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- Was bei Marktforschung zu beachten ist, um verzerrende Effekte zu kontrollieren
Dirk Ziems & Thomas Ebenfeld, concept m Was bei Marktforschung zu beachten ist, um verzerrende Effekte zu kontrollieren

Kann man aus Interviews in den aktuellen Zeiten des Corona-Ausnahmezustands überhaupt verallgemeinerbare Schlüsse ziehen? Diese Frage stellen Auftraggeber zurzeit immer wieder an uns Marktforscher.
Bei der qualitativen Forschung beziehen sich die Zweifel dabei gar nicht so sehr auf die Interviewverfahren und die Umstellung von klassischen Face-to-Face Interviews zu Online-Interviews. Vielmehr wird zu Recht hinterfragt, ob die Testpersonen inmitten der Corona-Krise nicht zu sehr beeinflusst seien, sich anders als üblich verhielten und ihre Wahrnehmung verzerrt wäre.
Die Erfahrungen mit qualitativ-psychologischen Interviews in den letzten Wochen zeigen jedoch: Der Corona-Faktor ist beherrschbar. Sicherlich trifft es zu, dass die Corona-Krise die Konsumenten stark in Beschlag nimmt. Die Gesamtlage ist ungewiss. Die wirtschaftlichen Aussichten sind verdüstert. Sorgen um die älteren Angehörigen sind weit verbreitet. Und nicht zuletzt sind die Einkaufsmöglichkeiten stark eingeschränkt.
Doch durch eine Reihe von Maßnahmen lassen sich die verzerrenden Corona-Einflüsse gut beherrschen. Im Folgenden möchten wir einige dieser Maßnahmen genauer darstellen:
- Screen-Out von emotional zu stark involvierten Konsumenten:
Nicht alle Konsumenten sind gleichermaßen von der Panik rund um Corona angesteckt. Wir konnten - auf Basis unseres 5-Phasen-Modells der psychologischen Corona-Verarbeitung - spezifische Testpersonen-Screener entwickeln, die die Gruppe der Ängstlichen, Depressiven und Panischen vom Interview ausschließen. - Das Interview als Fenster zum Normalzustand gestalten
Wer den ganzen Tag mit dem Dauernachrichtenstrom von Corona-Berichten konfrontiert ist, sehnt sich nach einem Stück Normalität.
Diese Motivation nutzen wir als qualitative Marktforscher gerne aus. Nach einem Interview-Warm-Up, in dem die Interviewpartner alle Corona-Themen rauslassen sollen, legen wir im Interview-Gespräch den Schalter um, und fordern die Interviewpartner dazu auf, sich in die Zeit vor Corona zurückzuversetzen: Wie ist der Konsumalltag normalerweise abgelaufen, bevor die Virus-Pandemie ins Spiel kam? Was wünscht man sich für die Zeiten nach Corona, wenn ein neuer Normalzustand einsetzen wird? Im Tiefeninterview entsteht in der Folge ein Gesprächsmodus, in dem man sich den "Normalzustand" genau vergegenwärtigen kann. - Neu entstandene Reflexionsräume im Rahmen der Corona-Isolation nutzen
Eine weitere Erfahrung, die wir in den aktuellen Interviews machen, ist: Die unfreiwillige Corona-Isolation bringt durchaus neue Freiräume mit sich. Entkoppelt vom Alltagsbetrieb gelingt es erstaunlich vielen Menschen, sich neu zu besinnen und sich grundsätzlich Fragen über die Themen ihres Lebens zu stellen. Diese neu gewonnene Reflexionserfahrung können wir für die qualitative Marktforschung sehr gut zunutze machen. Im Tiefeninterview werden die Interviewpartner seit jeher dazu angehalten, einen introspektiven, selbst reflektierenden Standpunkt einzunehmen. In den aktuellen Corona-Zeiten gelingt das z.T. sogar besser
Fazit: Um Insight-Stau zu vermeiden und sich jetzt schon Startvorteile für die Zeit nach Corona zu sichern, ist die Fortführung der Marktforschung auch in der jetzigen akuten Corona-Krise unabdingbar. Der Corona-Faktor - die potenzielle Beeinflussung der Konsumenten durch die Einschränkungen und Sorgen der Corona-Krise - sollte in diesem Zusammenhang kein Hinderungsgrund sein. Denn durch die hier beschriebenen Maßnahmen ist der Corona-Faktor beherrschbar.
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