Hartmut Scheffler, Berater für Marktforschung und Markenführung So isses!? Zehn Jahre Dossiers auf marktforschung.de

So wie marktforschung.de ein fester Bestandteil der Kommunikationslandschaft der Markt- und Sozialforschung ist, so gehört das Dossier als festes Format mit hohem Erkenntnisversprechen und hoher Erkenntnisgarantie fest zu marktforschung.de. Hartmut Scheffler hat die bisherigen Dossiers und Themen noch einmal intensiv analysiert und zieht ein überraschendes Fazit.

Eine kleine Collage aus Dossierbilder der letzten zwei Jahre.

Was ist ein Dossier? Eine Definition. 

Zur guten wissenschaftlichen Praxis gehört es gemeinhin, erst einmal den Begriff zu definieren. Zu „Dossier“ gibt es unterschiedliche Definitionen und vielfältige Anwendungen und Sonderformen – wie zum Beispiel das Zeitungsdossier.  

Die klassische Definition, d. h. die Aktensammlung und Zusammenstellung von Materialien zu einem Vorgang, einem Thema oder einer Person greift für die Umsetzung in marktforschung.de zu kurz. Besser geeignet für die Idee, die vor über zehn Jahren dann zur Einführung geführt hat: Das Dossier als Sammlung unterschiedlicher Informationen zu einem Thema, wobei vorab nicht fest vorgegeben ist, welche Informationen dies umfasst. Ein Dossier ist somit die Bündelung von mehreren Artikeln, Hintergrundberichten, auch Interviews und vielleicht auch einmal Portraits zu einem Schwerpunktthema.

Die Idee 

Dieses eher breite und offene Verständnis des Dossiers prägen die zehn Jahre. Es sollte von Anfang an darum gehen, Meinungen, unterschiedliche Facetten, die Vielfalt nicht nur von Themen, sondern von Standpunkten und auch deren Umsetzungen in die Forschungspraxis darzustellen und zuzulassen.  

Herzlichen Glückwunsch an das Team von marktforschung.de und auch an alle Autorinnen und Autoren, dass diese Idee in so herausragender Weise zehn Jahre getragen hat und viele weitere Jahre tragen wird. 

Das Objekt der Dossiers sollte die Markt- und Meinungsforschung sein 

Ein weiterer Gedankengang, der bei der Idee und Entwicklung Pate stand, hat ebenfalls getragen. Objekt des Dossiers sollte die Markt- und Meinungsforschung sein. Und dort hatte es bereits damals und hat es vor allem in den zehn Jahren viel Wandel, immer neue Themen, viele spannende Ideen und Problemlösungen der etablierten Anbieter und Nutzer wie aus der wachsenden Start-up Szene gegeben.  

Ein Mangel an Themen, die Gefahr von Langeweile: beides war und ist nicht zu befürchten.  

Und dann war auch klar, dass es viel Konstanz, viele Dauerthemen gibt, die aber immer wieder neu betrachtet, neu ausgeleuchtet werden müssen: mehr dazu später. Wie dies umgesetzt wurde: da haben sich die Branche in ihrer Vielfalt und das Format in idealer Weise getroffen.  

Warum „So isses“? 

Warum als Überschrift die schöne Ruhrpott-Formulierung „So isses“, aber versehen mit Ausrufezeichen und Fragezeichen? Weil genau dies vor zehn Jahren der Anspruch war und im Rückblick auf zehn Jahre der erfüllte Anspruch ist. Im Dossier soll klar Stellung bezogen werden.  

Es geht in den einzelnen Beiträgen darum, Positionen zu vertreten, Thesen aufzustellen, eben: „So isses!“  

In der Kombination mehrerer Artikel, mehrerer Interviews zu jedem Thema wird dann aber auch fast immer deutlich, dass es unterschiedliche Herangehensweisen an die Lösung einer Aufgabe, dass es unterschiedliche Blickwinkel, Interpretationen und Bewertungen gibt. Wie so oft in der Wissenschaft gibt es auch in der Markt- und Sozialforschung selten die eine Wahrheit, das eine „Richtige oder Falsche“. Hinterfragen, Positionen gegeneinander abwägen, auch einmal steile Thesen wagen und im nächsten Beitrag infrage stellen, auch das ist Idee wie Realität der Dossiers: „So isses?!“ eben. 

Das! und das? sind zwei Stilelemente, zwei Qualitätselemente des marktforschung.de Dossiers.

Die Umsetzung 

Für was steht das Dossier bei jemandem wie mir, der die Idee von Anfang an unterstützt hat, der das eine oder andere Mal selbst einen Artikel verfasst hat, der von sich sagen kann, alle Dossiers und mindestens 90 Prozent der Artikel gelesen zu haben?  

