Das Interview zum Webinar: Natacha Dagneaud, Séissmo "Viele unserer Kunden fragen sich, welche Wirkung ihr Claim überhaupt hat"

Im Webinar am 14. November wird die Geschäftsführerin des Mannheimer Instituts Séissmo ungewöhnliche Lösungswege der Qualitativen Marktforschung demonstrieren, wenn es um die Wahrnehmung von Marken geht. Wir trafen Natacha Dagneaud vorab für ein Gespräch.

marktforschung.de: Frau Dagneaud, Sie bieten am 14. November auf marktforschung.de ein Webinar an, das wir so noch nicht hatten. In der Ankündigung schreiben Sie: "Sie sind bei uns richtig, wenn es sich um Probleme handelt, die mit Standards nicht zu fassen sind." Dieses Versprechen ist noch nicht das Außergewöhnliche, es sind vielmehr die Mittel, die Sie anwenden und auch am 14.11. bei uns präsentieren werden. Es geht um Pantomime.

Natacha Dagneaud: Ja, wir Marktforscher haben es in den letzten Jahren immer mehr mit Verbrauchern zu tun, die entweder die Tricks der Marktforschung kennen oder mehr "Entertainment-Charakter" erwarten. Gerade das passive Herumsitzen – ob Interview oder Gruppe, ob F2F oder online – macht wahrlich keinen Spaß. Dabei sind die Fragen der Marketing-Fachleute immer noch dieselben: Brauche ich einen Claim? Welcher Claim schmückt meine Marke am besten? Wie verstehen die Menschen meinen Claim? Um diese Fragen zu beantworten, haben wir einen professionellen Schauspieler engagiert. Sie können sich vorstellen, dass die erste Probe lustig war! Jedenfalls wird auf diesem Wege der Verbraucher in die aktive Rolle des Marionettenspielers gebracht: Der Verbraucher sollte Anweisungen geben, damit der Schauspieler die Botschaft des Claims via Mimik und Gestik zum Ausdruck bringen konnte. Dabei durfte der Verbraucher weder den Markennamen noch den Claim verraten. Die Verbraucher waren damit nicht mehr in der "befragten" Position, sondern absolut spielerisch aktiv und gestalterisch voll dabei.

marktforschung.de: Auf was dürfen wir uns freuen? Werden Sie über die WebCam pantomimisch Marken darstellen?

Natacha Dagneaud: Ich hatte eigentlich vor, die WebCam auszuschalten. Sie bringen mich jetzt auf lustige Gedanken. (lacht)

marktforschung.de: Das können wir ja noch klären bis zum Webinartermin... Jetzt einmal zurück zu den genannten Problemen, die Marken haben können. Könnten Sie einige aufzählen, die Ihnen schon einmal begegnet sind? Und welche Lösungen fallen Ihnen exemplarisch ein, die dann durch eine pantomimische Herangehensweise gefunden werden konnten?    

Natacha Dagneaud: Viele unserer Kunden wechseln immer wieder den Claim. Dabei fragen sie sich, was für eine Wirkung er überhaupt hat! Tendenziell wird der Claim auch sehr überschätzt: Wir haben Kunden erlebt, die ihre Marke mit neuem Inhalt aufladen wollten und dafür den Claim verwendet haben. Das kann funktionieren. Die Voraussetzung ist allerdings, dass die Marke bereits eine hohe Bekanntheit genießt. Wir haben auch regelmäßig Kunden, die einen fremdsprachigen Claim verwenden wollen oder auch müssen. Und die sich fragen, was davon beim Verbraucher ankommt. Unsere Antwort: Achtung Gefahr! Und schließlich sind einige unserer internationalen Kunden auch in der Zwickmühle, wenn es darum geht, einen auf Englisch konzipierten Claim ins Deutsche zu übersetzen. Mit dieser Methode finden wir heraus, welche Formulierung welchen Inhalt transportiert. Der Teufel steckt oft im Detail.

marktforschung.de: Wie kommt man auf die Idee, Probleme der Marktforschung und speziell von Marken mit Hilfe von Pantomime anzugehen? Was war damals der Auslöser?

Natacha Dagneaud: Der Kontext war die Suche nach unserem Thema für die diesjährige experimentelle Forschungsreihe Séissmograph, die übrigens auf unserer Website frei heruntergeladen werden kann. Der unmittelbare Moment der Erfindung war ein Blick auf meine Rosen am Samstagmorgen auf meiner Terrasse! (lacht) Die Inkubation erfolgte aber nach mehreren Brainstorming-Sitzungen im Team. Und schließlich sei der DSGVO Dank! Dadurch, dass wir doch sehr in der Nutzung von Personen-Bildern eingeschränkt sind, musste ein Mittel her, bei dem die Verbraucher nicht selbst abfotografiert wurden. So sind sie zu Regisseuren geworden!

marktforschung.de: In der Ankündigung zum Webinar steht auch, dass Ihre Firma Séissmo die KI-Technologie "konsequent nutzt". Bei genau was lassen Sie sich und Ihre Kunden durch Künstliche Intelligenz helfen? Auch hier würden mich Beispiele interessieren.

Natacha Dagneaud: Wir haben Anfang 2018 mehrere Tech-Firmen auditiert und uns für die SaaS von Synomia mit Sitz in Paris entschieden. Wir verarbeiten damit große Mengen an unstrukturierten Texten - typischerweise Erzählungen aus durchgeführten kognitiven Interviews, die sauber transkribiert werden. Das kognitive Interview ist eine Befragungsmethode aus der Forensik, die die Gedächtnisleistung erhöht und uns erlaubt, unterschiedlichste Erlebnisse und Erfahrungen von Konsumenten zu erfassen. Es fallen aber durch die Methode unendlich viele Details an - gerade bei Shopper-Forschungen fällt einem Probanden die Frau ein, die gerade am Einräumen war, dem nächsten der Duft von Brot im Eingangsbereich, etc. Diese extreme Dichte an Information wird sortiert und gewichtet. Verbatim zählt!

marktforschung.de: Wir freuen uns sehr auf das Webinar. Vielen Dank für das Gespräch!

Hier geht es zur Anmeldung.

Das Interview führte Tilman Strobel

 

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  1. Cyril Croutelle am 31.10.2019
    Séissmo hat hier einen beeindruckenden Weg gefunden Claims effizient zu testen. Sehr spannend.

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