Alexander Skorka Kommt nach der PowerPoint-Hölle die Dashboard-Flut?

In seiner ersten Kolumne für marktforschung.de befasst sich Alexander Skorka, Geschäftsführer von MIQUVA, mit Dashboards. Wann machen diese überhaupt Sinn und wie können sie erfolgreich kreiert und implementiert werden? Über Mythen, Methoden, Mehrwert und „Must Haves“.

Seit nunmehr als 10 Jahren sehe ich Analyse- und Dashboard-Anwendungen leben und sterben. Ich sehe Dashboards, die nach anfänglicher Euphorie konsequent von Nutzern gemieden werden und ein trauriges Dasein fristen. Ich sehe aber auch die, die sich behaupten und die Art und Weise wie wir Daten im Alltag nutzen revolutionieren – oder zumindest deutlich verbessern.

Gleichzeitig nimmt die Anzahl der Dashboards rasant zu. Mehr und mehr Marktforschungsprojekte kommen - so hat es zumindest den Anschein – ohne Dashboard nicht mehr aus. In Unternehmen laufen in den unterschiedlichsten Abteilungen entsprechende Initiativen. Man gewinnt schnell den Eindruck, dass jede Datenquelle genutzt und in eine entsprechende Anwendung verpackt werden soll. Leider ist das Resultat oft weder selbsterklärend noch visuell ansprechend oder erzählt eine Geschichte. Eine Situation vergleichbar mit PowerPoint. Nur statt PowerPoint-Dateien füllen jetzt URL-Links zu Dashboards unsere Email-Postfächer.

Anlass, für mich in dieser Kolumne Dashboards unters Mikroskop zu legen und über Mythen, Methoden, Mehrwert und „Must Haves“ zu sprechen und darüber, was es bedeutet ein Dashboard erfolgreich zu kreieren und zu implementieren. Es sei an dieser Stelle kurz darauf hingewiesen, dass ich der Einfachheit halber den Begriff „Dashboard“ verwende, auch wenn ein Dashboard eigentlich nur für einen sehr bestimmten Anwendungstyp steht.

Brauchen wir für alles und jeden ein Dashboard?

In Gesprächen mit Kunden beobachte ich aktuell einen positiven Trend. Die kritische Haltung gegenüber Dashboards nimmt zu. Anstatt im ersten Beratungsgespräch gleich über die Anforderungsliste zu sprechen, stellen mir Kunden vermehrt die Frage: Macht in diesem speziellen Fall ein Dashboard überhaupt Sinn und wie müssen wir es angehen, um erfolgreich zu sein?

In dieser Frage steckt für mich der entscheidenden Perspektiven-Wechsel, der über Erfolg oder Misserfolg eines Dashboards entscheidet. Das Vorliegen von Daten oder eine Anfrage rechtfertigt noch lange nicht die Entwicklung eines Dashboards. Dies kann nur der Anstoß sein, sich intensive und kritisch mit den Möglichkeiten auseinanderzusetzen. Wir müssen verstehen welchen zusätzlichen Nutzen ein Dashboard im Vergleich zu Alternativen, wie PowerPoint bieten kann. Zugegeben oft keine leichte Aufgabe auch für mich. Wenn Sie jedoch mit Ihrem Dashboard erfolgreich sein wollen, führt kein Weg daran vorbei, den tatsächlichen oder zumindest den subjektiven (Zusatz-)Nutzen erklären zu können.

Dem Nutzen auf die Spur kommen!

Nutzen entsteht, wenn ein Gut oder eine Dienstleistung ein bestimmtes Bedürfnis befriedigt. Im Kontext der Entwicklung einer Analyse- und Dashboard-Anwendung bedeutet das: Welche konkreten Bedürfnisse existieren auf Unternehmens- und Nutzerseite, die mithilfe der geplanten Anwendung zukünftig (besser) befriedigt werden können? Bevor Sie entscheiden, ob sich ein Dashboard für einen bestimmten Sachverhalt eignet, sollten Sie sich daher die folgenden Fragen stellen.

Wie und wo können wir durch die Einführung des Dashboards ...

