Jahresbilanz und Zukunftspläne: Ipsos Deutschland CEO Peter Braun im Interview "Was uns ins Heute gebracht hat, wird uns nicht in die Zukunft führen"

Speziell hinsichtlich der Umsatzentwicklung hat Ipsos in der jüngeren Vergangenheit alles andere als positive Zahlen vorlegen können: 2014 musste das Unternehmen zum dritten Mal in Folge ein Minus hinnehmen. Warum er trotzdem zuversichtlich in die Zukunft blickt und mit welchen Strategien das Marktforschungsinstitut wieder in die Gewinnzone gelangen soll, erörtert Ipsos Deutschland CEO im Interview mit marktforschung.de.

Peter Braun (Ipsos)

marktforschung.de: Herr Braun, als wir vor gut einem Jahr anlässlich Ihres Amtsantritts als Ipsos Deutschland CEO erstmals sprachen, sagten Sie, die Herausforderungen für die Marktforschungsbranche seien so gewaltig wie nie. Die Situation ist in den letzten zwölf Monaten nicht wirklich besser geworden, oder? 

Peter Braun: Ich würde eher sagen, die Chancen sind nicht schlechter geworden, denn nach wie vor hat keiner den heiligen Gral gefunden. Insgesamt tut sich die Branche aber weiterhin schwer, zurück zu einem signifikanten Wachstum zu kommen. Wer den Veränderungsprozess der Branche aktiv mitgestaltet, wird am Ende vorne sein. Und das wollen wir bei Ipsos tun.

marktforschung.de: Ipsos hat im letzten Jahr wie schon in den zwei Jahren davor rückläufige Umsätze hinnehmen müssen. Das Minus fiel mit 2,5 Prozent allerdings nicht so gravierend aus wie im 2013. Wie bewerten Sie die Situation? Sind Zeichen einer positiven Trendwende erkennbar oder muss man sich – entschuldigen Sie die etwas ketzerische Formulierung – um Ihr Unternehmen ernsthaft Sorgen machen? 

Peter Braun: Der nominale Umsatz ist zwar in 2014 um 2,5% zurückgegangen. Aber organisch ist Ipsos, wie übrigens auch im Jahr 2013, sehr wohl gewachsen mit einem ansteigenden Trend im 4. Quartal. Der Umsatzrückgang wurde also im Wesentlichen durch Währungseinflüsse bedingt. Ipsos ist mittlerweile auch in 87 Ländern tätig. Deshalb brauchen Sie sich um Ipsos keine Sorgen zu machen. Wir feiern dieses Jahr unseren 40. Geburtstag und haben bestimmt noch weitere 40 erfolgreiche Jahre vor uns.

marktforschung.de: Worin liegen aus Ihrer Sicht die Gründe für die negative Umsatzentwicklung in drei aufeinander folgenden Jahren?

Peter Braun: 2012 war sicher noch unter dem Konsolidierungseinfluss nach dem Merger mit Synovate. Das ist ein Sonderfall. 2013 und 2014 konnte Ipsos organisch leider nicht stärker wachsen, um die Währungseinflüsse wett zu machen. Das hängt zum einen von den oben erwähnten Herausforderungen ab. Zum anderen sehen wir aber auch zunehmende Schwierigkeiten in einzelnen Märkten. China wächst nicht mehr so schnell wir noch früher, Russland ist schon seit 2014 durch die politische Krise schwierig. Das geht natürlich auch an unserer Branche nicht spurlos vorbei und man sieht es auch bei unseren großen Wettbewerbern, dass signifikantes Wachstum momentan nur in bestimmten Bereichen möglich ist.

marktforschung.de: Ipsos hat unter dem Motto „The New Way“ eine Strategie ins Leben gerufen, die das Unternehmen wieder zurück zu profitablem Wachstum führen soll. Was genau ist unter den vier bezifferten Kernthemen „Security, Simplicity, Speed and Substance“ zu verstehen? 

