Interview zum Web-Seminar am 02.02.2023, 11 Uhr Was User von Online-Shops erwarten: E-Commerce in 2023

2023 wird ein spannendes Jahr für den E-Commerce. Welche UX-Trends es geben wird und auf welche Tipps Konsumenten und Konsumentinnen achten sollen, erläutern Ariane Rahn, Dominik Unser-Nad von eye square sowie Jan Marks von VWO im folgenden Interview. Mehr Informationen zu diesen und weiteren spannenden Themen zu E-Commerce gibt es in ihrem Webinar am 02.02.2023.

Sie werden in Ihrem Web-Seminar die Ergebnisse Ihrer Studie “Was User von Online-Shops erwarten: E-Commerce in 2023” vorstellen. Was hat Sie an den Ergebnissen am meisten überrascht?

Ariane Rahn: Die Gerätepräferenz für Online Shopping hat mich überrascht. Obwohl die zunehmende Wichtigkeit einer mobil-optimierten Lösung immer betont wird, darf Desktop nicht außer Acht gelassen werden: Für einige Produktarten wird immer noch lieber am Laptop/PC als auf dem Smartphone geshoppt.

Des Weiteren hat überrascht, dass Nutzende trotz stetig wachsender Auswahl nur zwei bis vier Online-Shops aktiv nutzen. Ein weiterer Hinweis, warum es so wichtig ist, sich gegen die Konkurrenz durchzusetzen und Nutzende mit einer grandiosen User Experience an sich zu binden.

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Welche UX-Trends, die in 2022 im E-Commerce noch “in” waren, werden 2023 wieder “out” sein? Eine Prognose bitte.

Dominik Unser-Nad: Wir sehen eher Trends, die sich 2023 fortsetzen werden. Im Bereich Mode ist hier sicherlich die Diversität, z.B. Body-type aber auch Alter der Models eine schöne Entwicklung, die sich im Jahr 2023 noch weiter etablieren wird.  Für neue Lösungsansätze zur Minimierung der Retouren, wie z.B. Größenfinder oder die virtuelle Abmessung des Körpers, prognostiziere ich ein entscheidendes Jahr:

In unseren Studien beobachten wir, dass diese Features (noch) wenig genutzt werden, obwohl sie meiner Meinung Vorteile für beide Seiten bieten – dem Online Shop und Nutzenden.

Aber auch hier muss erwähnt werden, dass die User-Experience nicht im Online-Shop endet, sondern entscheidend für die Nutzung solcher Tools sind die Ergebnisse bei den Käuferinnen und Käufern zu Hause – also passt mir die empfohlene Größe oder nicht.

Bei Möbeln oder allgemein Einrichtungsgegenständen haben wir Augmented Reality Features, z.B. die Möglichkeit zu schauen wie das Möbelstück bei einem zu Hause aussehen wird, in den letzten Jahren bereits bei einzelnen Anbietenden gesehen, dieser Trend wird sich sicher im Jahr 2023 weiterentwickeln.  

Ariane Rahn: Ein weiterer Trend ist die Anbindung an Social Media. Während der bisherige Ansatz eher die Positionierung und erhöhte Sichtbarkeit der eigenen Marke war, geht die Entwicklung immer mehr dahin, dass auch Sales über Social Media Plattformen möglich werden, z.B. durch Live-Shopping Events.

Jan Marks: Neue Anforderungen werden sich durch das schwierige wirtschaftliche Umfeld ergeben. Verunsicherte und besonders sparsame Käufer und Käuferinnen besuchen die Online-Shops in Europa. Wir sehen derzeit viele A/B-Tests, die sich mit der Wirkung von Preisanpassungen, Preisnachläsen oder Best-Preis-Garantien beschäftigen.

Eine Sache, die im boomenden E-Commerce der letzten Jahre wichtig war, könnte im Jahr 2023 kontraproduktiv sein: das Upselling zur Maximierung des Warenkorb-Wertes. Hier zeichnet sich in einigen Branchen und Segmenten ab, dass weniger mehr sein könnte: die Verlängerung des Einkaufsprozesses und die gleichzeitige Erhöhung der Gesamtausgabe bergen heute das Risiko, dass der Kunde doch nochmal ins Portemonnaie schaut und vor der Bezahlung abbricht. Hier wird derzeit getestet, wie Upselling nach dem ersten Abschluss, d.h. von der Kaufbestätigungsseite aus gelingen kann.

Davon abgesehen, werden in Zeiten allgemeiner Verunsicherung alle vertrauensbildenden Maßnahmen eine noch größere Rolle spielen.

