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Wahlbarometer 2.0: Butter bei die Fische – Welche Rolle spielen eigentlich die Kandidaten auf der Menükarte des politischen Web?
Mannheim - Das Kanzlerduell, ebenso wie das sogenannte "Triell" zwischen den Spitzenkandidaten der Oppositionsparteien ist vorbei, die Endphase des Wahlkampfs hat begonnen.
Wer eine heiße Schlacht erwartet hatte, wurde enttäuscht. Die letzten Tage nach dem Kanzlerduell waren denn auch voll von Kritik über das Format, über die Leistung der Journalisten, aber auch über das eher lahme und langweilige Duett der Spitzenkandidaten, dass ein aufschlussreiches und explosives Duell verhinderte. Während sich viele Zuschauer enttäuscht oder verärgert abwandten, zogen die Parteien ihre Siegerrhetorik durch. Jede Partei kürt natürlich ihren Kandidaten zum Sieger.
Die Forscher von Q I Agentur für Forschung und linkfluence Deutschland haben einen Blick ins Web geworfen, um anhand des Share of Voice der Kandidaten in den Tagen nach der Wahl einen ersten Eindruck zu gewinnen. Hier einige nüchterne Fakten zu den Folgen der Duelle:
Share of Voice – Debattenanteil
Fakt 1 – Merkel und Steinmeier legen nach dem Kanzlerduell enorm zu.
Die quantitative Messung der Beiträge und Posts im Web 2.0 zeigt, dass der share of voice der beiden Kanzlerkandidaten nach dem Kanzlerduell stark ansteigt. Gemessen werden bei dieser Betrachtung die Anzahl der Posts und Beiträge in denen die Kandidaten erwähnt werden. Mit Blick auf den Aufmerksamkeitsgewinn durch ein solches Duell haben demnach ganz eindeutig die Top-Kandidaten den Abstand zu den Kandidaten der kleineren Parteien deutlich vergrößert.
Fakt 2 – Merkel mit Kanzlerbonus in Sachen Aufmerksamkeit.
Betrachtet man die letzten zwei Wochen, lässt sich erkennen (siehe Verlaufskurve Grafik 1), dass Kanzlerin Merkel bei den Nennungen meist vorne liegt. Summiert man die Nennungen aller 5 untersuchten Kandidaten, entfallen alleine auf sie 50%, während Frank-Walter Steinmeier nur auf knapp 33% kommt (siehe Tortengrafik). Mit dem Kanzlerduell allerdings wird dieser Vorsprung knapper. Hat Steinmeier im Duell Boden gut gemacht?
Fakt 3 – Im Vergleich der Kandidaten vorne weg, aber im politischen Web nur unter ferner liefen. Auch wenn sie damit wieder mehr Aufmerksamkeit bekommen, so sind die Kanzlerkandidaten im Web doch nur eines von vielen Themen. Insgesamt überschreiten die Kanzlerin und ihr Herausforderer nur knapp die 3-Prozent-Marke aller Beiträge im politischen Web.
Fakt 4 – Lafontaine, Trittin und Westerwelle eher unter ferner liefen.
Noch ernüchternder fällt die Share of Voice-Bilanz der drei untersuchten Oppositionskandidaten aus. Zwar zieht auch ihr Share of Voice nach den Duellen an, aber deutlich weniger als der von Steinmeier und Merkel. In den Diskussionen des politischen Webs ist ihre Rolle mit Nennungen unter einem Prozent aller Postings noch bescheidener.
Grafik 1: Share of Voice von Spitzenkandidaten der Parteien seit 31. August 2009.
Natürlich muss man den Share of Voice immer mit Vorsicht genießen. Schließlich macht er weder eine Aussage über den Tenor der jeweiligen Nennungen, noch über die inhaltliche Rolle, die die Kandidaten in diesen Postings spielen. Aber allein diese Analyse der relativen Bedeutung der Spitzenkandidaten im politischen Web zu Wahlkampfzeiten zeigt sehr deutlich und ernüchternd, welche "Welle" die Kandidaten machen: Eine kleine. Weder also werden die Webpräsenzen der Parteien und ihrer Anhänger der Rolle gerecht, die ein Internetwahlkampf von ihnen fordert, nämlich aktive Beteiligung an den Debatten im Web, noch machen die Spitzenkandidaten großen Eindruck auf die politische Webgemeinde.
Jeder Vergleich mit Obama (oder auch McCain) verbietet sich demnach. Von Obama lernen, heißt siegen lernen – zumindest, wenn die Web 2.0 Strategien umgesetzt worden wären. Obama hat heute, ohne Wahlkampf und 10 Monate nach der Wahl regelmäßig einen mehr als doppelt so hohen Share of Voice (vgl. Grafik 2 oder das US-Äquivalent zu Wahlradar http://politicosphere.net ). 2008 war die Rolle der Spitzenkandidaten in den USA eben ungleich dominanter, anregender, mobilisierender und polarisierender.
Grafik 2: Share of Voice von US-Politikern im September 2009.
Zur Analyse:
Mit linkfluence® segmentiert und analysiert Q | Agentur für Forschung (www.teamq.de) das deutsche Internet. Im Wahljahr 2009 widmen sie sich neben anderen Märkten auch dem politischen Leben im Internet. Aus hunderttausenden deutschen Webpräsenzen haben sie zunächst das "politische Web" herausgearbeitet (www.wahlradar.de). Es umfasst die rund 3000 wichtigsten Blogs und Sites, die sich mit dem politischen Leben in Deutschland und der Welt beschäftigen. Zusätzlich haben sie in diesem thematisch abgegrenzten Segment des Internets die Sub-Communities identifiziert und ihre Einflussstärke vermessen. Auf dieser Grundlage analysieren sie laufend, welche Themen wo eine Rolle spielen und wie sie diskutiert werden.
Quelle: Q | Agentur für Forschung
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