Fachartikel von Jens-Uwe Meyer Von der Mitarbeiterbefragung zum Mitarbeitermonitoring: Wie Unternehmen schnelleres Mitarbeiterfeedback erhalten

Was denken die Angestellten? Sind sie zufrieden oder schon auf dem Absprung? Unternehmen, die das wissen möchten, nutzen häufig Mitarbeiterbefragungen. Doch angesichts des raschen Wandels, der sich in vielen Unternehmen vollzieht, sind diese je nach Frequenz nicht mehr zwingend aussagekräftig oder aktuell. Welche Optionen gibt es über die klassische Befragung hinaus?

HR-Verantwortliche und Marktforscher kennen die Situation: Die jährliche Mitarbeiterbefragung ist gelaufen, die Ergebnisse werden präsentiert. Je nach Umfang dauert die Präsentation zwischen einer und drei Stunden, zwischen fünfzig und dreihundert Powerpoint-Folien werden gezeigt.

Mitten in der Präsentation der Mitarbeiterbefragung sagt plötzlich jemand: “Die Ergebnisse aus Abteilung A sind gar nicht mehr repräsentativ, da wurde im vergangenen Monat umstrukturiert.“ Jemand anders wirft ein: “Die Bewertung der Führungskräfte aus Abteilung B ist auch nicht mehr aktuell, da sind vor zwei Wochen überraschend der Abteilungsleiter und zwei wichtige Führungskräfte gegangen.“ Und irgendwann stöhnt in der hinteren Ecke jemand: “Fundierte Analyse, tolle Ergebnisse, aber was machen wir jetzt eigentlich damit?“ Die Antwort einer Kollegin: “Aus dieser Mitarbeiterbefragung können wir wenig ableiten. Sie ist teilweise nicht mehr aktuell, in anderen Bereichen stehen ohnehin Veränderungen an.“

Ist die klassische Mitarbeiterbefragung noch zeitgemäß?

Gerade in Zeiten, in denen Unternehmen einer immer schnelleren Umgestaltung unterliegen, in der häufiger umstrukturiert wird und in der sich ein radikaler digitaler Wandel vollzieht – ist die jährliche Mitarbeiterbefragung in diesen Zeiten noch das richtige Instrument? Einer unserer Kunden unserer Mitarbeiterbefragungssoftware, ein mittelständischer Bauunternehmer aus Süddeutschland, drückte es so aus: “Das bringt mir nichts. Ich will am Ende jedes Monats wissen, ob die Mitarbeiter zufrieden sind oder ob sie mir schon weglaufen.“

Seine Lösung: Weniger fragen, dafür häufiger. Als das Unternehmen Anfang 2017 eine Mitarbeiterplattform installierte, war eine Anforderung von vorneherein: Die jährliche Mitarbeiterbefragung soll eingespart werden. Stattdessen eine regelmäßige Befragung von Kernindikatoren, die dem Management monatlich Hinweise auf die Entwicklung der Mitarbeiterzufriedenheit geben. Mitarbeitermonitoring statt Mitarbeiterbefragung.

Von der Mitarbeiterbefragung zum Mitarbeitermonitoring: So funktioniert es

Was ist ein Mitarbeitermonitoring? Im Prinzip die reduzierteste Form einer Mitarbeiterbefragung. Faktoren wie allgemeine Zufriedenheit, Zufriedenheit mit der Führungskraft sowie die Effizienz von Prozessen und Abläufen werden monatlich getrackt. In längeren Abständen, aber trotzdem regelmäßig, werden weitere Indikatoren abgefragt. Werte wie Partizipationsmöglichkeiten, Kundennähe, Weiterbildungsmöglichkeiten oder das Verständnis der Unternehmensstrategie werden – je nach Priorität – nur alle drei, sechs oder sogar zwölf Monate erhoben.

Probleme, beispielweise eine drastisch gesunkene Mitarbeiterzufriedenheit aufgrund von Veränderungen oder eine Ineffizienz neu implementierter Prozesse und Abläufe können so rechtzeitig erkannt werden. In Verbindung mit anderen Daten – z.B. dem Auftragsvolumen und der Arbeitslast innerhalb eines Jahres – können so fundierte Erkenntnisse darüber gewonnen werden, wie sich zum Beispiel Arbeitsspitzen auf die Mitarbeiterzufriedenheit auswirken.

Die Digitalisierung macht es möglich: Real-Time-Mitarbeiterbefragung

Die Möglichkeiten des Internets haben die klassische Marktforschung in den vergangenen Jahren bereits drastisch verändert. Hotels werden bei holidaycheck.de bewertet, Ärzte bei jameda und selbst auf der Toilette wird ein Feedback abgefragt, das in Echtzeit in den Systemen der Verantwortlichen aufläuft. Dass sich gerade die Mitarbeiterbefragung diesem Trend entzieht, ist eher unwahrscheinlich. Überall erhalten Verantwortliche Feedback in Echtzeit – nur von der Stimmung in der Mitarbeiterschaft erfahren sie alle ein bis zwei Jahre etwas in einer groß angelegten Studie.

Der Trend, Mitarbeiter stärker in Entscheidungsprozesse zu involvieren, wird durch Plattformen, die ähnlich wie Facebook funktionieren, verstärkt. Fragen, für die früher Arbeitskreise einberufen wurden, werden online diskutiert und bewertet. Mitarbeiter liefern Ideen für strategische Initiativen. Interne informelle Netzwerke sind das, was früher der “Flurfunk“ war. Die klassische Mitarbeiterbefragung wird in den kommenden Jahren weiterhin durchgeführt werden. Doch sie wird mehr und mehr innovativeren Formen des Mitarbeitermonitorings und der Mitarbeiterpartizipation weichen.

Der Autor

Jens-Uwe Meyer, Innolytics GmbH  (Bild: Innolytics GmbH)
Dr. Jens-Uwe Meyer ist Geschäftsführer der Innolytics GmbH.

 

Diskutieren Sie mit!     

  1. Bernd Sankowsky am 22.09.2017
    Hallo Herr Meyer, welche Erkenntnisse gibt es über die Beteiligungsquoten von Mitarbeiterinnen und Hinweise zum gelebten Datenschutz beim digitalen Monitoring?
  2. Jens-Uwe Meyer am 22.09.2017
    Hallo Herr Sankowsky,

    danke für Ihre Frage. Das hängt stark von der Unternehmenskultur ab. In den Unternehmen, in denen wir das Monitoring implementiert haben, herrscht eine starke Vertrauenskultur. Dort erzielen wir sehr hohe Teilnahmequoten - 80 Prozent und darüber.

    Ein wichtiger Punkt ist die Anonymisierung der Daten. Die Antworten von Mitarbeitern und MItarbeiterinnen werden von den Profildaten getrennt. Theoretisch - rein aus technischer Sicht gesehen - lässt sich jede Aktivität bis hin zur Bewegung des Mauszeigers nachverfolgen und auswerten. Damit das nicht passieren kann. gibt es im System die Einstellung "Umfragedaten anonymisieren". Dadurch wird sichergestellt, dass nicht später einmal ein Top Manager sagen kann: "Gib mir mal eine Liste von allen Frustrierten..."

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