Viele Konsumenten und Konsumentinnen treffen Kaufentscheidungen insbesondere im E-Commerce anhand von Kundenbewertungen. Auf diese kann man jedoch nicht immer vertrauen. Was raten Sie Kunden und Kundinnen diesbezüglich? Wie können sich Unternehmen, die tatsächlich mit echten, nicht gekauften Bewertungen arbeiten, gegenüber denen, die es nicht tun, behaupten?

Ariane Rahn: Wie wichtig Bewertungen für die Kaufentscheidungen sind, zeigen unsere Ergebnisse. Hilfreich zur Einschätzung sind Markierungen wie ‘verifizierter Kauf’, die einige Anbietende zu Kundenbewertungen eingeführt haben. Ansonsten schätzen Nutzende die Glaubwürdigkeit z.B. anhand der Authentizität der Sprache ein oder danach, ob sowohl Kritikpunkte als auch Lob erwähnt werden.

Nutzende können also anhand des Sprachgebrauchs und Inhalt häufig falsche Bewertungen entlarven, was sich negativ auf die User Experience auswirken kann.

Jan Marks: Das ist eine strategische Entscheidung. Wer mit authentischen Kundenbewertungen arbeiten will, aber meistens nur ein „gut bis befriedigend“ als Note bekommt, sollte durch Tests an verschiedenen Stellen im Journey ausprobieren, wie sich das Feedback auf Conversion Rates und Umsatz auswirkt.  Wer oft Noten wie „ausreichend“ oder „mangelhaft“ sieht, sollte sich erst einmal mit den Gründen dafür beschäftigen und an Qualitätsverbesserungen arbeiten und im Webshop eher generische Trust-Badges testen.  

Nachhaltigkeit ist vermutlich auch in diesem Jahr wieder ein Verkaufsargument, dass viele E-Commerce-Anbietende für sich nutzen wollen. Doch wie steht es derzeit um die Problematik “Greenwashing”? Zieht das Argument überhaupt noch bei Konsumenten?

Dominik Unser-Nad: Gerade im Fashion-Bereich merkt man, dass das Thema Nachhaltigkeit bei den Anbietenden eine wachsende Rolle spielt, z.B. anhand von Filteroptionen oder dem Label/Icon auf der Produktübersichtsseite. Das Thema ist für den Endkonsumenten ohne gewisse Vorkenntnisse schwer zu greifen, weshalb Transparenz sicherlich eine entscheidende Rolle spielt, idealerweise wird die gesamte Lieferkette eines Produktes angezeigt (für Interessierte).

Ehrlicherweise stellen wir aber in unseren Studien fest, dass das Thema bei der Kaufentscheidung  noch keine (entscheidende) Rolle spielt.

Das Thema Nachhaltigkeit wird tatsächlich ganz am Ende der Customer Journey noch einmal ein Thema, das dann auch die Online Shops angeht, nämlich die Verpackung – hier sollten Anbietende auf unnötig große Pakete und Plastik verzichten.

Jan Marks: Die ehrliche Antwort auf die Frage „Zieht das Argument überhaupt noch…?“ muss eigentlich von Fall zu Fall und Marke zu Marke bewertet werden. Die meisten Online-Shop-Betreibenden werden nicht wissen, ob und in welchem Umfang sich die Berücksichtigung von Nachhaltigkeit und Fair-Trade im Sortiment und in der Darstellung und Suchbarkeit im Online-Shop auf die Ergebnisse auswirken. Meine Empfehlung: testen!

Was ist für Sie persönlich am wichtigsten bei Ihrem Online-Einkaufserlebnis?

Ariane Rahn: Für mich ist es wichtig, Online-Einkäufe möglichst schnell abzuwickeln. Daher erhalte ich gern alle wichtigen Details zur Lieferung möglichst früh im Prozess. Wenn ich also erst vor dem Bezahlen sehe, dass die Lieferung viel länger dauert, Lieferkosten entstehen oder die Lieferung auf mehrere Pakete aufgeteilt wird, muss ich meine Bestellung nochmal überdenken und ggf. anpassen. Ein unerwünschter Zeitfresser.

Jan Marks: Schnell und einfach muss der Einkauf sein. Dabei spielt auch das Thema der Personalisierung eine große Rolle. Einige unserer Kunden und Kundinnen haben gezielt die Abläufe zur Registrierung und zum Login optimiert und stellen nun fest, dass der eingeloggte User das bessere Einkaufs- und Checkout-Erlebnis zu schätzen weiß.

Welche Probleme und Störfaktoren kennen Sie selbst im Umgang mit Online-Shops? Was fällt Ihnen immer wieder auf, was verbessert werden sollte?

