Interview mit Katrin Krüger Von Traktorenreifen über Schmelzkäse bis hin zu Luxushandtaschen

Gratulation! Sie haben sich gegen Hunderte weitere Nominierungen durchgesetzt und stehen damit gemeinsam mit 18 weiteren Führungskräften auf der GRIT Future List. Wie fühlt sich das an?
Katrin Krüger: Ich freue mich riesig und empfinde es als große Ehre, auf der GRIT Future List erfasst zu sein. Der Gewinn des GOR 2020 Best Practice Awards hat sicherlich eine große Rolle gespielt. Aber ich freue mich auch darüber, dass neben Leidenschaft für den Beruf und professionellen Fähigkeiten - wie bei mir beispielsweise die Integration von innovativen Technologien in die Quali-Forschung - auch Themen wie Ausbildung und Mentoring anerkannt werden.
Eine Frage, die wahrscheinlich viele junge Marktforschende interessiert: Wie haben Sie es in so jungen Jahren zum Senior Project Director in Berlin geschafft?
Katrin Krüger: Ich habe mein Studium sehr früh abschließen können - mit 24 hatte ich bereits meinen Master of Arts - und bin dann direkt als Trainee bei Happy Thinking People eingestiegen.
Hier hatte ich eine tolle Ausbilderin in Katharina Ladikas. Sie hat mich mit viel Geduld und Empathie an die Grundlagen der Marktforschung herangeführt und ein solides Fundament gelegt. Ich konnte daher schnell eigenständig kleinere Projekte durchführen, die mit der Zeit dann immer größer und strategischer wurden. Zudem habe ich das Glück, Teil eines unglaublich diversen, inspirierenden und vor allem motivierenden Teams zu sein. Die enge Zusammenarbeit mit so vielen unterschiedlichen Individuen hat meinen Arbeitsalltag immer und immer wieder bereichert. Ich habe von Anfang an viel positives Feedback und Wertschätzung erfahren und konnte so genug Vertrauen und Selbstbewusstsein aufbauen, um in die Rolle des Senior Project Directors hineinzuwachsen.
Und wie sind Sie überhaupt zur Marktforschung gekommen?
Katrin Krüger: Das war ehrlich gesagt ein ziemlicher Zufall. Ich habe Literatur- und Kulturwissenschaften studiert und hatte mich erst im Rahmen meiner Bewerbung bei Happy Thinking People näher mit der Marktforschungsbranche beschäftigt. Nach dem Studium war es meine größte Angst, einen Job annehmen zu müssen, der mich auf Dauer langweilt: Ein klassischer 9-5-Bürojob, bei dem jeden Tag das Gleiche passiert. Doch bei der Jobbeschreibung der qualitativen Marktforscherin hatte ich gleich ein gutes Gefühl: Hoher Grad an Abwechslung, Kunden aus verschiedenen Branchen, internationale Projekte, Reisetätigkeit. Zudem sollte viel Neugierde mitgebracht werden, die Fähigkeit, gut zuzuhören und Empathievermögen. Ich habe mich sofort darin wiedergefunden und eine Bewerbung geschrieben.
Was würden Sie jungen Marktforschenden wie mir raten, die noch ganz am Anfang Ihrer Karriere stehen? Worauf müssen wir bei unserem Weg achten?
Katrin Krüger: Arbeitet mit möglichst vielen verschiedenen ProjektleiterInnen zusammen - es gibt nicht den einen Weg, ein Projekt durchzuführen. Hier muss jeder einen eigenen Stil finden und das tut man am besten, indem man sich durch andere, erfahrene MarktforscherInnen inspirieren lässt. Beobachtet, schaut zu, macht euch Notizen, lernt - aber bringt euch auch ein, wenn ihr einen schlauen Gedanken habt. Ich war am Anfang meiner Karriere immer sehr schüchtern und habe mich selten getraut, etwas zu sagen. Heute finde ich es toll, wenn unsere PraktikantInnen und Trainees sich mitteilen und ihren ganz eigenen Blickwinkel auf Fragestellungen schildern. Die Fähigkeiten, gut zuzuhören, von anderen zu lernen und sich selbst korrigieren zu können, sind meiner Meinung nach mit die wichtigsten Eigenschaften in der Branche. Das gilt für angehende genauso wie für etablierte MarktforscherInnen.
Was würden Sie jungen Menschen sagen, die überlegen in die Marktforschung zu kommen?
Katrin Krüger: Lasst euch nicht davon abschrecken, dass ihr nicht BWL oder Wirtschaftspsychologie studiert habt. In der Qual-Forschung arbeiten GeisteswissenschaftlerInnen, SoziologInnen, PsychologInnen, LehrerInnen, BWLerIinnen und LinguistInnen nebeneinander. Was wir gemeinsam haben, ist eine große Neugier daran, Dinge zu verstehen und komplexe Zusammenhänge in unterschiedlichsten (manchmal scheinbar banalen) Sachverhalten zu finden. Ich habe in meiner Karriere schon alles von Traktorenreifen über Schmelzkäse bis hin zu Luxushandtaschen erforscht und habe jedes Mal wieder neue und überraschende Erkenntnisse über Konsumenten, Verhaltensweisen und Marken gewonnen.
In diesem Zusammenhang kann ich auch das Arbeiten in einer Agentur als Einstieg sehr empfehlen. Hier bekommt man mit, wie sich Fragestellungen und Bedürfnisse zwischen Kunden aus den verschiedensten Kategorien unterscheiden. Falls es dann eine Kategorie gibt, für die man eine besondere Leidenschaft entwickelt, kann es Sinn machen, auf Kundenseite zu wechseln.
Eine Frage noch zur aktuellen Situation - vor welchen Herausforderungen stehen Sie und Happy Thinking People aktuell und welche Herausforderungen sehen Sie in der Zukunft?
Katrin Krüger: In den letzten Jahren haben wir innerhalb der Branche bereits eine zunehmende Verlagerung in Richtung digitaler Methoden erlebt. Während der Pandemie war es dann nötig, dies in einem sehr viel schnelleren Tempo fortzuführen. Inzwischen finden so gut wie alle unserer Studien im digitalen Bereich statt. Statt uns auf die Limitationen von Online-Qual zu konzentrieren, haben wir gelernt, ihre Vorteile zu nutzen. Die Kombination klassischer Qual-Forschung mit digitalen Mitteln wird mit Sicherheit auch die nächsten Jahre der Qual-Forschung bestimmen. Ich persönlich probiere mich hier sehr gerne aus und bin immer wieder erstaunt, wie gut sich beides ergänzt. Als Qual-ForscherInnen wird unsere größte Herausforderung aus meiner Sicht vor allem darin liegen, die Vorteile der Digitalisierung willkommen zu heißen und zu nutzen - dabei aber nie den persönlichen und menschlichen Aspekt, der den Kern guter Qual-Forschung ausmacht, aus den Augen zu verlieren.
Hier finden Sie die Antworten von Julia Görnandt.
Über die Person:

/jr
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