Studie von Rogator und exeo Strategic Consulting Wann stößt Amazon an seine Grenzen?

Wie die bisherigen Untersuchungen im Rahmen der Studie "Pricing Lab" gezeigt hätten, so die Autoren von Rogator und exeo, führe der Besitz des Prime-Abos bei den Kunden zu einer starken Konzentration des Konsums auf Amazon, schließlich verspreche Prime u.a. eine schnellere und kostenlose Lieferung. Dies führe dazu, dass die mittleren Umsätze eines Prime-Kunden um den Faktor drei bis vier höher liegen als bei einem Kunden ohne Prime-Abo.
Während in der Studie Pricing Lab 2016 und 2017 ein starker Zuwachs an Prime-Mitgliedschaften gemessen wurde, zeigen sich aktuell nur noch geringe Zuwächse. 26 Prozent der Befragten geben an, ein Amazon Prime-Abo zu nutzen (die Kundenquote von Amazon liegt in Deutschland bei ca. 80 Prozent.) Die Zeitreihenanalyse offenbart auch strukturelle Änderungen: So verlagert sich der Altersschwerpunkt der Prime-Kunden tendenziell in das mittlere Alterssegment (30-59 Jahre) und gleichzeitig zugunsten höherer Haushaltsnettoeinkommen. Die im Jahr 2017 erfolgte Preiserhöhung von 49 auf 69 EUR pro Jahr hat zwar nicht zu einem Bestandsrückgang geführt, wohl aber das Prime-Kundenwachstum reduziert.
Net Promoter Score weiter auf hohem Niveau, aber tendenziell rückläufig
Nach wie vor schätzen die Kunden von Amazon nicht nur die günstigen Preise (Nr. 3 im Ranking der wichtigsten Leistungen), sondern vor allem die breite Produktauswahl (Nr. 1 im Ranking; 72 Prozent der Kunden sehen hier eine überlegene Leistung) und den schnellen Service im Hinblick auf die Lieferung (Nr. 2 im Ranking). Amazon erreicht sehr hohe Werte in der Weiterempfehlungsabsicht und kommt beim Net Promoter Score (NPS) auf Werte von über +40. Der NPS stellt die Differenz dar zwischen dem Anteil der Verbraucher, die das Unternehmen weiterempfehlen, und dem Anteil derer, die keine Empfehlung abgeben (Wertebereich -100 bis +100). Im Segment der Prime-Kunden ist die Weiterempfehlungsbereitschaft besonders hoch (NPS: +69). Gegenüber der Vormessung (Pricing Lab 2017) ist das NPS-Niveau allerdings gefallen, und zwar sowohl bei Kunden ohne Prime-Abo (von +36 auf +27) als auch bei Kunden mit Prime-Abo (von +77 auf +69). Offenbar wird es für den Internetgiganten schwerer, die bestehenden Kunden zu begeistern.
Prime-Abonnement-Potenzial zu 85 Prozent ausgeschöpft
Amazon wirkt der zuvor skizzierten Entwicklung entgegen, indem neue Leistungen in das Prime-Leistungsbündel aufgenommen werden. Prominentestes Beispiel ist die Amazon Kreditkarte, die Prime-Mitgliedern kostenlos angeboten wird und eine zusätzliche Bonifizierung von Umsätzen beinhaltet. Allerdings zeigt die Studie Pricing Lab auch, dass die Prime-Leistungen insgesamt weniger in Anspruch genommen werden. Dies betrifft vor allem auch die Leistungen Amazon Prime Instant Video und Amazon Prime Music. Zwar bietet Prime mit Kosten von umgerechnet 5,75 EUR pro Monat (Jahres-Abo) einen günstigen Zugang zu Musik- und Video-Streaming, das Leistungsportfolio ist allerdings begrenzt. So fallen zusätzliche Kosten an, wenn sich Kunden für das Leihen oder Kaufen von Videos entscheiden, die nicht im kostenlosen Programm enthalten sind. Im Vergleich dazu bieten die Konkurrenten Netflix (Video) und Spotify (Musik) eine umfangreiche Auswahl. Ein signifikanter Teil der Prime-Kunden nutzt parallel Video- und Musik-Flatrate-Angebote. Letztendlich ist das Prime-Abonnement-Potenzial damit eingeschränkt. Die Studie kommt zum Ergebnis, dass auch bei Kunden ohne Prime-Mitgliedschaft Preisbereitschaften für die Services bestehen, diese sind allerdings begrenzt: Amazon Prime besitzt ein Kundenpotenzial von 31 Prozent der Bevölkerung - ca. 85 Prozent davon sind bereits ausgeschöpft (mit einer aktuellen Kundenquote von 26 Prozent der Bevölkerung).
Risiko für die Kundenbeziehung: Dynamic Pricing
Trotz der hohen Kundenloyalität darf nicht übersehen werden, dass das Geschäftsmodell von Amazon auch Risiken für die Kundenbeziehung enthält. Dazu zählen einerseits Werbeaktivitäten, die zwar extrem profitabel sind, aber das Einkaufserlebnis verschlechtern können, anderseits die Veränderung von Preisen. Mehr als die Hälfte der Amazon-Kunden gibt an, dass sie Preisänderungen auf der Plattform wahrgenommen haben. Insgesamt wird das Thema flexible Preise von den Kunden sehr ambivalent bewertet. So sieht ein Teil der Kunden Vorteile durch den Zugriff auf günstigere Preise (23 Prozent stimmen dem Statement zu "Ich finde Preisveränderungen gut, weil ich dann auf den für mich günstigsten Preis warten kann"). Andere Kunden sehen eher Probleme und würden sich wünschen, dass die Preise nicht häufiger geändert werden (28 Prozent). Auch etwa ein Drittel der Kunden mit Prime-Abo sieht Dynamic Pricing des Internethändlers kritisch. Verständlich ist vor diesem Hintergrund auch der Wunsch, den Preisverlauf der letzten Tage und Wochen eines gesuchten Produktes auf amazon.de angezeigt zu bekommen.
"Dynamic Pricing ist für Amazon ein zweischneidiges Schwert. Zum einem optimiert der Händler durch die flexible Preissetzung den Absatz, Umsatz und Gewinn. Zum anderen besteht das Risiko eines verschlechterten Einkaufserlebnisses bis hin zur Kaufzurückhaltung, wenn den Kunden bewusst wird, wie häufig Amazon Preise ändert und wie stark die Preise variieren", resümiert Prof. Dr. Andreas Krämer als Co-Autor der Studie.
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