Dominik Unser-Nad: Amazon hat durch seine hohe Kundenorientierung insbesondere im Bereich schnelle Lieferung und Retoure sehr hohe Standards gesetzt. Die allgemeinen Erwartungen sind daher hoch und gerade von kleineren Anbietenden schwer umzusetzen. Für diese ist es deshalb so wichtig, sich trotz dessen im Markt durch eine optimale User Experience zu behaupten.

Ich persönlich shoppe sehr zielgerichtet, deshalb ist eine funktionierende Suchfunktion von großer Bedeutung für mich.

Obwohl die Wichtigkeit dessen ja schon lange bekannt ist, wundere ich mich manchmal über die schlechte Umsetzung in manchen Online-Shops.

Das ist für mich und viele unserer befragten Nutzenden häufig Grund genug, den Shop schnell wieder zu verlassen.

Jan Marks: Ein Dauerthema ist die Informationsüberflutung auf Produkt-Detail-Seiten.

Zu viele Informationen, nicht pyramidal aufbereitet, schwer verdaulich, zu viel Text, nicht genug Bilder, besonders beim Einkaufen auf dem Smartphone. 

Gibt es für Sie den einen Horror-Online-Shop, der Ihnen vermutlich bezüglich Benutzer(un)freundlichkeit immer in Erinnerung bleiben wird?

Ariane Rahn: Natürlich hat sich in den letzten 20 Jahren sehr viel getan bzgl. Usability und User Experience im eCommerce Bereich. Hin und wieder entdeckt man aber auch noch sehr “klassische” Webseiten. So gab eine Teilnehmerin an, dass ein bestimmter Anbieter für Elektronikartikel zu ihren Lieblingsshops gehört - aufgrund von Gewohnheit und guten Preisen. Wenn man sich diesen Online Shop anschaut, erinnern Inhalt und Design stark an die eCommerce Anfänge vor 20 Jahren, die UX Professionals aufschreien lassen. Dieser “Lieblingsshop” war aber eine klare Ausnahme gegenüber den anderen favorisierten Online Shops in unserer Studie, die eine deutlich höhere UX vorweisen können.

Jan Marks: Es ist weniger ein bestimmter einzelner Shop und mehr die immer wiederkehrenden Fehler, die man auch heute noch in richtig schicken Online-Store bekannter Marken wiederfindet, weil niemand mit dem User gesprochen hat. 

Wer darf Ihr Web-Seminar keinesfalls verpassen?

Jan Marks: Ich würde sagen, jeder, der die Verantwortung für die Ergebnisse eines Online-Shops trägt, sollte dabei sein.
Als ich vor vielen Jahren einmal für die Rolle eines „Director E-Commerce“ interviewt wurde, hat der CEO zu mir gesagt: „Ihre Aufgabe ist eigentlich ganz einfach: 1. Bringen Sie viele Leute in unseren Onlineshop und 2. sorgen Sie dafür, dass dieser aus Besuchern Kunden macht!“  Entscheidungsträger im E-Commerce müssen die Erwartungen ihrer Website-Besucher kennen und sollten dabei sein.

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Über die Personen

Dominik Unser-Nad setzt seine UX- und Konsumentenpsychologie-Expertise als Principal Research Consultant bei der User Experience Unit der eye square ein. Sein Fokus liegt insbesondere darin, die Kunden in der qualitativen Interviewführung und in quantitativen Forschungsmethoden vom ersten Clickdummy bis hin zur Markteinführung des jeweiligen Produktes zu begleiten. Als Experte für UX Online Benchmarking Studien, betreut Dominik Kunden aus unterschiedlichsten Bereichen wie eCommerce, Online... mehr

Ariane Rahn weiß als Research Consultant in der User Experience Unit bei eye square genau worauf es bei globalen qualitativen UX Studien und Online Befragungen ankommt. Während ihres Psychologie-Masterstudiums hat sich Ariane Forschungsmethoden und der Interaktion zwischen Mensch und Maschine gewidmet. Sie ist zudem zertifizierte Expertin im Bereich Usability und User Experience (CPUX-F) und führt vorbereitende CPUX-F Kurse durch.

Jan Marks konnte sich nie damit abfinden, dass über 95 % der Besucher eines digitalen Kanals die Website verlassen, ohne ein Produkt zu kaufen oder sich für Services anzumelden. Als SVP of Customer Success bei einer führenden CRO-Agentur hat er hocheffektive CRO-Programme für Unternehmen aller Größen und Branchen aufgebaut und verwaltet. Als Direktor für Europa und Lateinamerika bei VWO ermöglicht Jan nun Wachstum und Kundenzufriedenheit in der gesamten EU und in Lateinamerika - und überall... mehr

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