Dominic Blank, POSpulse "Unternehmen wollen keine Mystery Shopping Roboter"

Wünscht sich nicht jeder, der Mystery Shopping in Auftrag gibt, reelle Eindrücke und Meinungen von Menschen, die tatsächlich die eigenen Kunden sein könnten? Wie das gelingen kann, erklärt Dominic Blank, Founder & CEO von POSpulse.

Dominic Blank, POSpulse

Dominic Blank, POSpulse

marktforschung.de: Herr Blank, ganz allgemein: Wie funktioniert Mystery Shopping bei POSpulse? Was ist bei POSpulse anders als im klassischen Mystery-Shopping?

Dominic Blank: Mystery Shopping bei uns unterscheidet sich vor allem in drei Punkten: Wir zeigen die tatsächliche Perspektive der Endkunden, bieten eine hohe Schnelligkeit, nahezu in Echtzeit, und eine sehr transparente Qualitätskontrolle. Endkundenperspektive und Schnelligkeit erreichen wir über unsere eigene Community. Diese zählt heute 550.000 Menschen in DACH (800.000 global). Seit 2012 kontinuierlich auf- und ausgebaut, sind das ganz reguläre Konsumenten, die über eine App, Streetspotr, miteinander verbunden und flächendeckend unterwegs sind. Wenn Sie sich beispielsweise eine Karte von Deutschland anschauen, so ist diese Karte vollständig von unseren Community Mitgliedern - von uns "Spotr" genannt – abgedeckt. Das nicht nur in urbanen Gebieten, sondern auch rural ganz gemäß der Bevölkerungsverteilung. Dadurch ist gewährleistet, dass wir sehr viele Standorte mit kurzer Vorlauf- und Feldzeit besuchen können.

Bild: App-Startbildschirm. Dem Mystery Shopper werden Aufträge in der Nähe angezeigt.

Bild: App-Startbildschirm. Dem Mystery Shopper werden Aufträge in der Nähe angezeigt.



Abgesehen von der Schnelligkeit ist es aber vor allem die tatsächliche Endkundenperspektive, die unsere Kunden schätzen und vermehrt auch aus diesem Grund mit uns arbeiten. Wir sehen immer mehr, dass Hersteller, Händler und Service-Anbieter keine "Mystery Shopping Roboter" möchten, die viele Hunderte oder Tausende Mystery Shopping Einsätze durchgeführt haben. Sie möchten die Eindrücke und Meinungen von Menschen, die tatsächlich auch ihre eigenen Kunden sind oder sein könnten. Unsere App, einschließlich der Nutzerprofile und Umfrageergebnisse unserer Spotr, erlaubt uns genau nach Zielgruppen auszusteuern und all jene für Aufträge zuzulassen, die hierfür am besten geeignet sind.

Die transparente Qualitätskontrolle gewährleisten wir automatisiert via Technologie. Damit sind unsere App, das Erhebungsinstrument der Community, als auch unsere Technologie-Plattform gemeint. Features wie GPS Check-in, Zeit- und Datumstempel als auch Segmentierung nach Zielgruppen erreichen, dass es bei jedem Schritt einen Nachweis über die tatsächliche als auch die korrekte Ausführung eines Mystery Shopping Auftrags gibt.

Nun in Kürze zu dem Punkt, wie Mystery Shopping operativ funktioniert und abläuft. Ein Kunde kommt in der Regel mit einem Ziel, z.B. Beratungsqualität der Servicemitarbeiter mit Fokus ABC steigern, auf uns zu. Auf der Basis schlagen wir, auch vor dem Hintergrund unserer Erfahrung, ein Studiendesign und Fragebogen vor. Nach erfolgter Abstimmung wird dieser Fragebogen in unserer Plattform programmiert – das können Kunden übrigens auch selbst, wenn gewünscht – und wird per Knopfdruck für unsere Community freigegeben.

Die Community erhält die Benachrichtigung eines neuen Auftrags, öffnet die App "Streetspotr" und sieht eine Reihe von aktuell verfügbaren "Spots", Aufträge unserer Kunden, die man an meist vorgegebenen Locations durchführen kann. Job reservieren, vor Ort per GPS einchecken (damit wir wissen, dass sie auch wirklich vor Ort sind) und dem Briefing folgen – voila. Als Teil des Briefings sind alle Fragetypen möglich, die man auch aus der Marktforschung kennt – geschlossene und offene Fragen, Bewertungsfragen mit Skalen, Bilder, Videos uvm. Sobald ein Auftrag eines Spotrs abgeschlossen wird, geht dieser bei uns ein und wird zusätzlich manuell validiert. Die validierten Ergebnisse sind dann für unsere Kunden nahezu in Echtzeit über ein Online Dashboard sichtbar.



marktforschung.de: Was sind für Sie klassische Anwendungsfälle?

