Patricia Blau & Stephan Teuber, GIM Smart Creative: Research-Mindset der Zukunft

Bild: picture alliance / Zoonar | Robert Kneschke
Heute über die qualitative Marktforschung der Zukunft zu schreiben, ist schwer und einfach zugleich. Schwer, da sich die Branche in Zeiten von Digitalisierung, Generationendiskussionen und neuen Studiengängen rasant wandelt. Einfach gerade deshalb, weil dieser Wandel bereits in vollem Gange ist: Die Zukunft der qualitativen Marktforschung kommt nicht erst – sie hat bereits begonnen!
Diese Zukunft ist „Smart Creative“.
Quantitative und qualitative Datenquellen vervielfachen sich – und damit auch die Anforderungen an die qualitative Forschung: Es gibt nicht mehr nur die bisherigen „Königswege des Verstehens“ (z.B. Exploration oder Beobachtung), sondern das Methodenportfolio ist diverser geworden und integriert unterschiedlichste Erhebungskanäle und Techniken.
Zudem wird die Trennung zwischen qualitativer und quantitativer Forschung immer häufiger überwunden: Quali der Zukunft wird ihre Erkenntnisse auch aus Quanti-Stichproben extrahieren. Umgekehrt wird mit modernen statistischen Verfahren möglicherweise auch die Quantifizierung qualitativer Stichproben möglich. Das methodische Framework, das sich um die Qual-Forschung der Zukunft aufspannt, nennen wir bei der GIM „Smart Creative“. Es verdeutlicht: Auf zukünftige Qual-Researcher warten neue Anforderungen, neue Jobprofile, neue Herausforderungen: Sie selbst müssen Smart Creative sein.
Future Qual: smart, kreativ, vielfältig
Smart Creative bedeutet, dass sich Forschende der Zukunft mehr denn je zwischen methodischen, erkenntnistheoretischen und forschungspraktischen Welten bewegen werden. Was (hoffentlich) gleichbleiben wird: die Notwendigkeit der qualitativen Urteilskraft und Empathie sowie profunder Menschen- und Branchenkenntnisse.
Gleichzeitig wird sich das Qualifikationsprofil „Qual-Forschende“ rapide ändern – auch dafür steht Smart Creative. Qual-Researcher müssen sich nicht nur in einer Welt diverser Themen, Methoden und Erkenntnissysteme zurechtfinden, sie müssen diese Welt vor allem vernetzen und zu einem ganzheitlichen Verständnis führen. Somit geht die Qualifikation für Smart Creative auch über die reine Ausbildung hinaus. Es ist ein Mindset von souveräner Flexibilität, Agilität und Integration.
Die 7 Rollen der zukünftigen Qual-Researcher
Aus Smart Creative entwickelt sich somit eine überaus moderne, vielseitige und anspruchsvolle berufliche Rolle, die sehr unterschiedliche Qualifikationen erfordert. Aber im Unterschied zu manch vermeintlich agilen, modernen und flexiblen Jobs, erfordert Smart Creative in der Forschung zugleich Verstehen und Handeln mit Tiefgang.
Smart Creative Forschende sind…
- Deuter – sie interpretieren und analysieren
- Projektmanager – sie handeln agil und flexibel im Team und mit Kunden
- Übersetzer – sie gießen Erkenntnisse in handlungs- und entscheidungsrelevantes Wissen und wirken bei der Implementierung mit
- Navigatoren – sie managen Alternativen und finden den relevantesten Weg
- Verknüpfer – sie kombinieren erkenntnistheoretische und methodische Zugänge und vernetzen ehemals isolierte Silos
- Assimilierer – sie begreifen neue Möglichkeiten digitaler Art (KI etc.) als Erweiterung der eigenen Urteils- und Analysekompetenz und machen sich diese zwanglos zu Nutze
- Neudenker – sie bleiben neugierig, interessiert und überlegen immer wieder, wie sie ihr Portfolio erweitern können
Smart Creative heißt also, zwischen den verschiedensten Rollen zu wechseln und diese jeweils souverän zu beherrschen. Dies ist besonders anspruchsvoll, da jede einzelne Rolle selbst zunehmend komplexer wird. Die Frage wird also sein: Welche (akademische) Qualifikation kann all dies leisten?
Von der generalistischen zur spezifischen Qualifikation
Studienabschlüsse wie z.B. Diplom-Psychologie standen lange Zeit für holistische Grundqualifikationen, die in der Berufspraxis um praktisch-spezifische Aspekte ergänzt wurden. Jetzt stellt sich die Lage anders dar: Studiengänge vermitteln heute weniger das (eher abstrakte) Grundlegende, sondern mehr das (eher konkrete) Spezifische.
Durch die Myriaden unterschiedlicher Studiengänge entstehen die heterogensten Qualifikationen. Das ist gut, da dadurch sehr spezifische Profile bedient werden können. Allerdings benötigt es umso mehr integrierende Funktionen und Strukturen. Heißt: Es ist unwahrscheinlich, dass sich die Anforderungen von Smart Creative letztlich in einer Person, in einem „genialen Qual-Forschenden“, bündeln lassen. Schon allein, weil echte, multidisziplinäre Genialität doch recht selten ist.
Der oder die Quali-ForscherIn der Zukunft? Gibt es nicht!
Smart Creative wird also vor allem Team-Arbeit sein. Dies ist natürlich schon heute größtenteils der Fall. Der Trend wird sich künftig jedoch verstärken und die Talentsuche für qualitative Teams verändern. Mehr denn je wird es um die Balance von generalistischen und spezifischen Qualifikationen gehen – sowohl auf individueller als auch auf Team-Ebene.
Das für die qualitative Forschung so wichtige „Verstehen“ wird also nicht mehr der Output individueller Denkprozesse sein. Es wird im Team stattfinden und von unterschiedlichen Perspektiven profitieren – unterstützt von digitalen Tools und im Austausch mit quantitativen Perspektiven.
In Zeiten von Big Data und einem Behavioral Turn in der Marktforschung wird das qualitative Verstehen immer wichtiger. Weil sich Verhalten eben doch meist nicht selbst erklärt und Consumer Centricity an vielen Stellen auf die Greifbarkeit und Lebensnähe der qualitativen Forschung angewiesen ist. Um ganzheitlich zu verstehen, brauchen wir in Zukunft alle sieben Rollen bzw. Qualifikationen. Das Fazit: Die qualitativen Researcher der Zukunft sind Smart Creative Teams!
Über Patricia Blau

Über Stephan Teuber

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