Wachsende Umsätze durch die Analyse von Online-Bewertungen

Von Jörg Forthmann, Geschäftsführender Gesellschafter der Faktenkontor GmbH
Ob Reisen, Theatertickets, Computer, Hifi oder Versicherung: Die Mehrheit der Deutschen informiert sich vor einem Kauf im Internet. Das Meinungsbild im Web wird damit zum erfolgskritischen Faktor, um den Absatz von Produkten und Dienstleistungen zu sichern. Die ersten Marketingexperten frohlocken, dass das Meinungsspektrum im Internet viel ergiebiger sei als die klassische Marktforschung: Bekannte Marken versammeln Millionen von Verbraucherstimmen auf sich, die sich sowohl quantitativ als auch qualitativ auswerten lassen. Und in der Tat: Die Unternehmen haben heute die Chance, quasi in Realtime Kundenecho zu erhalten, auszuwerten und darauf zu reagieren – und zwar zu einem Bruchteil der Kosten, die die klassische Marktforschung mit sich bringt. Das ist ein großer Vorteil. Aber das Online-Meinungsbild ist verzerrt. Zwischen ein und drei Prozent der Internetuser veröffentlichen Kommentare und Bewertungen, der Rest konsumiert das Meinungsbild der Wenigen. Diese extrovertierten Internetnutzer stehen aber nicht repräsentativ für den Durchschnitt der Kunden. Allein schon die soziodemographischen Verzerrungen zeigen, dass Repräsentativität nicht gegeben ist: Bewerter von Produkten und Dienstleistungen sind tendenziell jünger, technikaffiner und haben ein überdurchschnittliches Haushaltsnettoeinkommen. Um Preisstrategien, Produktweiterentwicklungen oder Innovationen mit Hilfe der Marktforschung abzusichern, ist also die Analyse des Meinungskosmos im Internet weniger gut geeignet. Hier bietet sich der Aufbau von Insight Communities mit Fans der eigenen Marke an, um direktes Echo von Kunden zu erhalten.
Wesentlich bedeutender ist die Analyse der Online-Postings bei der Absicherung des Umsatzes und beim Erobern von Marktanteilen. Der ROBO-Effekt (research online, buy offline) entwickelt sich zu erfolgskritischen Faktor für Unternehmen. In einigen Branchen – speziell Reisen und Technikprodukte – ist er bereits existentiell. Allerdings lässt sich das Meinungswirrwarr im Internet nur schwer fassen und analysieren. Die Beratungsgesellschaft Faktenkontor hat daher mit einem Münchener Linguistik-Experten und einem US-amerikanischen IT-Unternehmen einen Ansatz entwickelt, der die aktuelle Meinungslage im Web zeitnah verfügbar macht. Basis ist die möglichst flächendeckende Sammlung von Aussagen zu Unternehmen, Marken oder Produkten durch das Monitoring- und Analysetool www.Webanalyzer.de. Das Werkzeug sammelt die Beiträge und bewertet sie mit Hilfe künstlicher Intelligenz. Diese automatische Bewertung liefert Unschärfen, da die künstliche Intelligenz zum Beispiel Ironie kaum richtig interpretiert. Alternative hierzu ist das manuelle Codieren, was aber deutlich teurer ist und zu deutlichen Zeitverzögerungen führt. Obendrein führt die verbesserte Schärfe der Ergebnisse erfahrungsgemäß zu keinen Mehrwert in der späteren Analyse. Insofern ist eine individuell auf das Projekt ausgerichtete künstliche Intelligenz in aller Regel die beste Lösung.
Um diese automatisch bewerten Ergebnisse zu Handlungsempfehlungen verdichten zu können, bietet sich das so genannte „Leipziger Modell“ an, das die fünf Kommunikationsprobleme beschreibt, die ein Unternehmen haben kann: fehlende Aufmerksamkeit, fehlendes Ansehen, fehlende Akzeptanz und fehlende Präferenz. Wenn mehrere dieser Probleme zusammenfallen, entsteht ein Vertrauensproblem.

Dieses „Leipziger Modell“ lässt sich in Kennziffern der Internetanalyse übersetzen.

Wenn jetzt die Ergebnisse aus dem Monitoring in dieses Modell fließen, wird auf einen Blick der Handlungsbedarf von Unternehmen in der Online-Kommunikation sichtbar. Hier im Beispiel ist eine Analyse für verschiedene Banken zu sehen. Mit dem gelben Kasten sind die Werte der Commerzbank hervorgehoben. Gute Ergebnisse liegen nahe der Ecken. So hat die Commerzbank eine gute Aufmerksamkeit und genießt eine hohe Präferenz. Aufgrund zu wenig Aussagen mit positiver Tonalität ist allerdings der Image-Wert zu schwach, was zu unbefriedigenden Werten im Ansehen und in der Akzeptanz führt.

Mit dieser Analyse ist schnell der Handlungsbedarf identifiziert. Die Handlungsempfehlung ergibt sich aus der Tiefenanalyse der vorhandenen Daten: Wie schaffen es Wettbewerber, bessere Werte zu erreichen? Welche Ereignisse haben zu der Eintrübung von Ergebnissen geführt? Auf welchen Kanälen gibt es Stärken oder Schwächen – Blogs, Foren, Bewertungsplattformen, Twitter, Facebook etc.? Welche Multiplikatoren sind wichtig und sollten stärker eingebunden werden? Welche Themen werden diskutiert? Welche Themen sollte das Unternehmen meiden, welche nach vorne stellen? Durch diese operativen Hinweise lassen sich erfahrungsgemäß die Werte in der Analyse zügig verbessern – und damit die Aussicht, künftig mehr Absatz realisieren zu können. Die Marktforschung etabliert sich auf diesem Weg zu einem geschätzten Ansprechpartner im Tagesgeschäft für Vertrieb und Marketing – mit fassbarem Mehrwert.
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