Dominic Blank: Klassische Anwendungsfälle beinhalten all jene Aufgabenstellungen, die man vor Ort innerhalb von 5-30 Minuten abschließt. Dabei kommen unsere Kunden vor allem aus den Bereichen Lebensmittel/Getränke, Pharma OTC, Consumer Electronics, Telekommunikation und Service. Vertreten sind dabei Hersteller als auch Händler. Die häufigsten beiden Anwendungsfälle bezüglich Mystery Shopping sind:

1) Prüfung des Beratungs- und Serviceverhaltens und
2) Ganzheitliche Compliance Checks, welche die Einhaltung sämtlicher definierter Standards beinhaltet.

Mystery Shoppings zum Beratungs- und Serviceverhalten haben dabei meist zwei Ausprägungen. Entweder bekommt unsere Community ein explizites Szenario an die Hand, z.B. nach der Empfehlung eines Handy-Endgeräts zu fragen oder nach einem Medikament bei expliziten Symptomen - um nur zwei Beispiele zu nennen -, oder unsere Spotr wählen ein Szenario, wegen dem sie ohnehin und ganz natürlich die Verkaufsstätte auch aufsuchen.

Ganzheitliche Compliance Checks sind meist komplexer und ähneln 360° Überprüfungen. Hier werden Warenpräsentationen getestet, Produktverfügbarkeiten, Preise, das Ambiente also auch Beratungssituationen.

marktforschung.de: Welche Nachteile sehen Sie im klassischen Mystery Shopping? Welche Vorteile liefert im Gegenzug Mystery Shopping via Crowdsourcing?

Dominic Blank: Das klassische Mystery Shopping hat zweifelsohne seine Daseinsberechtigung, insbesondere bei sehr komplexen Einsatzszenarien die meist über 45 Minuten hinausgehen und intensiveren Trainings bedürfen. Bei einem Großteil der Anwendungsfälle sehe ich den Crowdsourcing Ansatz allerdings im Vorteil: Reguläre Endkunden bieten valideres Feedback, es geht deutlich schneller, kostengünstiger und bietet konstant hohe Datenqualität. Falsche oder gefakte Ergebnisse sind auf Basis der Technologie nicht möglich.

marktforschung.de: Wie stellen Sie die Validität aller erhobenen Daten sicher?

Dominic Blank: Drei Stichwörter: Technologie, manuelle Validierung, Zielgruppen-Segmentierung

Technologie:
Bevor unsere Nutzer einen Auftrag erledigen, müssen sie sich vor Ort per GPS einchecken. Sind sie nicht innerhalb eines Radius von z.B. 50-100 Metern, werden sie nicht zur Durchführung freigegeben (keine Erledigung von der Couch!). Die App führt dann Schritt für Schritt durch den Auftrag, so wie es am meisten Sinn macht. Bei jedem Schritt wird zusätzlich Zeit und Standort erfasst. Wichtig ist, dass zusätzlich immer auch Bilder gemacht werden, insbesondere von Faktoren wie Warenpräsentation, Platzierung oder Werbemittel. Diese Bilder können in der App aufgenommen werden und garantieren so zusätzlich, dass User wirklich vor Ort waren. Für Fragen, die mithilfe von Bildern geprüft werden, z.B. Produktchecks und Promotionchecks, ist dieses Feature von besonderer Bedeutung.

Manuelle Validierung:
Sobald ein Auftrag erledigt wurde und in unserem System erscheint, prüft unser Qualitätssicherungsteam die Richtigkeit und Konsistenz, z.B. auch über Abgleich der Bilder. Nur korrekte und nicht widersprüchliche Ergebnisse werden für Kunden freigegeben. Bei falschen oder widersprüchlichen Aussagen geben wir den Auftrag zur Nachbesserung mit einer Frist. Andernfalls wird der Datensatz abgelehnt. Der User bekommt je nach Qualität der Ergebnisse automatisch ein Rating, das uns eine Qualifizierung der Community erlaubt.

Zielgruppen-Segmentierung:
Um Kunden Antworten zu ihrern spezifischen Zielgruppe zu liefern, können wir unsere Community nach diversen Kriterien filtern und segmentieren. Neben demographischen Daten wie Alter und Geschlecht, sind es u.a. auch Kriterien wie Beruf, Einkaufsstätte, Lebensstil und Produktpräferenzen nach denen wir unsere Community segmentieren können. Dabei reicht die Bandbreite unserer Community von 18-87 Jahren, wobei die Mehrheit zwischen 18-45 Jahren liegt. Haben wir ein bestimmtes Kriterium nicht schon im Nutzerprofil, so nutzen wir Screener-Umfragen zur Selektion der Zielgruppe.