Es gab und gibt von Anfang an eine gute Mischung von Themen, die auf der Straße lagen, die behandelt werden mussten, weil die Branche darüber diskutiert. Dies war immer wieder einmal das Thema der Repräsentativität, die Frage der Rolle der Marktforschung, die Frage der richtigen und wichtigen Ausbildungsinhalte.  

Und dann muss ein Dossier auch immer Seismograf und Frühindikator sein für Themen, die nur als zartes Pflänzchen erkennbar sind. Dies ist schon sehr früh und immer wieder gemacht worden und eine rote Linie durch die zehn Jahre. Beispielhaft seien hier Themen wie „DIY“, „Automatisierung“ oder „Künstliche Intelligenz“ genannt.  

Ein bunter Strauß unterschiedlichster Themen 

In dieser Kombination entstand ein im besten Sinne bunter Strauß unterschiedlichster Themen. Als ich in Vorbereitung für diesen Artikel die bisherigen Dossiers, die Themen, die vielen Artikelüberschriften durchgegangen bin, habe ich erst gemerkt, was für ein Schatz, was für eine Quelle zum Nachschlagen, zum Erneut-Lesen, zur Überblicksverschaffung für verschiedenste Themen hier über die Zeit entstanden ist.  

Sind die Themen noch gültig? 

Nach zehn Jahren liegt es nahe, noch einmal in ältere Beiträge hineinzuschauen, quasi schon „archäologisch zu graben“ und zu schauen, ob man sich im Rückblick wundern kann oder schmunzeln muss. Worüber wurde geschrieben und diskutiert? Was ist heute schon ganz anders?  

Und nun die Überraschung: nein – fast alles noch gültig, noch bedenkenswert, hohes Haltbarkeitsdatum! 

Jedes einzelne Dossier hat den Anspruch, aktuell auf das jeweilige Thema ein Schlaglicht, nein: viele verschiedene Schlaglichter zu werfen. In der Summe wird aber aus der Aktualität ein Archiv im besten Sinne. 

Und so darf man nach zehn Jahren sagen, dass Seismograf, Frühindikator, Themenverstärker, Strukturierer, Vor-Denker und manchmal auch Nach-Denker auf der einen Seite und ein unersetzbarer Schatz an Artikeln, Kenntnissen und Erkenntnissen auf der anderen Seite entstanden sind.

Es geht nicht um richtig oder falsch 

Eines noch! Es war nie der Anspruch und es wird nie der Anspruch bei einer so vielfältigen angewandten Wissenschaft wie der Markt- und Sozialforschung sein können, zu den oft schwierigen und kontroversen Dossierthemen Lösungen und Entscheidungen in Richtung richtig oder falsch zu liefern. Es ging deshalb immer nur um Positionen, um Denkstoff und damit um Entscheidungshilfe. 

Und es ging immer darum, über relevante Themen zu schreiben, beziehungsweise schreiben zu lassen.  

Und das ist wirklich faszinierend! Kein Thema, das in den letzten zehn Jahren behandelt wurde, hat sich im nachherein als kurzfristiges Modethema erwiesen, das sich binnen kurzer Zeit erledigt hat und aus dem Kanon relevanter Themen verschwunden ist. Auch hier Glückwunsch an Redaktion und den Beirat von marktforschung.de, das richtige Gespür gehabt zu haben, die richtigen Empfehlungen gegeben zu haben. 

Beiträge sollen nicht werblicher Natur sein  

An einer Stelle verlangt ein Dossier größte Vorsicht. Im Ideal wird in den Artikeln und Interviews zum jeweiligen Thema eine Position dargestellt und/oder eine Position gegenüber möglichen anderen Positionen begründet und abgewogen - dabei natürlich auch hier und da Position für die eine oder andere Methode und gegen die eine oder andere weitere Methode eingenommen. Im Idealfall sollten die Beiträge aber nicht werblich nur ein Tool, nur eine Lösung eines Anbieters im jeweiligen Themenkontext darstellen, sondern den Bogen weit(er) spannen. Dies ist oft, dies ist aber nicht immer gelungen und dies bleibt Anspruch und Qualitäts- und Gütekriterium für alle weiteren Dossiers. 

Daten und Fakten 

Und nun zur Praxis, nun zu den „harten Fakten“: 

In den zehn Jahren sind 84 Dossiers erschienen – drei weitere sind 2022 noch geplant. In jedem der Dossiers finden sich in der Regel ca. 8-12 Beiträge, so dass die marktforschung.de - Dossiers langsam aber sicher auf 1.000 Beiträge zusteuern (Anmerkung der Redaktion: Stand Juli 2022 sind es nur 740 Beiträge).  

