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Kolumne von Prof. Dr. Anna Schneider Smart Glasses – Eine Brille ist eine Brille ist eine Brille und könnte für wahre Höhenflüge sorgen!

Rückt er gerade seine Smart Glasses zurecht? Nicht nur Anna Schneider steht auf das Modell Aviator von Ray-Ban. Das bekannteste Testimonial dürfte der amtierende amerikanische Präsident Joe Biden sein (Bild: picture alliance / NurPhoto | Allison Bailey)
RayBan, ein absoluter Klassiker. Ich persönlich bin großer Fan des Modells „Aviator“. Bislang habe ich dieses Modell in der Interaktion mit meinem bevorzugten Weg ins Netz – nämlich mobil – aber stets regelrecht verflucht. Warum? Weil es das einzige Modell ist, bei dem die Gesichtserkennung meines mobilen Endgerätes (das mit dem angebissenen Obst) mein Gesicht nicht erkennt. Daher bin ich stets gezwungen, die Brille auf die Nasenspitze zu schieben (Optik passt vielleicht zum Image meines Berufs?) oder den Code manuell einzugeben, damit sich mir die endlosen Welten des World Wide Web öffnen.
Und nun das?!? RayBan und Meta legen nochmals nach und liefern mit der Meta Wayfarer tatsächlich schicke Designs für die ansonsten eher, nun ja, eher wenig schicken Smart Glasses. Huch.
Bietet diese Entwicklung nun Grund zum Jubeln, oder sollte ich mir Sorgen machen? Noch bin ich etwas hin- und hergerissen, die Pro- und Contra-Liste ist eher überschaubar.
Aber vielleicht helfen Sie, verehrte Leserschaft, bei der Ergänzung?
Bis dato auf der Liste der Pro-Argumente:
- Super schickes Design
- Leicht und nicht sofort als Brille mit Funktionen erkennbar
- Individualisierbar
- Als Sonnenbrille oder mit Stärke erhältlich
- Ständige Möglichkeit aufzunehmen oder live zu streamen
- Musik hören und telefonieren ohne extra Kopfhörer
- Schnell mal was recherchieren (zumindest in den USA mit Hilfe von Meta AI dem Chatbot von Meta)
- Schnell mal was online stellen
- Statussymbol?
- Keine Nackenschmerzen mehr, denn das aufs Smartphone starren ist wirklich schlecht für den Nacken – (es ist geplant, auch Bildinformationen aus dem Sichtfeld nutzbar zu machen)
Auf der Liste der Contra-Argumente:
- Nicht sofort als Glasses erkennbar (wie gemein!)
- Ständige Möglichkeit aufgenommen zu werden, zum Beispiel in verfänglichen Situationen oder live gestreamt zu werden. Was sagen Musiker wie Beyoncé wohl dazu?
- Musik hören ohne extra Kopfhörer – lacht mein Gegenüber über meine Witze, oder über die neuste Folge des Lieblingspodcasts?
- Schnell mal was recherchieren mit Meta AI– Sicheres Auftreten bei vollkommener Ahnungslosigkeit?
- Schnell mal was online stellen – Huch und das unentdeckt?
- Noch keine immersiven Erfahrungen möglich
- Statussymbol – schon wieder ein Neues…
Die Absatzzahlen könnten durch die Decke gehen
In jedem Falle ist diese Partnerschaft überaus interessant, betrachtet man die bisher noch nicht riesige Nachfrage nach smarten Brillen. Noch bietet die Wayfarer nicht die Vielfalt der Funktionen wie vollwertige Smart Glasses, vor allem immersive Erlebnisse im virtuellen Raum sind nicht möglich. Die Konkurrenz, wie Microsoft mit seiner Holo Lens, dürfte die Absatzzahlen und Umsetzung der weiteren geplanten Funktionen des neuen Modells dennoch genaustens beobachten.
Laut Prognosen auf Statista soll sich der Umsatz smarter Brillen in den Jahren 2021 und 2022 von etwa acht bis neun Millionen (weltweit) auf etwa 30 Millionen im Jahre 2027 erhöhen. Gegebenenfalls wird diese Zahl aber auch deutlich früher erreicht. Denn über die oben genannten Pro-Argumente hinaus, könnten auch die Preise der Produkte zukünftig etwas weniger abschreckend hoch werden.
Vielfältige Einsatzmöglichkeiten von Smart Glasses, aber Unternehmen noch zurückhaltend
Doch nicht nur als private Spielerei für Technik-Begeisterte, auch im beruflichen Umfeld könnte diese Technologie einen Höhenflug erleben. Falls, ja, falls Unternehmen erkennen, dass ein flächendeckender Einsatz sinnhaft sein könnte. Und die Möglichkeiten sind vielfältig: Neben der Verwendung im Gesundheitssektor oder in der Autowerkstatt auch im normalen Büroalltag. Nun bleibt die Frage, ob und wann die Potentiale der Technologie ausgeschöpft werden. Noch werden modernere Interfaces – wie Touchpads oder Sprachsteuerung – deutlich häufiger im privaten als im beruflichen Umfeld eingesetzt.
Wie eine groß angelegte Befragung von Arbeitnehmenden in sieben Ländern durch Huawei zeigt, tun sich Unternehmen mit der Adoption neuer Technologien eher schwer.
Obwohl Arbeitnehmende durchaus Vertrauen in die eigene Fähigkeit haben, mit diesen neuen Bedienoberflächen und – Logiken umzugehen, ist das Arbeitsumfeld noch eher von klassischen Interfaces geprägt.
In jedem Falle bleibt es spannend zu beobachten, ob, wann und in welcher Gestalt der „Kollege des Aviators“ die Absatzzahlen und Nutzungsszenarien zu beflügeln vermag.
Über die Person
Prof. Dr. Anna Schneider ist Professorin für Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Trier. Ihr zentrales Forschungsinteresse gilt den Auswirkungen der Digitalisierung auf Gesellschaft, Wirtschaft und Politik. Sie ist Mitglied in verschiedenen Forschungsverbänden und sitzt im wissenschaftlichen Beirat des Wissenschaftlichen Instituts für Infrastruktur und Kommunikationsdienste, einem renommierten Think Tank für Kommunikations- und Internetpolitik.
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