Alexander Skorka, Forsta Visuelles Storytelling: eine Schlüsselkompetenz der Zukunft?

Welche Rolle spielt visuelles Storytelling in der Zukunft? Dieser Frage hat sich Alexander Skorka von Forsta (vormals FocusVision + Confirmit) angenommen. Dazu erklärt er, was gutes visuelles Storytelling ausmacht und wo der Unterschied zu reiner Datenvisualisierung liegt.

Dossier Visuelles Storytelling Skorka (Bild: Autor)
Alexander Skorka von Forsta über die Relevanz von visuellem Storytelling (Bild: Autor)

Dank der Entwicklung von Dashboard-Anwendungen erfordert der Zugang zu hochwertigen datenbezogenen Erkenntnissen ein Minimum an Zeit und Kenntnissen. Man sollte annehmen, dass diese fortschreitende Entwicklung die Nutzung von Daten und Analysen in allen Bereichen fördert. Sicherlich schöpfen "Digital Natives" die sich ihnen bietenden Möglichkeiten bereits aus. Viele Unternehmen nutzen jedoch nach wie vor noch nicht die ganzen Vorteile, die diese Technologien liefern können. Denn die Herausforderungen bei der Nutzung dieser Technologien gehen deutlich weiter, als nur neue Tools einzuführen. Unternehmen und deren Beschäftigte müssen neue Denkweisen und Fähigkeiten erlernen und im Alltag kontinuierlich leben. Zu diesen Fähigkeiten gehört unter anderem auch das sogenannte "Visual Storytelling". Gartner sagt für 2025 voraus, dass Storytelling das am weitesten verbreitete Mittel zur Nutzung von Analysen sein wird – darunter sogar viele automatisch produziert. Insbesondere weil aktuell nur ein Drittel der Mitarbeiter in Unternehmen Daten nutzen.

Was unterscheidet visuelles Storytelling von klassischer Datenvisualisierung?

Visual Storytelling erzählt eine Geschichte mit Hilfe von Infografiken. Eine Infografik ist eine visuelle Repräsentation eines ganzen Themenkomplexes. Durch die Kombination von Text, Bildern, Symbolen und Diagrammen entsteht eine unterhaltsame, aber durchaus effektive Kommunikation. Infografiken sind damit eine gute Antwort auf die stetig steigende Informationsflut. Sie verschmelzen Information und Entertainment zu Infotainment.

Im Gegensatz zu Infografiken stehen klassische Datenvisualisierungen in Form von Tabellen und Diagrammen. Diese sind oft abstrakter Natur und betrachten Informationen und Daten isoliert. Dadurch eröffnen sich dem Betrachter nur selten Erkenntnisse, wie zum Beispiel relevante Wirkungszusammenhänge und -prinzipien. Erst gut gestaltete Infografiken ermöglichen uns das einfache und schnelle Erfassen, Verstehen, Interpretieren und Bewerten von komplexen Sachverhalten. Sie lassen uns den roten Faden erkennen und führen uns systematische durch das, was für uns wichtig ist. 

Visuelles Storytelling Grafik (Bild: Confirmit)

Was macht gutes visuelles Storytelling aus?

Wie jede gute Geschichte beginnt auch die visuelle Variante mit einem Ereignis, das es Wert ist, genauer betrachtet zu werden. Dies kann zum Beispiel ein kürzlich aufgetretenes Problem oder eine sich ergebende Gelegenheit sein. Eine gute visuelle Story stellt Zusammenhänge zwischen Fakten, Emotionen, Rahmenbedingungen, Einstellungen und Handlungsweisen her. Sie stellt damit die kausalen Beziehungen zwischen allen relevanten Fakten her. Kausalzusammenhänge können impliziert, hypothetisiert oder behauptet werden. Aber kausale Beziehungen sind entscheidend dafür, dass eine Geschichte funktioniert – mit anderen Worten: In einer Geschichte geschieht alles aus einem Grund. Es geht nicht immer darum, sich mit den genauen kausalen Mechanismen aufzuhalten.

Geschichten in Form von Infografiken lassen sich mit erzählerischen Sequenzen vergleichen. Sie bieten einen visuellen, narrativen Weg durch die relevanten Fakten. Mit anderen Worten führt die Geschichte den Betrachter durch die Welt der Daten, anstatt ihn einfach dort hineinzuwerfen. Sie bringt Fakten und deren Wechselwirkungen in eine bestimmte Reihenfolge. Diese Sequenz, die letztendlich eine Analysekette ist, muss nicht unbedingt die zeitliche Abfolge der Fakten widerspiegeln, denn viele Geschichten werden in einer abweichenden Reihenfolge erzählt. Wichtig ist nur, dass die zeitliche und kausale Richtung für den Leser nachvollziehbar ist.

Eine Geschichte sucht und bietet Lösungsansätze und ermöglicht damit effektive Entscheidungen für eine sinnvolle Transformation. Natürlich ist eine Geschichte immer ein bestimmter Weg durch eine Welt und enthält damit eine von möglicherweise vielen Sichtweisen. Damit nimmt sie auch immer einen bestimmten Standpunkt ein. 

Dies bedeutet nicht, dass sie Vorstellungen des Erzählers widerspiegelt. Im Gegenteil, eine gute Geschichte setzt immer beim Interesse des Lesers an. Sie liefert dem Leser Erkenntnisse, die effektives Entscheiden erst ermöglichen und visualisiert nicht einfach nur Daten. Sie stellt den Anspruch, für den Leser Sinn zu ergeben und ihn bei seinen Managementaufgaben zu unterstützen. Denn nur dann erzielt sie ihre volle Wirkung. 

Welche Wirkung kann visuelles Storytelling entfalten?