Das ist erst einmal die reine Quantität. Die Struktur der Themen gibt dann schon Hinweise auch in Richtung der erreichten Qualität. 

Der Versuch einer Gliederung: 

  • Zukunft der Marktforschung, „politische Themen“ (z. B. Beratung, Insights und Impact, Zukunft der qualitativen Forschung, Disruption) 
  • Trends und neue Entwicklungen (z.B. DIY, VR, DIT, Start-ups, Automatisierung, KI) 
  • Qualität und Datenschutz (z.B. Repräsentativität, Data-Trust, Anonymität) 
  • Methodenthemen (z. B. Panels, Behavior Economics, Emotions) 
  • Branchen (von FMCG bis Health)  
  • CM, CX, UX (von CRM bis CX – Management) 
  • Karriere und Gehalt 

Die bewusst gewählte Bandbreite zwischen klassischen Themen auf der einen Seite und Zukunftsthemen auf der anderen Seite wird durch drei Hauptblöcke deutlich: Methodenthemen mit (nach meiner subjektiv-individuellen Zuordnung) 22 Dossiers, Themen rund um Trends und neue Entwicklungen mit 17 Dossiers und Themen zur - im weitesten Sinne - Zukunft der Marktforschung mit 14 Dossiers. 

Viele Themen ziehen sich dabei als roter Faden durch die zehn Jahre. Was sich dann alles tut oder getan hat, wird durch die Überschriften deutlich. So ist das Thema „Beratung im weitesten Sinne“ 2012 unter der Überschrift „Vom Marktforscher zum Berater – wer braucht noch Research?“ behandelt worden, 2022 unter „Die Insights-Manager von morgen“.  

Ein anderes Beispiel ist das zu Recht noch immer heiß diskutierte Thema der Repräsentativität – immer kontrovers und aus verschiedenen Blickwinkeln: 2012 mit „Repräsentativität 2012 – Fakt, Fake oder Fetisch?“ oder 2018 „Repräsentativität: wie hältst Du’s mit der Zufallsstichprobe?“ 

Ein letztes Beispiel, DIY: 2014 „DIY -Forschung: Google, SurveyMonkey &Co. – Großangriff auf Institute?“ bis 2022 (geplant) „DIY & DIT“. 

Themen setzen 

Alles noch aktuell. Und wer einmal nachverfolgen möchte, wie aus einem Methodenthema ein für die Branche äußerst wichtiges strategisches Thema und eine umstrittene Fragestellung (Gehört CX zur Marktforschung?) geworden ist, der möge die Dossiers zu CRM oder CX (oder einmal auch ganz traditionell Kundenzufriedenheit) aus den Jahren 2012, 2013, 2015, 2019, 2021 verfolgen bzw. nach-lesen.  

Zu diesem wie zu vielen anderen Themen gilt garantiert: Fortsetzung folgt mit neuen Facetten, neuen Blickwinkeln, neuen Thesen! 

Resümee 

Und das ist mit Sicherheit das Beste, was der Blick auf zehn Jahre Dossier in marktforschung.de hergibt:  

Zehn Jahre Rückblick ohne Nostalgie, sondern mit dem Bewusstsein eines unersetzlichen Fundus an Beiträgen. 

Zehn Jahre Seismograf, Frühindikator, Vordenker, Verstärker, Strukturierer und Nachdenker. 

Der Blick nach vorne in dem Bewusstsein, dass die aktuellen Themen längst nicht zu Ende gedacht sind und neue Themen kommen werden und vom Dossier sicher früh aufgegriffen werden. 

In diesem Sinne: schauen Sie rein, machen Sie mit.  

SO ISSES!!

Über Hartmut Scheffler 

Hartmut Scheffler ist Diplom-Soziologe und Stadt –, Raum – und Regionalplaner. Von 1980 an in der Marktforschung tätig, seit 1990 bis 2020 Geschäftsführer des Emnid Institutes Bielefeld, später TNS Emnid, dann TNS Infratest, Kantar TNS, Kantar Deutschland. Mitglied in verschiedenen Beiräten und Branchenverbänden, unter anderem BVM (dort 2009 als Forscherpersönlichkeit des Jahres geehrt). Von 2005-2017 Vorstandsvorsitzender des ADM (Wirtschaftsverband der privatwirtschaftlichen Markt – und Sozialforschungsinstitut in Deutschland). Seit Juli 2020 im Ruhestand, seit Januar 2021 freiberuflicher Berater für Marktforschung und Markenführung. 

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