Studie "Spotlighting Humanitarian Crises" Vergessene Krisen: Zu geringe Aufmerksamkeit in der Berichterstattung

Weltweit erhalten viele Menschen, die von humanitären Notlagen betroffen sind, kaum oder nur punktuell Aufmerksamkeit in der internationalen Gemeinschaft und Berichterstattung. Die aktuell veröffentliche Studie „Spotlighting Humanitarian Crises“ von pressrelations hat untersucht, wie intensiv deutschsprachige Onlinemedien 2022 zu Krisen im Libanon, Bangladesch und dem Südsudan im Vergleich zur Ukraine berichteten.

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Das Thema Spenden ist nur in knapp drei Prozent der Beiträge zu den drei Fokusländern Libanon, Bangladesch und Südsudan präsent. (Bild: picture alliance / photothek | Thomas Koehler)

339 Millionen Menschen werden nach Schätzung der Vereinten Nationen dieses Jahr auf humanitäre Hilfe angewiesen sein. In den Medien sind die Nöte dieser Menschen laut der veröffentlichen Studie oft vergessenen Krisen. Die Analyse der medialen Berichterstattung von humanitären Krisen wurde von der „Johanniter-Unfall-Hilfe“ und „Aktion Deutschland Hilft“ beauftragt.

Intensität der Berichterstattung

Für die Kampagne #InDenFokus hat der Medienbeobachter pressrelations die Berichterstattungsintensität der drei Fokusländer Libanon, Bangladesch und Südsudan mit der Ukraine verglichen und große Unterschiede offengelegt. So sind 2022 insgesamt 12.843 krisenbezogene Artikel zu den Fokusländern in den deutschen Onlinemedien veröffentlicht worden, über die Ukraine waren es rund 1,8 Millionen Beiträge.

Eine solche Intensität benötigen auch die Fokusländer und andere weltweite humanitäre Krisen, denn deren Berichterstattung entscheidet über die Wahrnehmung und Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung.

Folglich hängt das Spendenaufkommen unmittelbar mit der medialen Präsenz und dem öffentlichen Diskurs zusammen.

Zeitliches Medieninteresse

Seit dem Beginn des Ukrainekriegs im Februar 2022 erfährt die Ukraine eine fortwährend hohe mediale Aufmerksamkeit und steht in Spitzen im Zentrum der Berichterstattung. Die Fokusländer der Kampagne erhalten nach den Auswertungen der Studie lediglich punktuell mediale Aufmerksamkeit, und es gibt kein konstantes Medieninteresse. Über die dortigen Krisen wird oft erst über andere Meldungen aufmerksam gemacht. So wurde über das Fokusland Südsudan nur aufgrund der Verschiebung der Afrikareise des Papstes berichtet.

Präsenteste Krisenthemen in den allgemeinen Medien

Ein weiterer Untersuchungsschwerpunkt waren die thematischen Schwerpunkte von Krisen in der gesamten Berichterstattung. Das Top-Thema unter allen Ländern war Krieg/gewaltsame Konflikte mit 1,45 Millionen Beiträgen im Untersuchungszeitraum. Das Krisenthema Geflüchtete wird in der Berichterstattung in 326.826 Beiträgen behandelt, Hungerkrisen liegen mit 86.424 Artikeln an vierter Stelle, gefolgt von allgemeiner humanitärer Hilfe mit 70.659 Beiträgen.

Naturkatastrophen wie Dürre, Flut und Überschwemmungen, oft als Folgen der Klimakrise, liegen in der Berichterstattung alle nur im einstelligen Tausenderbereich. Nur vier Prozent der Beiträge haben einen direkten Bezug zum Klimawandel.

Top-Themen der krisenbezogenen Artikel zum Libanon sind mit 72,9 Prozent und zum Südsudan mit 57,3 Prozent Krieg und gewaltsame Konflikte, bezüglich Bangladesch sind es Überschwemmungen (34,1 Prozent).

Geringe Berichterstattung über Spenden

Das Thema Spenden wird durchschnittlich nur in knapp drei Prozent der Beiträge zu den drei Fokusländern aufgegriffen und ist auch zur Ukraine nicht präsent. Es nimmt insgesamt nur einen sehr geringen Berichterstattungsanteil ein.

Themenpräsenz nach Anteil an der Gesamtberichterstattung in Prozent

Grafik: pressrelations

Grafik: © pressrelations

Fehlendes Suchinteresse der Deutschen über Google

Krisenhafte Ereignisse in den drei Fokusländern führen nach der Studie zu keinem deutlichen Anstieg des Suchvolumens der deutschen Bevölkerung im Vergleich zur Ukraine. Auch das Beitragsaufkommen in Online-Medien war 2022 für die Ukraine deutlich höher als das für alle drei Fokusländer gemeinsam. Die Daten wurden durch die über Google Trends abgefragten Google-Search-Scores ermittelt.

Suchinteresse an der Ukraine

Grafik: © pressrelations

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Suchinteresse an den Fokusländern

Grafik: © pressrelations

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Gerechtere Berichterstattung

Die Verfassenden der Studie hoffen, dass die Erkenntnisse der Analyse dazu beitragen, den Fokusländern und anderen vergessenen Krisen zukünftig eine höhere mediale Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Denn nur so können für die Millionen Menschen weltweit in Not die benötigten Spenden für humanitäre Hilfen generiert werden.

Die Studie wurde im Rahmen der Kampagne #InDenFokus in Auftrag gegeben, durch die über 30 humanitäre Hilfsorganisationen medial übersehene Krisen in den Fokus rücken. Die Aktionswoche zur Kampagne fand ab dem 06. Mai 2023 statt.

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Methodik

Erhebungsmethode Hybrider Forschungsansatz
Medienarten Online Überregionale und regionale Tageszeitungen, Sonntagszeitungen, Wochenzeitungen/Magazine, Fachmedien, Publikumspresse sowie Sendungen TV/Radio
Feldzeit 01.01. bis 31.12.2022
Land Deutschland
 

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