1. Visuelles Storytelling ist ein wertvolles Instrument im Change-Management: 

Da Storytelling nicht ohne eine ausgeprägte Problemlösungsorientierung auskommt, ist der Wandel bereits in der Geschichte eingebaut. Eine gute Geschichte wirbt für Innovationen, für Verbesserungen, für Entwicklung – immer verknüpft mit der Wahrnehmung und Reflexion der bestehenden Verhältnisse. Eine Story kann eine Vision sein, aber keine, die nur Schlagworte enthält, sondern eine, die das Publikum zum Weiterdenken anregt. Denn es geht nicht darum zu behaupten, dass etwas möglich ist, sondern Daten darüber zu liefern, unter welchen Umständen etwas, auf welche Art und Weise möglich wird. 

2. Konsequent eingesetztes visuelles Storytelling ermöglicht das Einreißen von Datensilos: 

Marketing, Marktforschung, Vertrieb, Service und Versand sammeln und pflegen viele interessante Informationen. Allzu häufig mangelt es jedoch am holistischen Blick auf Kunden, Märkte und Geschäftsprozesse. Dies ist eine wichtige Voraussetzung unter anderem für die erfolgreiche Digitalisierung von Geschäftsmodellen und -prozessen. Der im Storytelling verankerte Anspruch ein "Was" (= Was gerade geschieht) durch mindestens ein "Warum" (= Wie es dazu kam) erklären zu wollen und dem Leser ein "Wie" (= Welche Lösungsmöglichkeiten bestehen) aufzuzeigen, umfasst auch gleichzeitig den Anspruch, möglichst viele Perspektiven und Daten in die Analyse einzubeziehen. Denn das Denken in Geschichten heißt, Analyseketten aufzubauen. Diese lassen sich jedoch nur dann umfassend und aussagekräftig entwickeln, wenn vorhandene Daten und Informationen aus unterschiedlichen Bereichen und Systemen zusammengeführt werden. 

3. Visuelles Storytelling ist der Schlüssel für die unternehmensweite Demokratisierung von Geschäftsdaten:

Eine stetig steigende Anzahl Stakeholder benötigt handlungs- und entscheidungsrelevante Informationen. Viele dieser Stakeholder sind jedoch nicht mit Daten und Analytics vertraut. Sie sind keine Analysten und kommen oft nur schwer mit Daten und abstrakten Visualisierungen in Form von Diagrammen und Tabellen zurecht. Ihnen fehlen schlicht die Erfahrung und analytisches Wissen. Auch reichen ihnen "nackte" Zahlen allein oft nicht aus, um Zusammenhänge zu verstehen und entsprechende Entscheidungen treffen zu können. Durch den Einsatz von Infografiken werden ihnen komplexe Sachverhalte leicht verständlich und interpretationssicher veranschaulicht. Insbesondere wenn Infografiken den notwendigen Kontext liefern, indem sie auch Ergebnisse aus qualitativen Studien mit einbeziehen. Das Resultat sind Informationen und Erkenntnisse, aus denen sich effektive Maßnahmen ableiten lassen.

4. Denken in visuellen Stories unterstützt den Aufbau der geforderten Datenkompetenz aller Mitarbeiter:

Mitarbeiter benötigen zukünftig nicht nur den einfachen und schnellen Zugang zu wichtigen Informationen. Die rasant wachsende Flut an Daten, der steigende Zeitdruck und die zunehmende Komplexität von Entscheidungen verlangt von ihnen, Daten eigenständig analysieren zu können. Und dies ohne die Mithilfe von Datenanalysten. Natürlich versprechen viele Tools den einfachen Umgang mit Daten und Analysen. Diese Tools geben Nutzern eine Welt, die sie erforschen können. Leider müssen jedoch Nutzer den Weg durch die verfügbaren Daten selber finden. Daher müssen sie über die Kompetenz verfügen, Daten zu verstehen und vor allem die richtigen Fragen an die Daten stellen zu können. Eine Kompetenz, die essenziell ist, um Wissen im Unternehmen aufzubauen. Diese Fähigkeiten können durch konsequentes Nutzen von Techniken des visuellen Storytellings etabliert und weiterentwickelt werden.  

5. Visuelles Storytelling fördert die unternehmensweite Kollaboration:

Veränderung gelingt nur, wenn alle an einem Strang ziehen und das gleiche Verständnis für die notwendige Maßnahmen und Innovationen vor Augen haben. Durch Geschichten wird es leichter über Erkenntnisse und Ideen zu sprechen, als dies mit abstrakten Diagrammen und Tabellen möglich ist. Denn uns Menschen ist die Neugier auf Geschichten in die Wiege gelegt. Geschichten helfen uns Ursachen, Wirkungszusammenhänge und -prinzipien zu verstehen. Sie liefern notwendige Denkanstöße und regen vor allem zum Weiterdenken und zum Weitererzählen an. Damit wird auch die sogenannte Schwarmintelligenz eines Unternehmens besser genutzt. In Folge der intensiveren Kommunikation entstehen neue Ideen und Perspektiven. 

Zusammenfassung

Richtig angewendet ist "Visuelles Storytelling" eine Schlüsselkompetenz in einer von Daten getriebenen Welt, welche nicht nur Mitarbeiter, sondern ganze Organisationen entwickeln müssen. Visuelles Storytelling unterstützt Veränderungsprozesse, hilft Datensilos aufzubrechen und das Unternehmensvermögen „Daten“ bestmöglich zu nutzen, in dem der Forderung nach einer Demokratisierung der Daten und einer verstärkten Kollaboration zwischen Mitarbeitern durch visuelles Storytelling nachgekommen werden kann. 

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