Das Interview zum Webinar (26. Juni 2018, 11 Uhr) "Stärken und Schwächen von Verpackungen ermitteln"

Dr. Orhan Kocyigit
marktforschung.de: Herr Dr. Kocyigit, ein Webinar nur über das Thema Verpackungs-Marktforschung hatten wir hier noch nicht, vielen Dank für den Schwerpunkt. Aber ist es überhaupt ein Thema? Zunächst schauen wir Verbraucher doch auf das Produkt, nicht auf die Verpackung. Und in den meisten Läden werden die Verpackungen zunächst gar nicht mit ins Schaufenster gestellt, online ohnehin nicht.
Dr. Orhan Kocyigit: Unbedingt! Ein sehr wichtiges Thema sogar. Der Philosoph Werner Mitsch hat einmal gesagt: "Mit einer guten Verpackung wickelt man nicht nur die Ware ein, sondern auch den Käufer." Also, wenn wir uns den FMCG-Sektor anschauen, sehen wir, dass nahezu alle Produkte verpackt sind. Gleiches gilt auch für viele weitere Branchen, beispielhaft seien hier die Gesundheitsbranche mit Arzneimittelverpackungen, die Kosmetikbranche oder Elektronikbranche genannt.
marktforschung.de: Welche Beispiele fallen Ihnen ein?
Dr. Orhan Kocyigit: Stellen Sie sich mal ein Arzneimittel wie eine Hautsalbe ohne Verpackung vor, dann bliebe bei allen Herstellern in den meisten Fällen nur eine weiße Creme übrig. Oder denken Sie zum Beispiel an die Verpackungen von iPhones: Die meisten Konsumenten haben die Verpackung nach dem Auspacken nicht weggeworfen, sondern aufbewahrt. Dies alles verdeutlicht, welche Bedeutung die Verpackung einnehmen kann. Die Rolle der Verpackung hat sich über die Jahrzehnte drastisch verändert. Während sie früher klassischer Weise die Funktion der "Schutzhülle" übernahm, ist sie heute ein wichtiger Teil des Markenauftritts eines Unternehmens und wichtiger Erfolgstreiber am PoS. Anhand der Verpackung können Unternehmen am PoS Aufmerksamkeit generieren, sich erfolgreich von Wettbewerbern differenzieren, Markenversprechen transportieren und somit Konsumenten zum Kauf verführen. Auch nach dem Kauf bietet die Verpackung noch die Möglichkeit zur Produkt- und Markenidentifikation.
marktforschung.de: Nun sagen Sie, dass viele Unternehmen der Versuchung erliegen, auf eine Evaluierung ihrer Verpackungsentwürfe zu verzichten. Oder anders formuliert: Die Grafiker sind kreativ, das Marketing lässt die Verpackung herstellen, doch niemand prüft wirklich, ob und wie die Hülle beim Verbraucher auf die Kaufentscheidung einwirkt.
Dr. Orhan Kocyigit: Unternehmen unterliegen natürlich Budgetrestriktionen und müssen ihr Budget auf verschiedenste Aufgaben allokieren. Da ist die Versuchung groß, die Ausgaben für einen Verpackungstest einzusparen und anderweitig einzuplanen. Wir sehen in unseren Studien jedoch, dass es wichtig ist, die Verpackung bzw. unterschiedliche Verpackungsdesigns im Hinblick auf wichtige KPIs wie Differenzierung, Akzeptanz und Handlungsaktivierung in der Zielgruppe zu testen. Denn die Ergebnisse zeigen ganz klar, dass Verpackungen von Konsumenten ganz unterschiedlich wahrgenommen und beurteilt werden und dementsprechend auch unterschiedlich starken Kaufanreiz auslösen können. Im Zeitalter der Digitalisierung muss ein Verpackungstest aber nicht mehr mit hohen Kosten verbunden sein.
marktforschung.de: Sie haben Packtest Express™ entwickelt, ein Verfahren zur schnellen Evaluierung von Verpackungen. Können Sie das Tool kurz beschreiben? Welche Möglichkeiten eröffnen sich Unternehmen damit, die sie bisher nicht haben?
Dr. Orhan Kocyigit: Sehr gerne. Packtest Express™ ist ein voll automatisierter, standardisierter Verpackungstest, mit dem Unternehmen Stärken und Schwächen von Verpackungen ermitteln können. Vollautomatisiert und standardisiert heißt hierbei, dass wir eine Reihe an vorprogrammierten Fragen und Metriken in über 40 Landessprachen haben, mittels derer wir umgehend bis zu acht Verpackungsdesigns in den entsprechenden Ländern testen können – mit einem Zugriff auf über 13 Millionen Panelisten. Bereits unmittelbar nach Start des Projekts werden die Ergebnisse der einzelnen Verpackungen auf einem interaktiven Dashboard übersichtlich dargestellt und können anhand bewährter KPIs leicht interpretiert werden. So können Unternehmen im Gegensatz zu herkömmlichen Verfahren erheblich Kosten und Zeit sparen. Darüber hinaus ermöglicht es Packtest Express™ mittels Kurzzeitexposition (Tachistoskop), Marken- und Produkterkennung sowie spontane Reaktionen zu den Verpackungsdesigns zu ermitteln.
marktforschung.de: Fällt Ihnen ein schönes Beispiel ein, bei dem eine falsche Verpackung den Erfolg eines Produkts erschwert oder gar verhindert hat?
Dr. Orhan Kocyigit: Ein berühmtes Beispiel ist die Neugestaltung der Verpackung von Tropicana vor einigen Jahren in den USA. Der Orangensafthersteller hatte eine neue Verpackung gelauncht und dabei die Verpackung modernisiert. Allerdings tauchten auf der neuen Verpackung wichtige Markenversprechen und visuelle Elemente nicht mehr auf, worunter die Akzeptanz bei den Konsumenten deutlich litt und was im Endeffekt zu einem Rückgang der Verkäufe um knapp 20% in den ersten beiden Monaten führte. Das Management sah sich schnell zum Handeln gezwungen, so dass man sich entschied, die alte Packung wieder einzuführen
marktforschung.de: Wir freuen uns auf das Webinar mit Ihnen am 26. Juni, vielen Dank!
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