Bernd Wachter, ADM-Vorsitzender "Transparenz ist selbstverständlich ein Anliegen der gesamten Branche"

Im Interview spricht ADM-Vorsitzender Bernd Wachter über die Transparenz-Initiative seines Verbandes und ihre Ziele sowie über das kürzlich stattgefundene "Weinheimer Gespräch". Im Mittelpunkt stand in diesem Jahr auch das Thema Qualitätssicherung in einer durch geänderte rechtliche Rahmenbedingungen geprägten Branche.

Bernd Wachter (Bild: Loredana La Rocca)

Bernd Wachter (Bild: Loredana La Rocca)

marktforschung.de: Am 8. Februar fanden erneut die "Weinheimer Gespräche" der Marktforschungsverbände ADM, ASI, BVM und DGOF statt. Was stand im Mittelpunkt der Gespräche?

Bernd Wachter: Im "Weinheimer Gespräch 2019" ging es in diesem Jahr in erster Linie um das Thema Qualitätssicherung in einer durch geänderte rechtliche Rahmenbedingungen sowie den technologischen und methodischen Wandel geprägten Branche. Neben den Überarbeitungen der Richtlinien und Qualitätsstandards stand insbesondere die Investition der Branche in Human Resources im Mittelpunkt.
Interviewer*innen sind ein "Aushängeschild" der Branche in Richtung der Bevölkerung. Ihre Arbeit ist von hoher Relevanz und die Qualität ihrer Arbeit ist enorm wichtig. Eine gute und fortlaufende Schulung von Interviewern ist deshalb für die Qualität entscheidend und soll durch Online-Kurse, Best-Practice-Training und Schulungsmaterialien ausgebaut werden.
Aber auch die Nachwuchsförderung stand im Mittelpunkt der Gespräche. Der vor 12 Jahren ins Leben gerufene "Fachangestellte für Markt- und Sozialforschung" (kurz: FaMS) ist hierfür eine Säule, die weiter gestärkt werden muss. Alle Verbände wollen verstärkt bei Instituten und betrieblichen Marktforscherinnen und Marktforschern dafür werben, mehr Ausbildungsplätze in ihren Betrieben anzubieten. Aber wir wollen auch potentielle Auszubildende gezielter ansprechen. So ist der Ausbildungsberuf des FAMS attraktiv für Studienabbrecher*innen. Ein mögliches Konzept für eine gezielte Ansprache dieser Gruppe soll hierfür in Zusammenarbeit mit IHKs und Studienberatungen erarbeitet werden.
Zudem wurde beschlossen, weiterhin mittels Veranstaltungsangeboten, Publikationen und Pressearbeit beständig Kontakt zu Politik, Presse, Aufsichtsbehörden, Statistik und akademischer Forschung zu unterhalten.

marktforschung.de: Mit der Transparenz-Initiative agierte der ADM nun bereits vor den Weinheimer Gespräche allein. Warum hat man sich nicht mit den anderen Verbänden abgesprochen?

Bernd Wachter: Der ADM ist der einzige Wirtschaftsverband der Branche, hier sind die privatwirtschaftlichen Markt-, Meinungs- und Sozialforschungsinstitute organisiert. Die Mitglieder des ADM haben entschieden, die Transparenz-Initiative zunächst unter dem ADM-Logo auszurollen. Diese Entscheidung wurde auch deshalb getroffen, da wir erste Erfahrungen mit der Transparenz-Initiative in einer Testphase sammeln wollen. Daher ist die Testphase auch nur auf deutsche Projekte beschränkt. Dennoch wurde auch im Weinheimer Gespräch über die Transparenz-Initiative des ADM diskutiert, da Transparenz selbstverständlich ein Anliegen der gesamten Branche ist. Die Transparenz-Kriterien des ADM stehen darüber hinaus allen Interessierten zur Verfügung, sowohl Auftraggeber*innen von Studien als auch Markt- und Sozialforschungsinstituten, die kein ADM-Mitglied sind.

marktforschung.de: Der Termin der Weinheimer Gespräche wird vorab öffentlich nicht bekannt gegeben. Warum machen die Verbände ein solches Geheimnis aus ihrem Treffen, während zeitgleich eine Transparenz-Initiative gestartet wird? Auf Anfrage von marktforschung.de musste man sich beim BVM erst rückversichern, ob man den Termin der Weinheimer Gespräche herausgeben darf.

Bernd Wachter: Der Termin des Weinheimer Gesprächs ist nicht geheim. Im nächsten Jahr finden die Gespräche am 7. Februar in Köln statt. Gastgeber sind dann die ASI und die DGOF.

marktforschung.de: Ziel der Transparenz-Initiative ist die Vergleichbarkeit von Studien. Etwas, das vor allem Auftraggeber und betriebliche Marktforscher interessiert. Welche Arbeitsschritte der Studienarbeit wollen Sie transparenter machen?

Bernd Wachter: Transparenz kann ganz unterschiedlich verstanden werden. Als Folge daraus unterscheiden sich Angebote häufig in Form, Struktur, Inhalt und Detailierungsgrad. Insbesondere für Branchen-Unerfahrene ist eine direkte Vergleichbarkeit der Angebote damit manchmal sehr schwierig bis unmöglich. Deshalb haben die ADM-Institute einen nach Erhebungsarten differenzierten Kriterien-Katalog entwickelt, die den Angeboten in Form eines speziellen Beiblatts beigefügt werden sollen. Unter Berücksichtigung der jeweiligen Erhebungsmethode werden damit bereits im Angebot exakte Informationen mitgeliefert. In den Beiblättern finden sich Angaben zur Methode, zur Stichprobe, zur Rekrutierung und Schulung von Interviewer*innen, zur Länge und Erstellung des Fragebogens, zur Durchführung selbst – also ob eigene Feldleistungen erbracht oder ob und wo Felddienstleister beauftragt werden –, welche Standards angewendet und natürlich welche Qualitätskontrollen durchgeführt werden. Im Anschluss an die Testphase, die aktuell für deutsche Projekte läuft, wird es eine Evaluierung geben, die noch mal genau hinterfragen soll, wo es Anpassungsbedarf gibt.

marktforschung.de: Teil der Transparenz-Initiative ist das Transparenz-Siegel. In der Testphase soll es für die beteiligten Unternehmen, auch wenn die Kriterien des Siegels nicht eingehalten werden, keine Sanktionen geben. Wie wird es nach der Testphase aussehen?

Bernd Wachter: Wie es nach der Testphase weitergehen wird, ist noch offen, sonst bräuchte man ja keine Testphase, aus der man Erkenntnisse gewinnen möchte. Spezielle Sanktionen wird es nicht geben, hier gilt das gleiche System wie für alle verbindlich geltenden Richtlinien: die Bandbreite reicht von internen Gesprächen bis hin zum Verbandsauschluss, der aber natürlich selten vorkommt. Ziel muss es dabei ja immer sein, sich an das zu halten, wozu man sich verpflichtet hat. Wir bauen auf das Commitment der Institute und darauf, dass die Auftraggeber*innen die ADM Transparenz-Kriterien einfordern. Dann und in Verbindung mit dem Transparenzsiegel des ADM haben die Institute ein Eigeninteresse, sich an die Transparenz-Kriterien zu halten, ohne dass es gesonderter Sanktionen Bedarf.

marktforschung.de: Vielen Dank für das Interview, Herr Wachter.

 

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