Martins Menetekel Was sagt uns Portugal?

Nach allem, was man hört und liest, möchte die Bundesregierung zusammen mit den Ländern für diesen Herbst und Winter besser vorbereitet sein, jedenfalls besser, als es in den beiden vergangenen Jahren der Fall war. Die Crux einer Epidemie ist ja, dass es nicht auf die gegenwärtigen Daten ankommt, nur die Trends oder Tendenzen sind wichtig. Wenn man als Wissenschaftler sagt, mit 30 Prozent Wahrscheinlichkeit werden wir im Herbst eine neue Welle erleben, so nimmt jeder diese Information anders auf. Wenn man sich mit großen Kosten vorbereitet hat, und sie kommt nicht, so schreien viele, der Staat schmeißt das Geld zum Fenster heraus. Hat man sich nicht vorbereitet, und sie kommt, so verurteilt man die Unfähigkeit der Politik.
Ich habe deshalb großen Respekt vor den Epidemiologen, die die Politiker informieren. Sie müssen wirklich alle Aspekte der Maßnahmen berücksichtigen und unerhört umfassend informiert sein.
Was ich aber nicht verstehe, ist, dass wieder vorschnell gesagt wird, dass man aber Schulen und Kitas nicht schließen werde. Wenn es die Pandemie verlangt, muss auch dass wieder beschlossen werden!
Wie sehen heute die Zahlen aus?
Letztes Mal hatte ich versprochen, eine Referenzkurve für die Zahlenreihe der Infizierten zu entwickeln. Der Erfolg ist mehr oder weniger überzeugend und zeigt die Grenzen der mathematischen Werkzeuge auf:

Vielleicht muss ich den Zeitraum der Optimierung ab 26. April nehmen. Rein mathematisch ist die Antwort, dass man mehr Parameter benötigt als es eine Verhulst-Gleichung erlaubt. Ich habe das Maximum auf den 2. April gelegt, die Anpassung erfolgt aber erst ab dem 12. April, so hat die Referenzkurve den Gipfel am 2. April nicht geschafft.
Ich zeige noch einmal die ungeglättete Kurve der Infizierten:

Unsere wichtigste Grafik habe ich noch nicht angepasst, ich werde unten erläutern, warum nicht.

Es sieht so aus, als ob sich Blau gestrichelt wieder einer oberen Schranke nähert, das könnte unseren Ansatz mit einer limitierten Wachstumskurve unterstützen.
Aber: Die Fallzahlenzuwächse sind wieder leicht im Verhältnis zur Vorwoche gestiegen. Ich zeige die ungeglätteten letzten dreieinhalb Wochen:

Die Dienstage gehen noch von Woche zu Woche zurück, gut! Aber dieser Trend setzt sich für die Mittwoche und Donnerstage nicht fort!
Mittwoch: 25. 5.: Zuwachs 49.141 1.6.: Zuwachs 54.957
Donnerstag: 26.5.: Zuwachs 39.705 2.6.: Zuwachs 48.502
Hoffentlich ist das kein Trend. Nach Auskunft des RKI ist die in Portugal grassierende Variante schon in Deutschland im Anmarsch. Sind die beiden letzten Werte schon die Vorboten?
Ich halte nicht viel von solchen Wortverbindungen wie intelligentes Gen oder intelligentes Virus. Tatsächlich ist die derzeitige Entwicklung der Varianten für SARS-CoV-19 sehr vorteilhaft. Das Virus ist aggressiver geworden, aber nicht so gefährlich. Damit vermeidet es stärkere Bekämpfungsmaßnahmen, und dadurch, dass selbst dreifach Geimpfte oder Genesene sich immer wieder mit neuen Varianten anstecken können, kann die Pandemie tatsächlich nie aufhören, das heißt, es wird nie eine Herdenimmunität erreicht werden können.
Das worst-case-scenario ist dann, das es eine Koinzidenz von einer stark ansteckenden und gefährlichen Variante geben wird. Ich halte es nicht für ausgeschlossen.
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