Peter Matuschek & Manfred Güllner, forsa "Unsere Informationen haben wir nicht, wie Civey und DIE ZEIT mutmaßen, durch eingeschleuste Spitzel."

Die Auseinandersetzung zwischen Civey und forsa & Co. über die Frage, mit welchen Methoden repräsentative Ergebnisse erzielt werden können, schwelt schon eine ganze Weile. Dass es hier nicht mehr nur um Methodendiskussionen geht, sondern ein regelrechter Wirtschaftskrimi stattzufinden scheint, thematisierte am 5.2.2020 ZEIT ONLINE. Wir haben am 6.2.2020 um eine Stellungnahme bei forsa gebeten und folgende Antworten auf unsere Fragen von Peter Matuschek, Prokurist bei forsa, in Abstimmung mit Geschäftsführer Manfred Güllner, erhalten.

Bild: Prof. Manfred Güllner, forsa

 

 

 

"Anders als im ZEIT-Artikel 'Kampf der Torten' dargestellt, betreiben wir keine heimliche Schmutzkampagne, sondern wir haben wiederholt in aller Öffentlichkeit auf die von Civey ausgehenden Gefahren hingewiesen; auch ist forsa weder unmittelbar noch mittelbar Betreiber/Initiator von civey_watch – aber offensichtlich stehen wir mit unserer Kritik an Civey nicht allein.

Denn es ist methodisch schlicht ausgeschlossen, auf Basis von Antworten, die mithilfe eines willkürlich auf einzelnen Seiten im Internet geschalteten Klick-Tools und ohne systematische Abfrage einer ausreichenden Anzahl soziodemographischer Merkmale eingesammelt werden, zu repräsentativen Ergebnissen zu gelangen.Zum anderen halten wir es insbesondere in Bezug auf politische Meinungsumfragen für eine erhebliche Gefahr,dass die enge Verzahnung zwischen dem mit öffentlichen Geldern geförderten Unternehmen Civey auf der einen Seite und einer Vielzahl von Medienunternehmen auf der anderen Seite eine wirksame pluralistische Kontrolle der von Civey gelieferten Zahlen verhindert.

Unsere Informationen haben wir nicht (wie Civey/ZEIT mutmaßen) durch eingeschleuste Spitzel oder andere unlautere Mittel erhalten, sondern durch genaues und häufiges Beobachten der von Civey veröffentlichten Daten – auch unter Verwendung der im ZEIT-Artikel genannten Emailadresse.

Auf einige gravierende Unstimmigkeiten (unter anderem: den angeblichen Absturz der CSU um 4,5 Prozentpunkte binnen drei Wochen im Januar; die sprunghaften Veränderungen von Umfrageergebnissen mitten in der Nacht; die Erkenntnis, dass es 21 Prozent niedergelassene und angestellte Ärzte, aber nur 1,9 Prozent Arzthelfer gibt und zudem über 18 Prozent der Ärzte nur Hauptschulabschluss haben) der hierbei festgestellten Daten haben wir in öffentlichen Newslettern exemplarisch hingewiesen – und anstelle inhaltlicher Antworten lediglich eine (gerichtlich nie durchgesetzte) anwaltliche Aufforderung zum Schweigen erhalten.

Natürlich fällt es leicht, unsere Kritik als das ungebührliche Gebaren eines Wettbewerbers abzutun. Angesichts der essentiellen Bedeutung politischer Meinungsforschung für wichtige Entscheidungsprozesse in Politik und Gesellschaft würden wir uns jedoch stattdessen eine von wissenschaftlichen Erkenntnissen geleitete Diskussion über die methodischen Mindestvoraussetzungen von repräsentativen Umfragen mit validen Erkenntnissen wünschen.

Die aus unserer Sicht interessanteste Erkenntnis aus dem ZEIT-Artikel ist übrigens die Tatsache, dass der auf Twitter veröffentlichte Screenshot, der angeblich eine Maske zur Eingabe gewünschter Umfrageergebnisse in das Civey-System zeigt, nach Angaben von Civey tatsächlich authentisch ist."

Lesen Sie hier mehr zum ZEIT-Artikel.

Hier geht es zum Statement von Janina Mütze, Civey.

 

Diskutieren Sie mit!     

  1. Mafo_Nbg am 10.02.2020
    Wäre schön, wenn Civey auch einmal ähnlich transparent antworten würde. Aber die berechtigten Zweifel und Vorwürfe werden scheinbar lediglich weggelächelt.
  2. Mafo 1980 am 10.02.2020
    Vielen Aussagen von Herrn Matuschek kann ich nur zustimmen. Wenn man 40 Jahre Marktforschung betrieben hat und Begriffe wie Validität,Reliabilität,Objektivitit und Utilität nicht aus seinem Gedächtnis gestrichen hat, fällt es einfach schwer, die "modernen Umfragemethoden" als aussagefähig und für eine seriöse Presseveröffentlichung verwendbar zu bezeichnen. Wie kann auch eine Umfrage im Internet repräsentativ sein, wenn man ohne jegliche Prüfung - wie in etlichen Umfragen von diversen "Marktforschungsinstituten" schon ausprobiert- die eigenen soziodemographischen Angaben beliebig manipulieren kann. Da nützt wohl auc h eine - von mir ansonsten durchaus akzeptierte- Gewichtungsmethode nichts mehr. Über das Problem der Einschaltung von Fragen in willkürlich ausgewählte Portale will ich garnicht erst diskutieren.
    Ein Vorschlag zur Güte wäre aber, daß man bestimmte Umfrageergebnisse mit einem Zusatz versieht:
    " Bei diesen Zahlen handelt es sich um das Ergebnis einer simplen Internetumfrage ; eine Übereinstimmung mit der Realität wäre rein zufällig"

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