Marktforschung 2020 Strategische Markenberatungskompetenz mit dem experimentellen Suchen nach Zukunftschancen in interdisziplinären Teams

Oliver Nickel (SWELL)

Von Dr. Oliver Nickel, Managing Partner SWELL

Der Markt für Forschung und Beratung mit dem Ziel, Unternehmen und Marken zu mehr Erfolg zu verhelfen, erlebt einen spürbaren Umbruch. Traditionell dominierte in der Marktforschung lange das Messbare über das Bedeutungsvolle. Der forscherische „Blick in den Rückspiegel“ zählte mehr als der inspirierende „Blick nach vorne“. Signifikanz zählte mehr als Chance. „Markenmatik“ oder „Marken nach Zahlen“ war das dominante Credo der Markenforschung der letzten Dekade. Für Antworten auf „What was?“ oder auf „What is?“ wird in vielen deutschen Unternehmen noch mehr Geld und Zeit eingesetzt als für die Antwort auf „What if?“ oder „What could be?“ – und das ist in so manch anderen Ländern durchaus anders. Signifikant. Ja, bei manchen hier im Lande gilt das „What could be?“ überhaupt nicht als Teil der Marktforschung. Ohne Zweifel liefert die traditionelle Marktforschung prima Antworten auf Fragen. Aber sie liefert allein nur wenig echten Insight. Denn zu den Dingen, an die man nicht zu fragen gedacht hatte, kann einem auch keiner eine Antwort geben.

Doch inzwischen kippt das vor allem quantitativ geprägte Paradigma der Marktforschung. Und zwar in zwei Richtungen. 

Moderne Technologie, mobile Vernetzung im Kombination mit mächtigeren Software-Tools liefern zum einen zukünftig immer mehr Verhaltensdaten, was spürbar an den Budgets der klassischen quantitativen Riesenprojekte nagt (z.B. Werbetrackings, Markentrackings). Unternehmen, deren Kunden zu 100% bei YouTube unterwegs sind, stellen mehr und mehr auch das Werbepretesting in Frage oder ganz ein. Bedingt durch die massive Veränderung der Kommunikationsformen in der Gesellschaft in den letzten Jahren und angesichts der Prognosen, „was da noch kommt“ (Bsp.: Social Media, Gaming, Sharing etc.) verändert sich die Branche nachhaltig. Bei den Fragen rund um das „What was“ und „What is“ sind es vor allem die Statistiker, die in Zukunft das Territorium der klassischen Marktforschung dominieren und die verfügbaren Verhaltensdaten intelligent auswerten („Big Data“). Und vermutlich wird diese Berufsgruppe auch in Zukunft besser verdienen als in der Vergangenheit. 

Zum anderen entwickelt sich die eher experimentelle, qualitative Forschung und Beratung, die sich auf das „What if“ und „What could be“ fokussiert, spürbar. Ethnographie, Innovation Games, Ideation, oder Design Thinking als Oberbegriff für ein neues, ergebnisoffenes Suchen nach Erkenntnissen sind die Anzeichen für einen Wandel quasi hin zum anderen Ende des marktforscherischen Kontinuums. Und da geht es mehr und mehr um Relevanz und Erkenntnisgewinn, anstelle von Repräsentativität. Überlegen Sie sich einmal, wie sich in Ihren fachlichen Diskussionen in Marketingmeetings in den letzten zehn Jahren die Häufigkeit der Frage nach „Repräsentativität“ verändert hat. Und wie demgegenüber die Frage nach dem Sinn, nach der Relevanz eines Forschungsergebnisses oder gar die Frage nach dem Zeitpunkt der Ergebnislieferung zugenommen hat!

Strategieberatung, Marktforschung und Design – das waren bisher drei getrennte Disziplinen. Aber liegt nicht gerade hier die Stärke für das Brand Planning? In einer strategischen Markenberatungskompetenz mit dem experimentellen Suchen nach Zukunftschancen in interdisziplinären Teams? Denn der Innovationsprozess wird beschleunigt und systematisiert, die Innovationen werden marken- und zielgruppengerechter und damit erfolgversprechender.

