Wahlforschung And the winner is....die Demoskopie

An vielen Orten wurde am Wahlsonntag gejubelt, wie hier bei den Berliner Grünen. Grund zur Freude hat diesmal auch die deutsche Demoskopie. (Bildnachweis: picture alliance/dpa | Kay Nietfeld)
Selten war ein Wahlabend bei einer Bundestagswahl so spannend wie dieses Jahr. Wer liegt am Ende ganz vorne? Kommt die Linke in den Bundestag? Welche Koalitionen sind rechnerisch möglich? Doch die Akteure waren durch die Vorwahlumfragen zumindest gut vorbereitet auf das, was auf sie zukam.
Fast alle Vorwahlumfragen nah am Wahlausgang
Fast alle Demoskopen lagen mit ihren Vorwahlumfragen nahe beim tatsächlichen Wahlausgang. Selbst die Institute mit den höchsten quadrierten Abweichungen, d. h. den im Vergleich ungenausten Umfragen wie von Kantar (Emnid), YouGov und Ipsos, waren mit ihren Abweichungen noch im erträglichen Rahmen. Im Mittel lag die Summe der quadrierten Abweichungen zwischen Wahlausgang und Vorwahlumfrage bei 11,28. Das ist um Klassen besser als die Vorhersagen bei der LTW in Sachsen-Anhalt, bei der die Forschungsgruppe Wahlen mit der Abweichungssumme von 67,84 noch das beste Institut war.
Gleich fünf Institute mit sehr guten Vorwahlumfragen
Für den Ruf der Demoskopie förderlich gab es dies Mal gleich fünf Institute, die eine quadrierte Abweichungssumme von kleiner als 10 erreichten. Ganz vorne zu finden – mit einer Abweichung von nur 4,65 – diesmal das IfD, das Institut für Demoskopie Allensbach, dicht gefolgt von den Berliner Meinungsforschern von Civey mit 5,05 und der Forschungsgruppe Wahlen mit 6,15. Damit sind drei Institute mit sehr unterschiedlichen Erhebungs- und Sampling-Ansätzen auf dem Podest. Die Allensbacher mit einem Face-to-Face-Sample, Civey mit einer Online-Erhebung im Panel und die Forschungsgruppe mit einer telefonischen Stichprobe.
Dicht dahinter zwei Mixed-Mode-Ansätze aus Telefon- und Online-Samples von Infratest Dimap und dem Erfurter Institut Insa. Beiden sahen, wie auch Forsa, Kantar, YouGov und Ipsos, die CDU zu schwach im Vorfeld. Die Grünen wurden von Kantar und forsa zu hoch eingeschätzt. YouGov, Kantar und Ipsos sahen die Linke im Vorfeld bei sieben Prozent statt knapp unter fünf Prozent.
Gibt es Systematiken hinter den Vorwahlumfragen?
Keinen klaren Befund gibt es bei der Frage, ob die Prognosekraft größer wird, je näher ein Institut am Wahltag befragt. Zwar haben alle Top-3-Institute am Donnerstag - bzw. Allensbach erst am Freitag - direkt vor der Wahl veröffentlicht. Allerdings trifft das auch für die drei Umfragen am Ende der Rangliste von Ipsos, YouGov und Kantar zu. Die letzte Umfrage von Infratest Dimap wurde dagegen am 16. September, also bereits zehn Tage vor der Wahl veröffentlicht. Dennoch war die Abweichung gering.
Auch in Bezug auf die Stichprobengröße scheint es keinen offensichtlichen Zusammenhang zwischen Fallzahl und Treffgenauigkeit zu geben, was Marktforschende nicht überraschen dürfte. Civey befragte zwar über 10.000 Wahlberechtigte für ihre Vorwahlumfrage, dennoch war Allensbach mit nur 1.554 Befragten etwas genauer und die Mannheimer Forschungsgruppe mit nur 1.273 Befragten nur unwesentlich schlechter.
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