Studie: Wie nutzen Marktforscher Social Media – und warum?

Von Saskia Bayerl, Gabriele Jacobs und Kate Horton, Rotterdam School of Management

Dass Social Media auch in der Welt der Marktforschung angekommen ist, ist längst keine Neuigkeit mehr. Doch welche Kanäle nutzen Marktforscher, wie sehen aus ihrer Sicht die Vorteile von Social Media aus und welche Risiken ergeben sich möglicherweise? Das wollte marktforschung.de in Kooperation mit der Rotterdam School of Management in den Niederlanden von den Lesern der marktforschung.depesche wissen. Die Studie ist Teil eines umfangreichen Forschungsprogramms zu sozialen Medien im Rahmen des COMPOSITE Projekts. Insgesamt reagierten 714 Leser auf den Aufruf, 613 davon füllten den Fragebogen teilweise und 312 vollständig aus. Die Umfrage fand im September 2013 statt.

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Abb.1: Nutzungsfrequenz

Die Mehrheit der Befragten (62,7 Prozent) sind Social Media User. Davon nutzt fast ein Viertel (24,5 Prozent) täglich Social Media Angebote wie Soziale Netzwerke, Blogs oder Messenger für arbeitsbezogene Zwecke. 16,6 Prozent verwenden Social Media einmal im Monat oder seltener. Betrachtet man die Arbeitsbereiche, in denen Social Media-Nichtnutzer tätig sind, ist auffällig, dass diese hauptsächlich in den Bereichen Organisation/Verwaltung arbeiten. Bei Umfrageteilnehmern, die in der Kundenbetreuung arbeiten, werden Social Media Dienste am häufigsten genutzt (80,3 Prozent der Befragten).

Social Media – mehr als Facebook und Co.

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Abb. 2: Verwendung von Social Media

Zur Sinnhaftigkeit der Nutzung von Social Media in der Marktforschung haben alle Umfrageteilnehmern eine relativ positive Haltung. Vor allem im Bereich PR/Öffentlichkeitsarbeit und der Analyse von Meinungsäußerungen sehen die Umfrageteilnehmer den „Einsatz von Social Media als sinnvoll“ an. Auch in der Kommunikation mit anderen Marktforschern und in der Kundenansprache spielen soziale Dienste eine wichtige Rolle. Am wenigsten sinnvoll erscheint den Befragten der „Einsatz von Social Media im Bereich der beruflichen Weiterbildung“.

Social Media wird oftmals auf Soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter und Co. reduziert. Dabei gibt es weitaus vielfältigere Anwendungen und Dienste, die unter diesen Sammelbegriff fallen. Gefragt nach den weiteren Verwendungszwecken von Social Media gaben 28 der 312 Umfrageteilnehmer in einem offenen Antwortfeld ein, dass sie Social Media hauptsächlich ergänzend zur Informationssammlung und zur Kundenakquise verwendeten.  Um Daten für Studien zu sammeln, beziehen die Befragten zum Beispiel Chats für „Online-Fokusgruppen“, Social-Media Monitoring oder die Werbeforschung ein. Für die betriebsinterne Kommunikation werden Social Media Anwendungen dagegen selten benutzt.

Trotz dieser unterschiedlichen Verwendungszwecke sind Soziale Netzwerke am beliebtesten bei den Social Media- Nutzern. Daneben dienen auch Blogs als wichtige Informationsquelle für die Befragten: 38,1 Prozent nutzen Blogs – und sogar 55,3 Prozent der befragten Nichtnutzer stehen Blogs durchaus positiv gegenüber. Weiterhin folgen Video- und Fotosharing, das bei 34,2 Prozent zum Einsatz kommt und von 22,6 Prozent der Nichtnutzer für sinnvoll erachtet wird.

