Vom gekonnten Spielen der digitalen Klaviatur und langweiligen Übernahmeangeboten

Zehn Jahre respondi: Ob man sich anfangs blutige Nasen holte bei der Überzeugungsarbeit, inwiefern Internet und Marktforschung doch gut zueinanderpassen und welche strategischen Ziele er mit respondi weiterhin verfolgt, erläutert Dr. Otto Hellwig, Gründer und Vorstand von respondi, im Interview mit marktforschung.de.
marktforschung.de: Herr Hellwig, respondi begeht dieser Tage das zehnjährige Firmenjubiläum – herzlichen Glückwunsch dazu! Wie wird bei Ihnen gefeiert?
Otto Hellwig: Laut und lang. Im September haben Mitarbeiter, Ehemalige und Freunde eine Nacht durchgetanzt. Für mich ein wundervoller Augenblick. Man konnte richtig erleben, wie viele tolle Menschen die letzten zehn Jahre geprägt haben. Die Branche laden wir auf der Research & Results zu Sushi und Sake an unseren Stand ein.
marktforschung.de: Was war seinerzeit die Idee hinter respondi? Wie kam es zur Gründung?
Otto Hellwig: Angefangen hat eigentlich alles 2003 als ich zusammen mit Lorenz Gräf die Idee eines Portals hatte, auf dem wir Menschen mit Inhalten für Marktforschung begeistern wollten. Mit diesem Portal haben wir dann 2005 den Schritt in ein eigenes Unternehmen gewagt.
Aussagekraft von Online erhobenen Daten
marktforschung.de: Internet und Marktforschung ging ja doch für einige damals noch nicht so richtig zusammen. Haben Sie sich die ein oder andere blutige Nase geholt?
Otto Hellwig: Es ging. Wir hatten zwar viele lange Diskussionen über die Aussagekraft von Online erhobenen Daten und mussten viel Überzeugungsarbeit leisten, aber letzten Endes hat bei den Kunden immer die Neugier über die Skepsis gesiegt. Und wir konnten dies zum Glück meistens mit überzeugenden Ergebnissen belohnen.
marktforschung.de: Mit wie vielen Mitarbeitern sind Sie eigentlich damals gestartet?
Otto Hellwig: Mit mir waren wir drei feste Mitarbeiter und zwei Studenten und das auf zwei Etagen bei 500 qm in Herzen von Köln. Da hatten wir viel Platz und konnten Fußball spielen oder uns auch mal aus dem Weg gehen. Ich wollte aber damals einfach Stauraum für Wachstum und heute sind die zwei Etagen sehr gut gefüllt. Gar nicht zu reden von den Büros in London und Paris, wo wir nach einem Umzug dieses Jahr wieder zumieten mussten.
marktforschung.de: Was war das erste große Erfolgserlebnis? Und: können Sie sich noch an die Musik erinnern, die Sie danach gehört haben?
Otto Hellwig: Da gab es gerade in den Anfängen viele tolle Momente, die wir gefeiert haben. Das Gefühl aber, dass wir ein richtiges Unternehmen sind, hatten wir erst als wir unseren ersten internationalen Tracker gewonnen haben. Das war gut zwei Jahre nach der Gründung. Bei der gebührenden Feier konnte ich herausfinden, dass mein kolumbianischer Projektmanager am liebsten Metal und den ziemlich laut hört.
Online als dominante Erhebungsform
marktforschung.de: respondi ist ja eine AG. Warum haben Sie sich für diese Rechtsform entschieden?
Otto Hellwig: Das wussten wir damals auch nicht genau. Wir dachten halt, dass man mit einer AG flexibler im Wachstum ist. Bis heute hätten wir aber auch eine GmbH sein können.
marktforschung.de: Was waren aus Ihrer Sicht die relevantesten Veränderungen in der Marktforschungsbranche seit der Gründung von respondi?
Otto Hellwig: Methodisch gesehen, wurde Online zur dominanten Erhebungsform und Marktforschung wurde durch die Digitalisierung immer internationaler. Wirtschaftlich gesehen wurde Marktforschung zum Produkt, was angeboten, beworben und verkauft wird.
marktforschung.de: Welchen Einfluss hat das auf die notwendigen Qualifikationen Ihrer Mitarbeiter? Wie haben sich hier die Anforderungen verändert?
Otto Hellwig: Die Hälfte meiner Mitarbeiter sind Berater, die dieses Produkt verkaufen. Eine ganz neue Spezies: Menschen, die mit den Methoden und Zielen der Forschung vertraut sind und die dazu noch kommunikativ sind. Die gab es nicht auf dem Markt. Die mussten wir uns alle selber schaffen.
In der Umsetzung wurden und werden die Prozesse technischer und somit müssen meine Mitarbeiter immer mehr IT-Kenntnisse erwerben. Anfangs haben wir doch eigentlich nur Telefonfragebögen auf den PC gebracht. Heute kombinieren wir aktive und passive Daten auf und von allen möglichen Devices.
marktforschung.de: Welche strategischen Ziele werden Sie mit Ihrem Unternehmen in nächster Zeit verfolgen?
Otto Hellwig: Im Panelgeschäft gibt es im Prinzip zwei Wege: immer billiger oder immer besser. Wir eignen uns eher für die zweite Option würde der Rheinländer in mir sagen. Aber im Ernst, die Digitalisierung gibt uns fast täglich neue Werkzeuge an die Hand, um Menschen und deren Verhalten besser zu verstehen. Unsere Strategie folgt dabei der Leidenschaft auf dieser Klaviatur gekonnt zu spielen.
Wie die Marktforschung von der vernetzten Welt profitieren kann
marktforschung.de: Gab bzw. gibt es Übernahme-Angebote für respondi? Wie gehen Sie damit um?
Otto Hellwig: Die hat es in den letzten Jahren immer wieder gegeben. Mal locker, mal ganz konkret. Wir sind dabei sehr höflich und hören uns die Interessenten meistens an. Wir stellen dabei aber immer fest, dass sie nicht respondi kaufen wollen sondern unsere Marktanteile. Das ist für uns komplett uninteressant und langweilt mich nur noch. Ich meine, wir haben das doch aus Lust am Unternehmen gegründet und mittlerweile hängen da auch Existenzen vieler Mitarbeiter dran. Das schmeißt man doch nicht weg für eine Handvoll Dollar.
marktforschung.de: Denken Sie, dass das Geschäftsmodell "Access Panel" auch noch die nächste Dekade überdauert?
Otto Hellwig: Das Geschäftsmodell, Menschen digital für Marktforschung zu erreichen, wird auch noch in zehn Jahren Nachfrager haben. Dabei profitiert die Forschung sogar von einer immer stärker vernetzten Welt. Ob die Nachfrage aber von den aktuellen Anbietern bedient wird, wage ich zu bezweifeln. Aber das beunruhigt mich nicht. Als wir vor zehn Jahren gestartet sind, hatten unsere Wettbewerber auch noch andere Namen als heute.
marktforschung.de: Herr Hellwig, herzlichen Dank für das Interview!
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