Maximilian Matthe, Daniel M. Ringel, Prof. Dr. Bernd Skiera Wettbewerbsanalysen auf Basis der Digitalen Sichtbarkeit

Wettbewerbsanalyse
Eine Wettbewerbsanalyse sollte drei wesentliche Fragen beantworten:
- Welche Wettbewerber sind im Markt?
- Wie erfolgreich sind sie?
- Was sind ihre Wettbewerbspositionen? (d.h.: wer konkurriert wie stark mit wem? Gibt es verschiedene Gruppen von stark konkurrierenden Wettbewerbern?)
Gemeinsam bilden die Antworten auf diese drei Fragen die Basis für eine erfolgreiche Unternehmensstrategie.
Herausforderung in der Wettbewerbsanalyse
Welche Wettbewerber sind im Markt? Diese Frage ist bereits oft nicht einfach zu beantworten. Einerseits konkurrieren die meisten Anbieter nicht nur in einem einzelnen Bereich im Markt. So bietet eine Bank bspw. nicht nur ein Girokonto an, sondern auch Kredite oder Produkte zur Altersvorsorge. In jedem dieser Bereiche gibt es andere Wettbewerber. Andererseits konkurrieren Anbieter heute auch an mehreren Stellen der Wertschöpfungskette. So bieten Banken ihren Kunden nicht nur klassische Bankprodukte (wie Girokonten und Kredite) und konkurrieren bei diesen Produkten hauptsächlich mit anderen Banken. Sie bieten bspw. auch Informationen zu Finanzprodukten und -Themen und haben dort ganz andere Wettbewerber wie Informations- oder Vergleichsportale. Lässt sich also überhaupt von "dem Markt" und "den Wettbewerbern" sprechen?
Neue Ansätze aus der Forschung
Solchen Fragen widmet sich ein Team von Wissenschaftlern der Goethe-Universität in Frankfurt sowie der University of North Carolina in Chapel Hill (USA). Sie entwickeln neue datenbasierte Ansätze zur Wettbewerbsanalyse. Ein solcher Ansatz basiert auf der Auswertung von Daten zur "Digitalen Sichtbarkeit". Diese Daten beschreiben im Kern die Auffindbarkeit von Unternehmen in den organischen Ergebnissen der Online-Suche, zum Beispiel bei Suchmaschinen wie Google. Die Idee: Eine hohe Sichtbarkeit in den Ergebnissen erzeugt viel Traffic auf die Webseite. Zudem ist es ein Indikator für Relevanz beim Kunden. Solche Daten zur digitalen Sichtbarkeit sind für Millionen von Suchanfragen und Unternehmen tagesaktuell verfügbar.
Marktstrukturarten als Analysewerkzeug
Um die Komplexität solcher Daten handhabbar zu machen nutzen die Forscher sogenannte "Market Maps", also zweidimensionaler Karten, die alle Wettbewerber eines Markts und deren Beziehungen zueinander abbilden. Auf diesen Karten werden einzelne Wettbewerber durch Punkte so dargestellt, dass starke Wettbewerber nah zusammen auftauchen. Dahinter stecken neue Algorithmen, u.a. aus dem maschinellen Lernen, die solche Karten aus großen Datenmengen erzeugen. Grundlage sind dabei immer Informationen darüber, welche Anbieter im Markt eine starke Wettbewerbsbeziehung haben (d.h., sich einander "ähnlich sind"). Bei der Online-Suche lässt sich eine solche Ähnlichkeit bspw. daraus ableiten, welche Anbieter gemeinsam in den Suchergebnisseiten (SERPs) auftauchen oder ähnliche Kurzbeschreibungen ("Snippets") verwenden.
Beispiel: der U.S.-Banken-Markt
Welche Erkenntnisse solche Analysen liefern können zeigt ein Beispiel aus dem Privatkundengeschäft der U.S.-Banken. Auf der folgenden Karte zeigt jeder Punkt die Position eines einzelnen Anbieters im Markt. Dabei erscheinen stark konkurrierende Anbieter eng beisammen, während schwach konkurrierende Anbieter weiter voneinander entfernt liegen. Die Karte zeigt, dass es nicht "einen Markt" gibt, sondern unterschiedliche "Teilmärkte" (zu erkennen an den unterschiedlich eingefärbten getrennten Gruppen von Anbietern, die stark untereinander konkurrieren).

Was bedeutet das konkret für eine Wettbewerbsanalyse? Verdeutlichen lässt sich das mit Hilfe der "Bank of America". Diese taucht nicht nur an einer Stelle im Markt auf, sondern ist in mehreren Teilmärkten vertreten. Im nächsten Bild zeigt jeder hervorgehobene Punkt die Position der Bank of America in einem Teilmarkt. Zudem zeigt die Größe jedes Punktes wie sichtbar sie im jeweiligen Teilmarkt ist.

Zu erkennen ist: In jedem dieser Teilmärkte ist die Bank of America unterschiedlich stark vertreten. So kann sie im Teilmarkt "Accounts" (also "Girokonten") eine hohe Sichtbarkeit erlangen (deutlich durch den großen grünen Punkt), wohingegen sie im Teilmarkt "Credit Cards" (also "Kreditkarten") deutlich weniger sichtbar ist (deutlich durch den kleineren lila Punkt). Zudem hat sie in jedem dieser Teilmärkte unterschiedliche Wettbewerber, wie die nächsten beiden Abbildungen zeigen, in denen wir näher an ihre jeweilige Position heranzoomen:

Bei Girokonten sind die stärksten Wettbewerber hauptsächlich andere Banken - wie bspw. "Wells Fargo". Im Vergleich zu denen ist die Bank of America deutlich sichtbarer (zu erkennen am größeren Punkt).

Bei Kreditkarten ergibt sich ein anderes Bild. Hier ist nur noch eine Bank unter den Wettbewerbern (Capital One) - und auch nur ein einzelner Kreditkartenanbieter (Mastercard). Der größte Teil der Wettbewerber besteht aus Informations- und Vergleichsportalen, die diesen Teilmarkt auch in puncto Sichtbarkeit dominieren.
Fazit
Wettbewerbsanalysen bilden die Basis jeder fundierten Marketingstrategie, bieten in den heutigen Märkten jedoch einige Herausforderungen. Daten zur Digitalen Sichtbarkeit und "Market Maps" können hier helfen indem sie den Wettbewerb im digitalen Umfeld umfassend und detailliert darstellen. Damit liefern sie unmittelbar wertvolle Informationen für eine erfolgreiche Online-Marketing-Strategie.
Zudem: Erfolg im Online-Bereich kann auch Offline ein wichtiger Erfolgsfaktor sein. Somit beschränken sich die Erkenntnisse aus der Wettbewerbsanalyse längst nicht nur auf den Kontext der Online-Suche, sondern können auch für die generelle Marketingstrategie von Nutzen sein.
Über die Autoren
/jre
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