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Abb. 3: Genutze Dienste

Vorteile von Social Media

Wenn es um die Vorteile von Social Media in der Marktforschung geht, haben die befragten Nutzer- und Nichtnutzer ähnliche Ansichten. Am häufigsten wurden zwei Aspekte genannt:

die „Vereinfachung der Öffentlichkeitsarbeit der Branche“ sowie die Tatsache, dass Social Media- Aktivitäten „einem Berufsstand ein moderneres Image“ geben würden. Weiterhin werden die „erhöhte Sichtbarkeit“ der Branche und der „Zugriff auf einen größeren Kundenkreis“ als Vorteile bewertet. Am unwichtigsten beurteilten die Befragten die „vereinfachte Datensammlung“ durch Social Media und die „höhere Transparenz von Aktivitäten nach außen“.

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Abb. 4: Vorteile von Social Media

Mangelnde Datensicherheit? Gefahren von Social Media

In Zusammenhang mit Social Media wird häufig der Vorwurf der mangelnden Datensicherheit genannt. Auch die Umfrageteilnehmer bewerteten die teilweise vorhandenen rechtlichen Unsicherheiten als größte Gefahr, gefolgt von Imageschäden, die Soziale Medien auf Grund ihrer Unkontrollierbarkeit verursachen könnten. Außerdem könne der schnelle und einfache Zugang zu Daten dazu führen, dass andere – eventuell bessere Verfahren – vernachlässigt werden. Auch die Fülle an Informationen wird als Gefahr für die Marktforschung eingeschätzt, da die große Datenmenge nicht mehr zu verarbeiten sei.

Im Bereich der methodischen Aspekte wurden hauptsächlich zwei Bedenken mit Social Media genannt: Erstens die „mangelnde Repräsentativität von Daten“ und zweitens „Gefahren für die Qualität von Marktforschung“. Soziale Medien erhöhten den Druck „Informationen möglichst schnell und billig zu verarbeiten“ und so könne Webmonitoring eventuell zu ungültigen Ergebnissen führen. In Zusammenhang mit der Gefahr der sinkenden Qualität wird auch die Befürchtung genannt, dass Firmen zunehmend versuchen würden Marktforschung  über Soziale Medien selbst durchzuführen.

Einfluss von Social Media auf die Marktforschung in Zukunft

„Wie werden Soziale Medien die Marktforschung in den nächsten zehn Jahren verändern?“ Danach gefragt, geht die Mehrheit der Umfrageteilnehmer (77,6 Prozent) davon aus, dass sich die Marktforschungsbranche in Zukunft stark verändern wird - sowohl in Bezug auf bisherige Methoden wie auch auf die Qualität der Ergebnisse. Dabei prognostizierten 67,1 Prozent positive Entwicklungen wie zum Beispiel die zunehmende Transparenz für Kunden, neue Möglichkeiten, um Meinungen abzufragen und die zunehmende Zielgruppenerschließung.

Laut den Umfrageteilnehmern werden sich die Marktforschungsmethoden ändern, da mehr Interaktivität durch Soziale Medien entsteht. Die klassische Vollerhebung würde damit an Bedeutung verlieren, stattdessen könne eine gezieltere Selektion stattfinden und schwierige Zielgruppen sowie ältere Menschen in Zukunft besser über Social Media erreicht werden.

14,2 Prozent aller Befragten äußerten jedoch auch Bedenken hinsichtlich der Qualität von Marktforschung durch den Einfluss von Social Media. In dem Zusammenhang wurde zum Beispiel genannt, dass Konsumenten in Zukunft „ häufiger und zu immer banaleren Themen“ befragt würden. Eine Minderheit von 3 Prozent der Befragten befürchtet sogar, dass Social Media die klassische Marktforschung künftig verdrängen könnte bzw. sie überflüssig mache.

Mit 13,4 Prozent glaubt ein Teil der Befragten, dass Soziale Medien kaum oder gar keinen Einfluss auf die Marktforschung in Zukunft haben werde. Sie sehen Social Media vielmehr als „zusätzliche Möglichkeit zur Kundenansprache, Kommunikation und Datenerhebung“ an.

 

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