Werbewirkungsforschung braucht grundlegende Kenntnis über die Funktions- und Nutzungsweise von Medien und Werbeformen

Von Andrea Eckes, Director Digital bei d.core consulting & research
Wenn Flachbildfernseher mit geilen Sprüchen und Pumps mit spitzen Schreien beworben werden, dann schlägt die Stunde der Werbeforscher. Um die Wirkung und die Effekte einer Kampagne benennen und quantifizieren zu können, müssen eine Vielzahl möglicher Einflussfaktoren berücksichtigt werden: Wann beginnt die Kampagne? Welches ist die Kampagnenzielsetzung und was sind die Hauptkommunikationselemente? Eigentlich ganz einfach, würde man denken. In der Regel wird der Kampagnenstart, ebenso wie die verschiedenen Kampagnenflights mit dem jeweiligen Werbedruck und MediaMix genau geplant und gesteuert. Auch die Kreation wird oft aufwändig entwickelt, getestet und geprüft. Unter diesen Voraussetzungen kann die Wirkung über eine Pre- und Postmessung oder ein kontinuierliches Tracking und Modelling exakt gemessen und der Kampagne zugeordnet werden, jedoch sollte man nicht nur diese eine Kampagne, Flight oder Werbemittel im Forschungsansatz berücksichtigten.
Immer komplexer werdende Mediapläne und eine zunehmende Zahl an Mediengattungen, Kontaktmöglichkeiten und Feedbackkanälen stellen die Wirkungsforschung vor neue Herausforderungen.
In der Regel beginnt eine Werbemaßnahme nicht mit erst mit dem exakten Datum. Vielmehr baut sich ein Markenimage und Markenbild über einen langen Zeitraum auf – wer erinnert sich nicht mehr an "Ich habe gar kein Auto, Signorina" oder "Sie baden gerade Ihre Hände darin". Auch die parallele Berichterstattung in den Medien, gesellschaftliche Ereignisse oder die Diskussion einer Marke im Internet als direktem Feedback der Werbemaßnahmen sollten in der Analyse der Werbewirkung berücksichtigt werden. Hinzu kommt der Wandel in der Aufmerksamkeitsökonomie des Rezipienten: über unterschiedliche Kanäle wird die Zielgruppe mit immer mehr Werbebotschaften und Informationen über die Marke konfrontiert, sei es bewusst gesteuert durch den Werbetreibenden oder ungesteuert und unkontrolliert in Communities, Foren, Blogs, Twitter etc.. Zu klären ist zudem, ob je nach Medium, Nutzungsort und Werbeumfeld/Werbeträger unterschiedlich Rezeptionsverfassungen berücksichtigt werden sollten.
Weitere Komplexität und Herausforderungen entstehen durch die Kombination der Medienkanäle und deren unterschiedliche Art der Messbarkeit: kann im Internet jeder Kontakt, jede Aktion (Klick, Mouse Over, Engagement), Anteil der sichtbaren Fläche mit einem Display-Werbemittel und die Kontaktdauer technisch über eine Vollerhebung gemessen und an Befragungsdatensätze übergeben werden, so ist die Kontaktmessung in anderen Medien nur indirekt bzw. befragungsbasiert möglich. Es besteht auch ein allgemeiner Konsens, dass TV-Kontakte, Radio-, Print-, Online- oder Mobile-Kontakt nicht 1:1 vergleichbar sind.
Die Erwartungshaltung an die Leistungsfähigkeit eines Forschungsansatzes bzw. die zu erhaltenden Antworten sollten im Vorfeld klar definiert werden.
Insofern muss man sich bei der Wahl eines Werbewirkungsforschungsansatzes im Klaren sein, ob der gewählte Ansatz die eigene Fragestellung in ausreichendem Maße beantwortet. Zwar ermöglichen standardisierte Ansätze regelmäßig schnelle Informationen über Status quo oder Shifts sowie die Anwendung von Benchmarks und Branchenvergleichen. Es ist aber unmöglich alle relevanten Erkenntnisinteressen zu beantworten. Die Fragestellungen sind ebenso komplex und verschieden wie es die Mediengattungen und Mediapläne geworden sind.
Daher sollte je nach Fragestellung und Mediastrategie ein angepasstes Konzept entwickelt und meist verschiedene Ansätze kombiniert werden: Schlagwörter sind dabei Branding-Wirkung, ROI-Messung (was sind die relevanten KPIs) – Abverkaufssteigerung, Wirkungsbeitrag eines einzelnen Mediums, Wirkungsbeitrag eines einzelnen Werbeformats, Imagetransfer des Werbeträgers bzw. Mediums auf den Werbetreibenden, Share-of-Voice, Buzz, Influencer-Forschung, Ad-Responses-Modelling, Kontakt- und Engagement-Tracking etc. Das Aufsetzung einer Werbewirkungsmessung, sei es als Case Study oder als langfristiges, medienübergreifendes Tracking erfordert weit mehr als Forschungs- und Methodenknowhow und Benchmarking-Datenbanken. Vielfältige Kenntnis über die Funktions- und Nutzungsweise der Medien, die technischen Mess– und Erhebungsmöglichkeiten, sowie die nachgelagerte Erhebung des Nutzerreaktionen – am Point of Sale, im Internet oder am Smartphone sind für eine zielführende Wirkungsmessung unerlässlich.
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