 16 Jahren. Die Daten sind für die erste Welle ungewichtet analysiert worden.
Erhoben wurde das Ansehen von 20 Berufen mit folgender Frage:
Wir möchten von Ihnen wissen, welches ANSEHEN verschiedene Berufe Ihrer Meinung nach heute in Deutschland haben. Geben Sie bitte für jeden Beruf einen Wert von 0 bis 10 an.
0 bedeutet, dass der Beruf ein "sehr geringes Ansehen" hat und 10 ein "sehr hohes Ansehen". Mit den Werten dazwischen können Sie Ihre Meinung abstufen.
Wie hoch ist Ihrer Meinung nach heute das Ansehen von <Beruf1-20> [randomisierte Einspielung] in Deutschland?
Wie ist aktuell das Ansehen des Berufsbilds „Marktforscher in Deutschland“?
Das Berufsbild Marktforscher erreicht in der Stichprobe einen Wert von 5,0. Im Vergleich zu den anderen 20 erhobenen Berufsbildern landet das Berufsbild damit im hinteren Mittelfeld, wobei der Rangplatz stark davon abhängig ist, welche Berufe zum Vergleich abgefragt werden. Die Verteilung der Bewertungen ähnelt dabei einer Normalverteilung, was insgesamt für ein wenig polarisierendes Image spricht. Ganz im Gegenteil z.B. zum Ansehen von Ärzten, deren Bewertung eine rechtsschiefe Verteilung aufweist und viele positive Bewertungen erzielt. Die Verteilung der Pfarrer weist im Vergleich dazu vergleichsweise viele negative Urteile auf.

Wie verteilen sich die Bewertungen zu den Marktforschenden?
Dementsprechend erzielt das Berufsbild Arzt mit einem Wert von 8,4 auch den besten Wert in der Stichprobe. Das gute Abschneiden von Medizinern findet sich ähnlich z.B. in einer YouGov-Umfrage für die Initiative für Markt- und Sozialforschung oder der OpinionTrain-Umfrage von Rogator zum Image von Unternehmensberatern wieder. Mit deutlichem Abstand punktgleich auf Platz 2 landen Piloten und Feuerwehrleute mit einem Wert von 7,5. Am hinteren Ende der Verteilung befindet sich das Berufsbild Reinigungskraft mit einem Wert von 3,6. Knapp davor landet das Berufsbild des Politikers mit einem Wert von 4,0. Tabellennachbarn der Marktforscher sind die Berufsbilder Journalisten, Landwirte, Unternehmensberater, Pfarrer und Fernfahrer.
Wie hoch ist Ihrer Meinung nach heute das Ansehen verschiedener Berufsbilder?
Berufsbild | Mittelwert |
---|---|
Arzt/ Ärztin | 8,4 |
Pilot*in | 7,5 |
Feuerwehrmann/-frau | 7,5 |
Ingenieur*in | 7,3 |
Rechtsanwalt / -anwältin | 7,1 |
Unternehmer*in | 6,5 |
Kranken- und Altenpfleger*in | 6,4 |
Handwerker*in | 6,4 |
Polizist*in | 6,2 |
Fußballprofi | 6,1 |
Lehrer*in | 6,0 |
Journalist*in | 5,3 |
Landwirt*in | 5,1 |
Unternehmensberater*in | 5,1 |
Marktforscher*in | 5,0 |
Pfarrer*in / Geistliche | 4,7 |
Fernfahrer*in | 4,6 |
Versicherungskaufleute | 4,2 |
Politiker*in | 4,0 |
Reinigungskraft | 3,6 |
Das Ansehen der Berufsbilder getrennt nach Frauen und Männern
Betrachtet man die Ergebnisse im Geschlechtervergleich, so zeigt sich, dass das Ansehen der Marktforschenden fast identisch bei Männern und Frauen ist. Ein Unterschied ist bei einer Differenz von -0,04 faktisch nicht vorhanden.
Deutlichere Unterschiede gibt es bei den Berufsbildern Reinigungskraft, Landwirten, Handwerkern, Unternehmensberatern, Rechtsanwälte und Politikern.
Nach Geschlecht: Ansehen verschiedener Berufsbilder
Berufsbild | männlich | weiblich | Differenz |
---|---|---|---|
Reinigungskraft | 3,1 | 4,1 | -1,0 |
Landwirt*in | 4,7 | 5,5 | -0,8 |
Handwerker*in | 6,0 | 6,7 | -0,7 |
Fernfahrer*in | 4,3 | 4,9 | -0,6 |
Kranken- und Altenpfleger*in | 6,2 | 6,7 | -0,5 |
Feuerwehrmann/-frau | 7,4 | 7,7 | -0,3 |
Marktforscher*in | 4,9 | 5,0 | 0,0 |
Pfarrer*in / Geistliche | 4,7 | 4,6 | 0,0 |
Ingenieur*in | 7,4 | 7,3 | 0,1 |
Pilot*in | 7,6 | 7,4 | 0,1 |
Lehrer*in | 6,1 | 6,0 | 0,2 |
Polizist*in | 6,3 | 6,1 | 0,2 |
Arzt/ Ärztin | 8,5 | 8,3 | 0,2 |
Unternehmer*in | 6,6 | 6,3 | 0,3 |
Journalist*in | 5,4 | 5,1 | 0,3 |
Versicherungskaufleute | 4,4 | 3,9 | 0,5 |
Fußballprofi | 6,4 | 5,7 | 0,7 |
Unternehmensberater*in | 5,5 | 4,7 | 0,8 |
Rechtsanwalt / -anwältin | 7,5 | 6,7 | 0,8 |
Politiker*in | 4,5 | 3,5 | 1,0 |
Das Ansehen der Berufsbilder in verschiedenen Altersgruppen
Das Ansehen des Berufsbilds Marktforscher unterscheidet sich kaum zwischen den Altersgruppen. Ganz im Unterschied zu anderen Berufsbildern: Jüngere bewerten die Berufsbilder Kranken- und Altenpfleger, Handwerker, Feuerwehrleute und Fernfahrer deutlich negativer. Dagegen ist das Ansehen von Versicherungskaufleuten, Fußballprofis, Unternehmensberatern und Politikern deutlich besser bei jungen Leuten.