Peter Braun: The New Way wurde gestartet, um uns auf die Marktveränderungen besser einzustellen, aber auch, um als Game Changers die Marktveränderungen aktiver mitzugestalten. Die 4 S sind für uns bei Ipsos so etwas wie die Leitgedanken, innerhalb derer wir uns in die Zukunft bewegen wollen. Mit Security meinen wir, dass wir auch weiter ein verlässlicher Partner für unsere Kunden sein wollen, der eine hohe Datenqualität sicherstellt. Mit Simplicity wollen wir einen Beitrag dazu leisten, die immer komplexer werdende Umwelt für unsere Kunden verständlicher und einfacher zu machen. Speed heißt für uns, dass wir bei mindestens gleichbleibender Qualität schnellere Lösungen anbieten wollen. Und Substance bedeutet, dass wir unseren Kunden neue und werthaltige Erkenntnisse liefern, auf deren Basis sie bessere Entscheidungen treffen können. 

marktforschung.de: Wie ist das im Frühjahr 2014 lancierte Programm „Faster@Ipsos“ in diesem Kontext verortet?

Peter Braun: Das ist ebenfalls eine konkrete Teilumsetzung dieser Grundidee. Denn bei Faster@Ipsos geht es ja gerade darum, schnelle aber verlässliche Lösungen bei kurzfristigen Problemstellungen unserer Kunden anbieten zu können. Und die Nachfrage hat gezeigt, dass wir dort auf einem richtigen Weg sind.

marktforschung.de: „The New Way“ impliziert ja, dass es – möglicherweise auch unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung im Unternehmen – an der Zeit war, einen anderen Weg zu beschreiten als in der Vergangenheit. Gilt das für die gesamte Marktforschungsbranche? 

Peter Braun: Absolut. Was uns ins Heute gebracht hat, wird uns nicht in die Zukunft führen. Dafür sind die Marktveränderungen durch die Digitalisierung und Nutzung von mobilen Endgeräten einfach zu groß. The New Way ist ein Programm, das an sehr unterschiedlichen Stellen im Unternehmen ansetzt und uns so nachhaltig fit für die Zukunft macht. Ein wichtiger Schritt ist z.B. die Zusammenlegung unserer Werbe- und Kommunikationsforschung (Ipsos ASI) und unserer Medienforschung (Ipsos Media CT) zu Ipsos Connect. Damit werden wir in der Lage sein, unsere Kunden bei Cross-medialen Fragestellungen rund um Kommunikation und Werbung noch besser beraten zu können. Ein anderes Beispiel ist der Launch der Insight Cloud, die auf der letzten R&R sehr viel Aufmerksamkeit erregt hat. Hiermit wollen wir Wissen für unsere Kunden noch besser verfügbar machen.

marktforschung.de: Die Generierung von Daten hat die Marktforschungsbranche schon lange nicht mehr exklusiv. Was muss der Marktforscher in Zukunft aus Ihrer Sicht vor allem mitbringen? 

Peter Braun: Es gibt ein paar universale Eigenschaften, die nach vor wichtig sind, nämlich Neugierde, Mut, unternehmerisches Denken und ein gutes Verständnis der Märkte und Kundenprobleme. Daneben wird es wichtig sein, weitere Fähigkeiten noch besser in unsere Dienstleistungen zu integrieren: ein tiefes Verständnis der sozialen Medien, Technologien zur Verknüpfungen unterschiedlicher Datenquellen, weitergehende Analysetools und –verfahren im Sinne von Big Data und ein stärkerer Fokus Richtung Umsetzungsberatung. Das hört sich zunächst ein bisschen nach eierlegender Wollmilchsau an. Früher konnte ein Marktforscher ein Projekt im Prinzip fast von Anfang bis Ende selbst machen. Diese Zeiten sind mehr und mehr vorbei und starke Teams mit komplementären Skills sind gefragt.

marktforschung.de: Herr Braun, ganz herzlichen Dank für Ihre kurzfristige Stellungnahme!

 

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