Kolumne von Prof. Dr. Dirk Lippold Warum die Abgrenzung zwischen B2B und B2C nicht trivial ist

Konsumgütermarketing ist beileibe nicht immer B2C. Ebenso sind Hersteller, die dem Industriebereich zuzuordnen sind, nicht notwendigerweise auch immer B2B. Unser Kolumnist Prof. Lippold zeigt auf, warum das so ist und welche Spielarten von Zwischenformen es gibt.

Werbung am Time Square (Bild: picture alliance / Pacific Press | Ryan Rahman)

Bei ihren Werbemaßnahmen sollten Hersteller von Konsumgütern nicht nur Konsumierende im Blick haben, sondern auch den Handel. (Bild: picture alliance / Pacific Press | Ryan Rahman)

Die gängigsten Marketing-Wortverbindungen orientieren sich im deutschen Sprachgebrauch an der grundsätzlichen Produkt- beziehungsweise Gütersystematik, nämlich Konsumgütermarketing, Industriegütermarketing (auch: Investitionsgütermarketing) und Dienstleistungsmarketing. Allerdings kann diese Einteilung nach Güterarten eine bedarfsgerechte Gestaltung der Marketingaktivitäten zumeist nicht leisten. Dieses Manko hat – aus dem angelsächsischen Sprachraum kommend – zu einer Marketing-Typologie geführt, die sich an den unterschiedlichen Käufer- beziehungsweise Abnehmergruppen orientiert, nämlich Business-to-Consumer (B2C-Marketing) und Business-to-Business (B2B-Marketing).

Das B2C-Marketing wendet sich ausschließlich an den Endkonsumenten als Kunden, während sich das B2B-Marketing an Unternehmen und sonstige Organisationen richtet. Die Stellung des Kunden im Wirtschaftsablauf ist somit das wesentliche Unterscheidungskriterium zwischen B2C und B2B.

Konsumgütermarketing sollte nicht nur Konsumenten im Blick haben

Mit dieser Einteilung lässt sich das unterschiedliche Kaufverhalten der einzelnen Käufergruppen dahingehend systematisieren, dass es typenübergreifend eine differenzierte, innerhalb eines Typs aber weitgehend einheitliche Ausrichtung der Marketingaktivitäten zulässt. Konkret bedeutet dies, dass sich die Marketing-Konzeptionen von Unternehmen, die schwerpunktmäßig B2C-Märkte ansprechen, teilweise grundsätzlich von denen der Unternehmen des B2B-Bereichs unterscheiden, sich innerhalb der jeweiligen Bereiche aber weitgehend ähneln. So weit, so gut.

Das Konsumgütermarketing wird nach dieser Systematik fast ausnahmslos dem B2C-Marketing zugeordnet. Das ist aber schon deshalb nicht korrekt, weil der Konsumgüterbereich neben der Konsumentenebene auch die vorgelagerte Stufe des Handels im Auge behalten muss. Und da sind wir dann schon im Bereich des B2B-Marketings. So muss ein Markenartikelhersteller beispielsweise mit dem Zentraleinkauf von Warenhäusern oder Handelsketten über Abnahmemengen sowie Preise und Konditionen verhandeln oder Jahresendgespräche über Verkaufsförderungsaktionen führen.

Solche Jahresendgespräche sind also eine Vorstufe, um zum Beispiel mit der Listung eines neuen Produkts in den Handelsbetrieben oder im Rahmen einer Weihnachtsaktion die Möglichkeit für das Herstellerunternehmen zu eröffnen, damit die Produkte in die Regale kommen und dann in größeren Stückzahlen verkauft werden können.

Insofern sind Marketingaktionen, die ein Konsumgüterhersteller mit dem Zentraleinkäufer einer Handelskette vereinbart, eindeutig dem B2B- und nicht dem B2C-Marketing zuzuordnen.

Was es bei Industriegütern und Dienstleistungen zu beachten gilt

Ebenso wenig eindeutig ist die Zuordnung der Vermarktungsaktivitäten des Industriegüterbereichs zum B2B-Marketing. Beispiel: Die Kunden der Hersteller von IT-Produkten (Smartphones, PCs, Router, Decoder etc.) sind zum einen Unternehmen und Institutionen als Verwender und zum anderen private Personen als Endanwender. Die privaten Personen werden in diesem Fall über Distributoren oder auch VARs (Value Added Reseller) angesprochen. Auch hier muss das entsprechende Marketing aufgrund der völlig unterschiedlichen Zielgruppen zweigleisig fahren.

Ähnlich sieht es im Dienstleistungsmarketing aus. Der Dienstleistungssektor ist geprägt von einer Vielfalt von Dienstleistungsarten, die entweder nur Personen (z. B. Friseurleistungen), nur Unternehmen/Organisationen (z. B. Unternehmensberatung, Wirtschaftsprüfung) oder beiden Käufergruppen (z. B. Bank- und Versicherungsleistungen) angeboten werden. Also auch hier ein Durch- und Miteinander von B2B und B2C.

In der nachstehenden Abbildung sind die verschiedenen Spielarten zwischen B2B und B2C deutlich gekennzeichnet. Darin wird deutlich, dass sowohl bei Konsumgütern, Industriegütern und bei Dienstleistungen jeweils ein B2C- und auch ein B2B-Marketing vorkommen kann.

B2B und B2C

Täglicher Newsletter der Insightsbranche

News +++ Jobs +++ Whitepaper +++ Webinare
Wir beliefern täglich mehr als 9.000 Abonnenten
 

Über die Person

Prof. Dr. Dirk Lippold ist Dozent an verschiedenen Hochschulen. Seine Lehrtätigkeit umfasst die Gebiete Unternehmensführung, Marketing & Kommunikation, Personal & Organisation, Technologie- und Innovationsmanagement sowie Consulting & Change Management. Zuvor war er viele Jahre in der Software- und Beratungsbranche tätig – zuletzt als Geschäftsführer einer großen internationalen Unternehmensberatung. Auf seinem Blog www.dialog-lippold.de schreibt er über aktuelle betriebswirtschaftliche Themen.

Diskutieren Sie mit!     

Noch keine Kommentare zu diesem Artikel. Machen Sie gerne den Anfang!

Um unsere Kommentarfunktion nutzen zu können müssen Sie sich anmelden.

Anmelden

Weitere Highlights auf marktforschung.de