Was sonst noch war: SchülerVZ, Datenzukunft, Börsenprognosen
In unserer Kolumne "Was sonst noch war" wollen wir Ihnen ans Herz legen, was die anderen schreiben. Denn manches gerät aus dem Blick – wir fangen es wieder ein mit unserer Presseschau.
Falls Sie Nachwuchs im pubertären Alter haben, könnte es beim Frühstück am 1. Mai besonders schweigsam zugegangen sein. Erster Grund hierfür war vermutlich der Kater der vergangenen Nacht, zweiter möglicherweise der Tod eines engen Vertrauten: Sein Name ist SchülerVZ. Es starb in der Nacht zum 1. Mai, während die Jugend unbeschwert in den Monat der Blüte tanzte. Alle Freunde sind plötzlich weg. Okay, sagen Sie jetzt, das ist reichlich übertrieben - mein Kind ist doch längst bei Facebook. Recht haben Sie. Der Tod von SchülerVZ demonstriert vor allem, wie wenig den jungen Menschen am Schutz ihrer Daten gelegen ist. Denn in den vergangenen Jahren hatten die Betreiber vor allem auf die Daten- und Jugendschutz-Karte gesetzt - und sind damit gescheitert. Größter Profiteur des stets halbgaren deutschen Facebook-Klons ist bis heute VZ-Gründer und Millionär Ehssan Dariani, dessen bemerkenswertes Streben nach der knappsten und unsympathischsten Interview-Antwort in diesem SZ-Gespräch von 2010 nach wie vor lesenswert ist.
"Facebook sammelt jede Menge Daten, hat aber auch eine Menge cooler Funktionen. Man bekommt viel für seine Daten. Es ist ein guter Tausch", sagt auch IT-Nerd Harper Reed, der sich bestens mit dem digitalen Rohstoff der Zukunft auskennt. Im Interview mit Tim Rittmann von "Zeit Online" erklärt der ehemalige Obama-Berater, wie sich schleichend die Sicht auf persönliche Daten ändert. Beruhigend ist dabei vor allem, dass Reed nicht nur Praktiker, sondern auch Skeptiker ist. Angesichts der regelrechten Rasterfahndung nach Wählerstimmen bei der vergangenen US-Wahl scheint das auch angemessen.
Aus Kreisen hört man, dass das soziale Netzwerk Google Plus inzwischen über weltweit 360 Millionen aktive Nutzer verfügt. Diesen Wortwitz werden Sie nur verstanden haben, wenn Sie dort auch angemeldet sind. Quelle für die Zahl ist der Marktforscher GlobalWebIndex, der damit dem Plus-Netzwerk ein beachtliches Wachstum bescheinigt. Derweil visualisiert eine Grafik bei Statista anlässlich der Quartalszahlen, wie sich die angeblich rund 1,1 Milliarden aktiven Facebook-Nutzer auf die Nutzungsgeräte verteilen.
Apropos: Merken Sie schon, wie Google alles beherrscht? Selbst Börsenentwicklungen! Aufhorchen lässt eine Studie, die in der vergangenen Woche auf der Website des Magazins "Nature" veröffentlicht wurde. Den Datenanalysten Tobias Preis, Helen Susannah Moat und H. Eugene Stanley gelang es mit einer relativ simplen Methode nachzuweisen, dass die Popularität von Google-Suchbegriffen mit der Rendite von entsprechenden Finanzinvestments korreliert (Kurzmeldung bei "Heise.de"). Das Tool Google Trends eignet sich also in begrenztem Maße dazu, die Entwicklung von Märkten vorherzusagen. Vielleicht wird es Zeit, den Aphorismus "alles fließt" gegen "alles googelt" einzutauschen?
Zur Abwechslung mal ein Nicht-Nerd-Thema: Viele deutsche Sparer arbeiten derzeit so fleißig, dass sie gar nicht merken, wie ihr Geld entwertet wird, das sie allmonatlich zur Bank tragen. Die Europäische Zentralbank hat den Leitzins auf das Rekordtief von 0,5 Prozentpunkten gesenkt. Während die "Süddeutsche Zeitung" sich in Panikvermeidung übt, macht ein Schaubild der "FAZ" deutlich, wie die Euro-Zone damit im Vergleich zu anderen Regionen dasteht. Und wie sich das auf die Sparzinsen auswirkt, zeigt eine weitere Grafik vom Februar. Das ist zwar schon etwas länger her, aber die Richtung bleibt garantiert dieselbe: Inflationsrate > Zinssatz.
Von Zinsen für seine Barreserven kann dieser findige Bettler aus den USA wohl nur träumen, dessen Foto sich gerade im Internet viral verbreitet. Um die Passanten auf dem Bürgersteig in Spendierlaune zu bringen, veranstaltete er kurzerhand eine sozialwissenschaftliche Umfrage: "Welche Religion kümmert sich am meisten um Obdachlose?" Abstimmen konnten die Teilnehmer mit Bargeld. Laut "Huffington Post" zeigten sich ausgerechnet die Atheisten als besonders teilnahmefreudig.
Ein schönes Wochenende wünscht
Nils Glück
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