Bild: Altersverteilung der POSpulse-Community

Bild: Altersverteilung der POSpulse-Community



marktforschung.de: Wie gelingt im Vorhinein an die Befragung der "richtige" Fragebogen?

Dominic Blank: Bei über 1.500 durchgeführten Projekten haben sich natürlich Erfahrungswerte und Best Practices ergeben. Insbesondere dahingehend, wie man eine Community regulärer Konsumenten briefen und durch Aufträge führen muss. Diese Erfahrung lassen wir in unsere Fragebögen einfließen. Für viele Anwendungsfälle haben wir Standard Fragebögen, die dann je nach Fragestellung angepasst werden können. Wir erstellen aber auch Fragebögen komplett neu.

marktforschung.de: Sie schreiben, dass Sie 800.000 Shopper im Panel haben. Damit wäre ihr Panel das größte Online-Panel in Deutschland. Machen Sie auch klassische Panel-Studien?

Dominic Blank: Klassische Panel-Studien machen wir (bisher noch) nicht, jedenfalls nicht für Kunden. Wir haben Befragungen, die wir jährlich für eigene Zwecke durchführen und veröffentlichen. Beispielsweise zu den wahrnehmungsstärksten Promotion-Aktionen, dem Online Shopping Verhalten oder Konsumpräferenzen bezüglich Kategorien wie Süßware.

marktforschung.de: Wie halten Sie diese große Anzahl an Shoppern bei Laune?

Dominic Blank: Auch hier ist es eine Kombination verschiedener Faktoren. Zu allererst ist eine Community immer dann am aktivsten, wenn sie ausgelastet ist. Das bedeutet – umso mehr Aufträge verfügbar und durchführbar sind, umso aktiver die Community. Neben "location-based" Mystery Shopping Aufträgen haben wir aus dem Grund z.B. auch Umfragen, die von überall aus gemacht werden können (also klassische Online Befragungen, die wir über unsere App durchführen).

Darüber hinaus haben wir ein gutes Community Management Team. Dieses Team kümmert sich ausschließlich um die Belange der Community – beginnend mit schnellem und gutem Support bis hin zum Eingehen auf Wünsche bezüglich neuer Features in der App. So haben wir z.B. eine Metrik, dass 70 Prozent aller Support Anfragen innerhalb einer Stunde bearbeitet und beantwortet sind – die wir in 95 Prozent der Monate auch schaffen. Das, plus eine faire Bezahlung für Aufträge, ist die Basis.

Letztlich ist es wieder Technologie in Form unserer App. So ist hier nicht der Anspruch, dass die App nur "Erhebungswerkzeug" ist, sondern auch Spaß macht. So gibt es Ranglisten, Abzeichen, die sich unsere Spotr verdienen können und einen Streetscore, der auf eben jene Rangliste einzahlt. Die User mit dem höchsten Streetscore verdienen sich so den Status "ProUser" und können z.B. besondere Features nutzen und Aufträge erhalten. Letztlich ist wichtig, damit auch das Gefühl einer Community entsteht, dass sich die Nutzer untereinander austauschen können und eine gemeinsame Identität entsteht. Das können sie innerhalb der App, unsere "Streetnews" auch uneingeschränkt tun. Für uns ist das zusätzlich ein Forum um am Puls dessen zu bleiben, was die Community umtreibt.

marktforschung.de: Wie werden die Shopper incentiviert?

Dominic Blank: Mit einer fairen Bezahlung und unserer internen Währung "Streetpoints". Dabei dienen die Streetpoints vor allem der Gamifizierung und Qualifizierung. Die Bezahlung richtet sich nach der Komplexität und Länge eines Auftrags und wird transparent für jeden Auftrag angezeigt. Hier gilt es zu betonen, dass es keine Centbeträge sind wie es Plattformen mitunter machen. Für Mystery Shopping Aufträge variiert der Betrag meist zwischen 4-12€ (für 5-15 Minuten).  

marktforschung.de: Vielen Dank für das nette Gespräch, Herr Blank.

Dominic Blank ist Gründer und CEO des crowd-basierten Marktforschungsunternehmens POSpulse. Er ist Experte, wenn es darum geht, das "Warum" hinter Kaufentscheidungen zu verstehen. Bereits vor POSpulse war Dominic Blank an zahlreichen Startup-Gründungen beteiligt und hat umfassende Erfahrung im Aufbau digitaler Geschäftsmodelle.

Das Interview führte Gessica Uerling.

 

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