Erhebung von infas Start des Deutschlandtickets – eine erste Studie

Heute gibt es das Deutschlandticket seit einem Monat. Die mediale Aufmerksamkeit hat dazu geführt, dass es vielen Menschen im Land ein Begriff ist. Zu diesem Ergebnis kommt eine erste Erhebung des Marktforschungsinstituts infas und TomTom, einem Hersteller von Navigationssystemen. Regionale Unterschiede werden deutlich.

Das neue Deutschland-Ticket wird laut Studie derzeit vor allem im Freizeitverkehr genutzt. (Bild: picture alliance/dpa | Sebastian Gollnow)

Annähernd zwei Drittel der Befragten (62 Prozent) kennen laut Studie das Ticket, bei den unter 30-Jährigen sind es sogar 73 Prozent. Zum Zeitpunkt der Messung Anfang Mai hatten es 16 Prozent bereits gekauft. Weitere 24 Prozent haben dies nach eigener Angabe noch vor. 58 Prozent werden dagegen bis auf weiteres kein Deutschlandticket erwerben.

Preis und Einfachheit

Wie bereits beim 9-Euro-Ticket nutzen die Early-Birds des Deutschlandtickets das Angebot am häufigsten für den Freizeitverkehr (76 Prozent). Zum einen, um mehr Ausflüge zu unternehmen und zum anderen, um dabei weitere Strecken zurückzulegen. Auch die wesentlichen Kaufgründe unterscheiden sich nicht von denen des 9-Euro-Tickets. Nummer 1 ist der Preis (70 Prozent). Dabei war das 9-Euro-Ticket oft ohne ein Nachrechnen attraktiv, wohingegen beim Deutschlandticket im Vergleich zu anderen Tarifen abgewogen wird.

An zweiter Stelle steht bereits die Einfachheit (50 Prozent), da Tarifzonen, Verbundgrenzen und andere Besonderheiten mit dem Deutschlandticket weitgehend nicht mehr relevant sind.

Annähernd 40 Prozent der Befragten, die schon ein Deutschlandticket in der Tasche haben oder den Kauf in nächster Zeit planen, erwarten, dass sie ihr Auto häufiger stehen lassen. Ein Viertel wird seine Autonutzung nicht ändern, jedoch häufiger mit dem ÖPNV unterwegs sein. Weitere 29 Prozent sehen zunächst keine Veränderung in ihrem persönlichen Mobilitätsverhalten. Dafür werden neben dem Preis am ehesten deutliche Angebotsverbesserungen im öffentlichen Verkehr erforderlich sein.

Geringe Bekanntheit in dünn besiedelten Gebieten

Fast zwei Drittel (62 Prozent) derer, die nicht planen, das Deutschlandticket zu kaufen, gaben als Hauptgrund an, den ÖPNV generell nicht zu nutzen. Darauf scheint das neue Ticket bisher keinen entscheidenden Einfluss zu haben. In dünn besiedelten Gebieten, wie Schleswig-Holstein oder Mecklenburg-Vorpommern, hat das Deutschlandticket dementsprechend die geringsten Bekanntheitswerte. Über die Hälfte der Bevölkerung kennt es dort nicht - drei Viertel planen keine Anschaffung. Dies war mit dem 9-Euro-Ticket noch anders, vor allem aufgrund des erheblich geringeren Preises, bei dem sich die Anschaffung oft schon mit einer Fahrt gerechnet hatte.

Umgekehrt ist in den Metropolen das Deutschlandticket eine finanzielle Frage: Es wird dann gekauft, wenn es sich im Vergleich zum bisherigen Angebot lohnt. Insbesondere bei Jugendlichen in der Ausbildung ist das oft nicht der Fall, sie bleiben bei ihrem alten Tarif.

Bekannt und positiv bewertet

Als Zwischenfazit vor weiteren Erhebungen und der ausstehenden kommenden Nachfrageentwicklung kann festgehalten werden, dass das Deutschlandticket in weiten Teilen der Bevölkerung bekannt ist und positiv bewertet wird. Die zusammen 40 Prozent, die bereits ein Deutschlandticket haben oder den Kauf planen, zählen fast durchweg zu der Gruppe der bisher zumindest gelegentlichen ÖPNV-Nutzer. Sie freuen sich über Einfachheit, den Preisnachlass und weitere Aktivitäts-möglichkeiten. Gleichzeitig entsprechen die Größe der bisherigen Käufergruppe in etwa dem von infas in einer zurückliegenden Studie zum 9-Euro-Ticket errechneten Anteil derer, für die der Betrag von 50 Euro die Preisobergrenze darstellt. Ein niedriger Preis, beispielsweise von rund 30 Euro, hätte hingegen etwa 60 Prozent der Bevölkerung als Obergrenze akzeptiert.

Dies schließt auch viele Interessenten ein, die im Alltag genau rechnen müssen und für die ein 50-Euro-Schein im Monat für den ÖPNV oft zu viel ist. Eine verbesserte Teilhabe durch günstige Fahrmöglichkeiten, wie sie das 9-Euro-Ticket zeitweilig sicherte, bietet die 50-Euro-Lösung nicht.

Mögliches Umdenken pro ÖPNV

Das neue Deutschland-Ticket wird laut Studie derzeit vor allem im Freizeitverkehr genutzt. Dennoch schauen die Autoren optimistisch in die Zukunft. „Dort gesammelte positive Erfahrungen können auch zu einem Umdenken pro ÖPNV bei anderen Mobilitätszwecken führen. Vor allem der weitgehende Wegfall von komplizierten Tarifstrukturen wird von den Deutschland-Ticket-Nutzern neben dem Preis als wichtiger Vorteil wahrgenommen. Mit entscheidend für den Ticketerfolg wird, neben einem möglichst stabilen Preis, eine Beibehaltung der charmanten Einfachheit sein. Dies war einer der Erfolgsfaktoren des 9-Euro-Vorläufers. Daher muss beobachtet werden, ob die sich bereits abzeichnenden vielfältigen Regionalisierungen des Deutschland-Tickets dieses Plus unterlaufen – und am Ende der oft beklagte Tarifdschungel doch wieder zu wuchern beginnt. Doch noch bleibt zu hoffen, dass mit dem neuen Ticket ein Einstieg in bessere ÖPNV-Welten gefunden wurde.“

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Erhebungsmethode Befragung Online-Access-Panel
Befragte Zielgruppe Personen im Alter von 18 bis 79 Jahren
Stichprobengröße 1.115
Feldzeit 3. bis 5. Mai2023
Länder Deutschland
 

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