Senioren hingegen schauen besonders positiv auf Ärzte, Feuerwehrleute, Piloten und Kranken- und Altenpfleger.
Nach Altersgruppen: Ansehen verschiedener Berufsbilder
Berufsbild | Jünger als 30 | 30-60 | Älter als 60 | Differenz (<30 vs. 60+) |
---|---|---|---|---|
Kranken- und Altenpfleger*in | 5,5 | 6,2 | 7,2 | -1,8 |
Handwerker*in | 5,5 | 6,1 | 7,2 | -1,7 |
Feuerwehrmann/-frau | 6,5 | 7,4 | 8,2 | -1,7 |
Fernfahrer*in | 3,7 | 4,4 | 5,3 | -1,6 |
Landwirt*in | 4,4 | 5,0 | 5,7 | -1,2 |
Reinigungskraft | 3,0 | 3,4 | 4,1 | -1,1 |
Pfarrer*in / Geistliche | 4,1 | 4,6 | 5,0 | -0,9 |
Pilot*in | 7,0 | 7,5 | 7,8 | -0,8 |
Polizist*in | 5,9 | 6,0 | 6,5 | -0,6 |
Lehrer*in | 5,9 | 5,9 | 6,4 | -0,4 |
Arzt/ Ärztin | 8,4 | 8,2 | 8,7 | -0,3 |
Ingenieur*in | 7,3 | 7,3 | 7,5 | -0,2 |
Journalist*in | 5,3 | 5,2 | 5,4 | -0,1 |
Marktforscher*in | 5,1 | 4,9 | 5,0 | 0,1 |
Rechtsanwalt / -anwältin | 7,5 | 7,1 | 7,0 | 0,5 |
Unternehmer*in | 6,9 | 6,5 | 6,2 | 0,6 |
Versicherungskaufleute | 4,8 | 4,1 | 4,0 | 0,8 |
Fußballprofi | 6,3 | 6,4 | 5,4 | 0,9 |
Unternehmensberater*in | 5,7 | 5,0 | 4,8 | 0,9 |
Politiker*in | 4,7 | 4,0 | 3,6 | 1,1 |
Fazit: Noch viele Fragen offen, aber…
Ob das Ansehen von Marktforschenden gut oder schlecht ist, hängt letztlich vom Auge des Betrachters ab. Gerade mal 20 Berufsbilder wurden in Welle 1 untersucht, so dass die Datenlage noch viele Fragen offenlässt. Folgendes lässt sich aber bereits jetzt festhalten:
- Es gibt Luft nach oben. Ein Mittelwert von 5 auf einer Skala von 0 bis 10 zeigt, dass es Steigerungspotenzial gibt. Das umso mehr, da wir aufgrund der marktforschungsaffinen Stichprobe davon ausgehend sollten, dass die Werte tendenziell zu positiv ausfallen.
- Es ist wenig überraschend, dass das Ansehen von Ärzten, Piloten und Feuerwehrleuten deutlich besser als das von Marktforschern ist. Erstaunlich ist, dass das Ansehen der Marktforscher ähnlich gut oder schlecht wie das von Pfarrern und Unternehmensberatern ist. Beides Berufsbilder, die durch die katholische Kirche und EY aktuell – im Unterschied zu Marktforschern – fast täglich negativ in den Schlagzeilen auftauchen und wogegen sich die Akte Marktforschung fast wie ein Kinkerlitzchen ausnimmt.
- Dennoch schaffen es zumindest die Unternehmensberater beim Nachwuchs deutlich besser dazustehen als Marktforscher. Das schlechte Image der Consultingbranche liegt vor allem an der kritischen Sicht der Senioren, ist aber bei den unter 30jährigen um 0,6 PP besser als das der Marktforscher. Hier könnte es zukünftig interessant sein weitere Berufsbilder zu erheben, die mit der Marktforschungsbranche unmittelbar im Kampf um die besten Talente stehen.
Die entscheidenden Fragen aber sind:
1) Wie kann das Ansehen der Marktforschungsbranche verbessert werden?
Und 2) Wer nimmt sich der Sache an?
/hg
Methodik
Erhebungsmethode | Online-Umfrage im Talk Online Panel |
Erhebungszeitraum | 15. - 22. April 2021 |
Befragte Zielgruppe | Erwachsene ab 16 Jahren |
Stichprobengröße | n = 1.004 |
Hinweis zur Collage: Wir haben uns erlaubt hier Fotos von Marktforschenden zu verwenden, die in den letzten Monaten auf marktforschung.de redaktionell erwähnt wurden und deren Fotos uns deshalb vorlagen. Falls jemand der Abgebildeten sein Foto nicht im Kreis der Marktforschenden abgebildet sehen möchte, erbitten wir um eine kurze Nachricht an redaktion [at] marktforschung.de. Dann ändern wir das gerne ab. Die restlichen Bilder stammen von Pixabay und Rawpixel.
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