Denn die Schnittstelle zwischen Markenidentität und Mensch bildet das Design. Das ist der Ursprungsort der Markenwerte. Das „Lächeln der Marke“ und das „Wow!“ in den Augen der Käufer kommen vor allem aus dem Design von Produkten, Verpackungen oder Services und aus dem direkten, sensorischen Markenerleben. Vor allem dort müssen Marken ihren Vertrauensbonus immer wieder untermauern. Ein Momentum für eine Marke entsteht, wenn Menschen sich durch das Markenerleben berührt fühlen und das Gefühl haben, dass die Marke ihre Zukunft positiv gestaltet. Und zwar so, dass es zur Marke passt und glaubwürdig ist. In vielen Produktkategorien erkennt man, dass am Ende nicht der Werbefilm die Stabilität der Markenwertschöpfung ausmacht, sondern die systematische Innovation und deren Übersetzung in ein markenadäquates Design. Die Effekte der bezahlten oder nicht-bezahlten zahlreichen Kommunikationskanäle sind viel differenzierter zu betrachten. Nicht jeder ist mit der Situation (und dem Budget) von Zalando gesegnet, wo der klassische Mechanismus für Markenaufbau via TV noch prima funktioniert.

Schließlich sehen wir uns alle einer radikalen Veränderung der Kommunikationslandschaft gegenüber, die in einem bereits geänderten Kommunikationsverhalten Ausdruck gefunden hat. Das Internet mobilisiert und katalysiert Themen auf eine bisher nicht dagewesene Art, besonders jetzt, da es sich in den letzten zehn Jahren zum Massenmedium entwickelt hat – das erste Massenmedium, das der Masse eine Stimme gibt. Das Internet als Raum und Infrastruktur hat damit größte Relevanz für die Gesellschaft, im zunehmenden Maße auch deshalb, weil alle Bereiche davon absorbiert werden und umgekehrt. Durch die sozialen Medien findet die Diskussion um „Gutes und Schlechtes“ von Marken und Unternehmen in Blogs, Tweets und Facebook u.a. – und damit im öffentlichen Raum – statt. Kunden und potentielle Käufer tauschen sich in aller Öffentlichkeit zunehmend zu möglichen zukünftigen Produkten, Leistungen und zum Design von Marken aus. Und sie können in Zukunft viel stärkeren Einfluss auf Marken nehmen. Unternehmen sind ihrerseits gezwungen, direktere Wege zu den Zielgruppen zu suchen, und Kunden beim Design von Produkten und Leistungsangeboten zu integrieren. Vieles davon hat man schon hier und da gehört, aber viele sind sich noch nicht im Klaren, wie sehr die Marktforschungsbranche verändern wird. Und da sind Offshoring-Effekte überhaupt noch nicht reingerechtet. Preis- und Kostendruck kommen da noch obendrauf!

Das Denken in lösungsorientiertem Design in interdisziplinären Teams bildet einen heute noch signifikant unterbewerteten Hebel, um den Unternehmenserfolg in der Zukunft zu sichern. Um dieses Szenario herum hat SWELL einen neuartigen Methodenmix entwickelt. Bei SWELL wirken PR-Fachleute, Multimedia-Designer, Nachhaltigkeitsexperten zusammen. Das Ergebnis: Das Design von Markenerlebnissen wird dadurch zielgerichteter („Design aus unternehmerischer Perspektive zur Marktdifferenzierung“), bedeutungsvoller („Design aus semantischer, kognitiver Perspektive“), sensualer („Design aus psychologisch-emotionaler Perspektive“), integrativer („Design aus Prozessperspektive“) und profitrelevanter („Design aus Finanzperspektive“).

 

Diskutieren Sie mit!     

Noch keine Kommentare zu diesem Artikel. Machen Sie gerne den Anfang!

Um unsere Kommentarfunktion nutzen zu können müssen Sie sich anmelden.

Anmelden

Weitere Highlights auf marktforschung.de