  • zusätzlich Geld und Zeit sparen?
  • die verfügbaren Daten im Unternehmen intensiver nutzen?
  • das Datenvermögen nachhaltiger sichern?
  • die Organisation besser auf gemeinsame Ziele einschwören?
  • mehr Erkenntnisse aus den Daten gewinnen?
  • effektivere Maßnahmen ableiten und die Umsetzung gewährleisten?
  • Regularien, Normen und Gesetze leichter einhalten?
  • die Transparenz und Objektivität in Entscheidungsprozessen verbessern?
  • agiler auf Veränderung reagieren und Entscheidungszyklen verkürzen?

Je mehr substanzielle Antworten Sie finden, desto mehr Gründe sprechen für ein Dashboard. Aber Vorsicht! Ziel vieler Dashboardprojekte ist es die bisher in großen Mengen produzierten PowerPoint-Berichte abzulösen. Fachanwender sollen einen direkten Zugang zu den Daten erhalten und so selbstständig eigene Auswertungen erstellen. An sich ein vielversprechender, durchaus nutzenstiftender Ansatz. Schließlich lassen sich mit Automatisierung hohe Kosten- und Zeiteinsparungen realisieren. Diese Einsparungen dürfen jedoch nicht zu Lasten der eigentlichen Nutzer der Daten gehen. Diese machen sich nur selten Gedanken über Kosteneinsparungen. Sie bewerten - wie alle Kunden - nur den Nutzen des Produkts. Für sie zählt nur eine Frage: Erleichtert mir dieses Dashboard auch wirklich meine Arbeit?

Das ist der Maßstab aller Dinge. Bei der Konzeption eines Dashboards muss man daher immer den gesamten Prozess im Augen behalten, von den Rohdaten bis hin zur Nutzung der Daten in Entscheidungsprozessen. Es reicht nicht aus, nur die Prozesse auf Seiten desjenigen zu optimieren, die die Daten und Informationen sammelt und bereitstellt. Denn eine Dashboard-Anwendung muss vor allem ein Bedürfnis erfüllen: Sie muss eine sichere, einfache und effektive Nutzung der Daten ermöglichen und Entscheider zielgerichtet mit Daten und Geschäftsinformationen zusammenbringen. Das ist der wahre Zweck eines Dashboards!

Eine Anwendung, die Nutzern vermeintlich Flexibilität bietet und vor allem den Zugang zu vielen Daten managt, indem sie zahlreiche Filtermöglichkeiten bereitstellt, kann eine vielversprechende Kosteneinsparung schnell in eine Fehlinvestition verwandeln. Eine für Sie gewagte Aussage?

Denken Sie daran, ein Nutzer sitzt alleine vor dem Dashboard. Sie, der die Daten kennt, auf wichtige Aspekte hinweist, eine spannende Geschichte erzählt und dabei helfen kann, Ergebnisse einzuordnen, stehen nicht zur Verfügung.

Insbesondere bei der schnell wachsenden Zielgruppe mit geringer Affinität zu Daten, Analyse und Marktforschung kann eine falsch eingesetzte Technologie das Gegenteil bewirken. Wertvolle Daten werden infolge von Bedienhürden überhaupt nicht, inkorrekt oder zumindest ineffizient genutzt.

Wir müssen von der PowerPoint-Hölle lernen und versuchen, es besser zu machen. Lassen Sie uns vor lauter Digitalisierung und Effizienzbestrebungen die User Experience nicht aus den Augen verlieren. Das Arbeiten mit Daten soll doch auch Spaß machen. In ein paar Jahren möchte ich nicht laufend hören: Aha, schon wieder ein Dashboard!

Wie geht es weiter? Ganz einfach – in der nächsten Kolumne!

Über Alexander Skorka

Alexander Skorka ist Geschäftsführer von MIQUVA. Das Unternehmen ist spezialisiert auf Analyse- und Dashboard-Anwendungen in Marktforschung, Marketing und Experience Management. In seiner Vergangenheit war Alexander Skorka u. a. in verschiedenen Positionen für Dapresy, Confirmit und Kantar tätig.

 

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