Interview mit Hans Reitmeier, Heinrich Fischer und Martin Sippel Wie die "Research & Results" nach München kam

marktforschung.de: Herr Reitmeier, Herr Fischer, Herr Sippel, im Jahr 2006 haben Sie sich dazu entschlossen, aus Ihrer Fachzeitschrift "Research & Results" heraus eine Marktforschungsmesse zu initiieren. Wie kam es seinerzeit zu diesem Entschluss?
Heinrich Fischer: Seit wir 2004 die Zeitschrift "Research & Results" ins Leben riefen, waren wir auch auf der Suche nach Expansionsmöglichkeiten. Als wir von einer Marktforschungsmesse in Frankreich erfahren haben, haben wir die Semo im Jahr 2005 besucht und da ist gleich der Funke übergesprungen. Wir hatten dann das Glück, dass wir mit unserem Konzept in Deutschland mit offenen Armen erwartet wurden und sehr viel Unterstützung seitens der Institute und Zulieferer erhalten haben.
marktforschung.de: Ihr Unternehmen ist in München ansässig, Sie kennen die Stadt gut – gab es überhaupt Überlegungen, die Messe nicht in der bayerischen Landeshauptstadt anzusiedeln?
Martin Sippel: Ganz ehrlich? Am Anfang war uns München aus persönlichen Gründen am nächsten. Wir stammen alle drei aus dem Münchener Raum. Vereinzelt gab es zwar Anfragen, den Standort zu verlegen – besonders häufig wird dann Nürnberg genannt –, aber München erhält in Besucherumfragen sehr gute Noten. Letztes Jahr vergaben 78 Prozent der Befragten die Noten eins oder zwei für den Standort. Im Nachhinein betrachtet ist München genau der richtige Ort für die "Research & Results". Außerdem hilft räumliche Nähe organisatorisch.
Konzentration der DAX-Konzerne ist ein Vorteil Münchens
marktforschung.de: Was zeichnet den Standort München aus?
Hans Reitmeier: Da ist zum einen der enorme Vorteil, dass München die Stadt mit den meisten DAX-Unternehmen ist. Das Potenzial an hochkarätigen betrieblichen Marktforschern, die sich spontan für einen Messebesuch entscheiden können, ist also relativ groß. Zum anderen ist München und das Umland ein attraktives Reiseziel. Das Flair der Stadt und die Landschaft in den Landkreisen sind für Aussteller und Besucher ein zusätzliches Argument für eine Messeteilnahme.
marktforschung.de: Haben Sie mit der Erfahrung der vergangen Jahre auch Standortnachteile ausgemacht?
Martin Sippel: Eher das Gegenteil ist der Fall. In den Anfängen der Messe hatten wir noch keine Ahnung, wie international sich die "Research & Results" entwickeln wird. Unsere Aussteller kommen aus mehr als 20 Ländern. Da ist es natürlich von Vorteil, den zweitgrößten Flughafen Deutschlands in der Nähe zu haben, der von jedem Kontinent direkt angeflogen werden kann.
Hans Reitmeier: Zusätzlich ist das MOC der ideale Veranstaltungsort mit der passenden Infrastruktur. Das Areal ist nicht so groß, sodass die zwei belegten Hallen nicht in einem riesigen Messegelände untergehen. Wenn man zum Messegelände kommt, sind die Veranstaltungshallen sofort sichtbar.
marktforschung.de: Mittlerweile schauen Sie auf 10 Veranstaltungen zurück – und damit bestimmt auch auf so manche Anekdote. Gibt es ein Messeereignis, das Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?
Heinrich Fischer: In Erinnerung geblieben ist zweifelsfrei der Feuer-Fehlalarm, den wir einmal hatten. Handwerker hatten in einer Nachbarhalle mit einer Leiter den Alarmknopf eines Feuermelders versehentlich aktiviert. Es lief gerade eine Präsentationsschiene und alle Workshopräume sowie die Hallen mussten geräumt werden. Da gefriert einem als Veranstalter erst einmal das Blut in den Adern, damit hatten wir nicht gerechnet. Es spricht aber für das Interesse der Besucher, dass sich nach der Entwarnung die Hallen und Workshopräume wieder schnell gefüllt haben.
Messe verändert sich mit den Branchenentwicklungen
marktforschung.de: Inzwischen hat sich die Messe in der Branche fest etabliert. Inwieweit gibt es aus Ihrer Sicht noch Entwicklungsmöglichkeiten, um die Attraktivität der Veranstaltung weiter zu erhöhen?
Hans Reitmeier: Wir als Veranstalter haben ja eher die Rolle des Organisators und Moderators inne. Die Themen an den Ständen und in den Workshops werden von den Ausstellern gesetzt, die im stetigen Dialog mit ihren Kunden sind. Das heißt, dass sich mit den Branchenentwicklungen auch die Messe weiter verändern wird. Dieses Jahr haben wir im Workshopprogramm erstmals die Themen Virtual Reality und agiles Projektmanagement.
marktforschung.de: Sehen Sie für die nächsten Jahre bestimmte Trends, die die Messe inhaltlich aufgreifen muss?
Martin Sippel: Neben den vieldiskutierten neuen Methoden und Instituten steht die Branche selbst natürlich im Mittelpunkt. Welche Wachstumspotenziale ergeben sich durch die Digitalisierung, wie gehen wir mit dem Datenschutz um und wie entwickelt sich die Branche generell? Das sind Fragen, mit denen sich diverse Verbände schon in den letzten Jahren in den Workshops auseinandergesetzt haben. In diesem Jahr veranstalten wir von "Research & Results" auch eine Podiumsdiskussion mit dem Thema: "Marktforschung – Auslaufmodel oder innovativer Problemlöser?"
marktforschung.de: In Deutschland besitzen Sie mit der "Research & Results" ein gewisses Alleinstellungsmerkmal. Dennoch ist die Marktforschungsbranche ja durchaus von einer großen Internationalität geprägt. Wie bewerten Sie vor diesem Hintergrund die Konkurrenz durch internationale Fachmessen?
Heinrich Fischer: Reine Fachmessen gibt es ja nicht so viele. Die "Insight Show" in London, die "Printemps des Études" in Paris und "Quirk’s", der nächstes Jahr an der West- und an der Ostküste der USA den gleichnamigen Event veranstalten wird. Ich weiß nicht, wie sich "The Quirk’s Event" in den Vereinigten Staaten entwickelt, aber in Europa sind wir die größte Messe für Marktforschung und der Brexit wird wohl auch dazu beitragen, dass wir diese Marktführung behalten werden.
marktforschung.de: Zum Abschluss noch eine etwas persönlichere Frage: Die beiden Messetage sind für Sie sicherlich mit sehr viel Stress verbunden. Wie gelingt es Ihnen auf dem Messegelände, mal für ein paar Minuten abzuschalten? Haben Sie einen Geheimtipp?
Martin Sippel (lacht): Das müssen Sie Herrn Reitmeier fragen, er ist von uns am ruhigsten.
Hans Reitmeier: Die Ruhe ist natürlich nur äußerlich. Wenn man ein Dreivierteljahr auf ein Ereignis hinarbeitet, dann will man auch, dass alles klappt. Gott sei Dank haben wir ein eingespieltes Team. Es hilft zu wissen, dass man sich aufeinander verlassen kann. Und wenn gar nichts mehr geht, dann wirkt ein Gang um den Block manchmal Wunder.
Das Interview führte Thorsten Treder.
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