Martins Menetekel Verrückte Zeiten

Allmählich kann Martin Lindner den Frust der Kassandra verstehen, schreibt er in seiner neusten Kolumne. Sie sagt etwas, was völlig vernünftig und nachvollziehbar ist, es wird aber genau das Gegenteil mit seinen tödlichen Folgen gemacht. Übertragen auf die Corona-Pandemie: Die signifikanten Parameter steigen oder sind absurd hoch, dennoch werden alle oder fast alle Gegenmaßnahmen gelockert oder aufgehoben. Was erwartet uns also?

Martins Menetekel

Wer wird gewinnen, die Durchseuchung mit Ergebnis Herdenimmunität oder das Virus mit einer noch überlebensfähigeren Variante, die der Immunität trotzt?

Mit der Impfung werden wir es nicht schaffen. Sie ist in den letzten 3,5 Monaten von 70 Prozent Mitte Dezember auf knapp unter 76 Prozent Ende März gestiegen, ein Trauerspiel.

Kommen wir zu den wichtigsten Grafiken, nämlich der Fallzahlen, deren tägliche Zuwächse und das Auf und Ab dieser Zuwächse. Diese werden angenähert durch die Referenzkurve, deren erster und der zweiten Ableitung.

Die Fallzahlen, ein bürgerliches Trauerspiel:

Die täglichen Zuwächse: Ade, Du mein lieb Heimatland:

Da verabschieden sich die Zuwächse von der schönen Glockenkurve und gehen in Wellen nach oben, ganz sicher kein Grund für Lockerungen, aber auch noch kein Indiz für einen längerfristigen Trend. Wir müssen abwarten.

Die Änderungen der Zuwächse, Dichtung und Wahrheit:

Ich hätte es ausgeschlossen, dass die Erhöhung der täglichen Zuwächse noch einmal in den 5-stelligen Bereich klettern würden.

Der Entwicklung unterliegend ist der Reproduktionsfaktor R. Meine Leserschaft kennt mein Wunsch-R, es muss ständig unter 0,86 liegen. Das tut es seit Jahresbeginn nicht mehr, wenn wir noch mehr glätten würden:

Wenn jetzt Hospitalisierung, Belastung der Krankenhäuser oder des Pflegepersonals gering wären, könnte man das Vorgehen billigen. Die Todesfallzahlen sprechen dagegen:

Die kumulierten Fallzahlen der an oder mit Corona Verstorbenen nähern sich der Zahl 125.000 .

Noch dramatischer zeigt es die Grafik der Infizierten. Zwar ist Omikron im Krankheitsverlauf harmloser, aber die schiere Zahl der Infizierten sorgt für eine Überlastung des Personals, weil zu viele in Quarantäne müssen.

Vor einigen Tagen hörte ich Herrn Drosten im Radio und staunte, wie tief das Verständnis für den Krankheitsverlauf von COVID-19 geworden ist. Unerhört viele Detailkenntnisse lassen eine fundierte Strategie gegen das Virus zu. Bemerkenswert war, dass die Situation in Deutschland nicht eins zu eins mit der in anderen Ländern zu vergleichen ist und damit auch die Maßnahmen nicht gegeneinander aufzurechnen sind. Wenn also andere Länder lockern, mag es für diese eine gute Strategie sein, aber es ist kein Grund, es genau so zu übernehmen.

Deshalb noch einmal der internationale Vergleich:

Gelb höher als Rot: Lage ist schlechter geworden: Österreich, Schweiz, Deutschland, Frankreich, England, Italien, Belgien
Gelb niedriger als Rot: Lage hat sich verbessert: Niederlande, Dänemark (super Performance!), Portugal, Spanien, Türkei, USA Belgien, die USA und die Türkei haben ihre Inzidenz sogar unter die Marke vor Omikron (Blau) senken können, Chapeau!

Bleibt gesund durch Beherzigen von Impfungen und Maskentragen und Abstandhalten!

Über Martin Lindner

Martin Lindner
Martin Lindner ist promovierter und habilitierter Mathematikprofessor im Ruhestand und beschäftigt sich intensiv mit nachhaltiger Wirtschaft und der Zukunftsfähigkeit unserer heutigen Lebensformen. Zusätzlich hat er eine Ausbildung und auch Berufserfahrung in Wirtschaftsmediation.

 

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