Interview zum WdM Web-Seminar von respondi "Je selbstbewusster die Frauen in einer Gesellschaft sind, desto besser geht es der Gesellschaft"

Das weibliche Selbstvertrauen – Wie ist es darum bestellt? Welche Unterschiede gibt es hinsichtlich Selbstbewusstsein zwischen den Geschlechtern und was sind die Gründe dafür? respondi stellt in seinem Web-Seminar am 6. Oktober die Ergebnisse des Women’s Confidence Reports vor. Einige Studienresultate sowie Hintergrundwissen liefern Bengül Robillard und Orkan Dolay von dem Institut im Vorfeld der WdM.

Sie stellen am 06.10.2021 um 12 Uhr den „Women’s Confidence Report” vor. Wie ist es um das weibliche Selbstvertrauen bestellt? Zielt der Report auf einen bestimmten Kontext ab?

Bengül Robillard: Die Studie liefert detaillierte Erkenntnisse zu den Quellen, aus denen Frauen ihr Selbstvertrauen schöpfen – sowohl auf globaler Ebene, aber auch lokal in den verschiedenen Ländern. Dabei wurden vier zentrale Erkenntnisse deutlich:

Erstens: Selbstvertrauen basiert auf Beziehungen zu anderen Menschen. Es kann weder alleine gesteigert werden, noch entsteht es auf rein individueller Ebene. Selbstvertrauen entsteht und wächst durch Beziehungen zu anderen Menschen.

Zweitens: Selbstvertrauen entsteht aus 14 verschiedene Quellen. Die Bedeutung der einzelnen Quellen variiert von Frau zu Frau und hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie beispielsweise von ihrer Persönlichkeit, ihrem Lebensabschnitt oder auch vom Tageszeitpunkt. Unter diesen 14 Quellen befinden sich zum Beispiel die Fähigkeit, optimistisch in die Zukunft zu blicken sowie die eigene Resilienz, ebenso die Bestätigung, Anerkennung und Ermutigung durch Andere sowie das Bewusstsein und Vertrauen in die eigenen intellektuellen Fähigkeiten, wie unter anderem in das eigene Wissen und in die eigenen Erfahrungen.

Drittens: Global gesehen haben Frauen ein eher geringes Selbstvertrauen. Nur wenige Frauen gaben an, ein hohes Selbstvertrauen zu haben.

Viertens: Selbstvertrauen basiert weltweit auf ähnlichen Faktoren. Die Bedeutung der Faktoren kann jedoch variieren. Dem liegt zugrunde, dass Selbstvertrauen immer demselben Zweck dient – dem Einfügen in die jeweilige Gesellschaft.

Orkan Dolay: Die Studie zeichnet ein tiefgreifendes Bild des Status quo sowie der verschiedenen Einflussfaktoren und liefert Hinweise, wie Unternehmen, Organisationen und individuelle Personen zur Stärkung des weiblichen Selbstvertrauens beitragen können.

respondi nennt die Studie, “die größte globale Studie dieser Art”? Sagen Sie doch mal was zu Fallzahlen und Methodik! 

Bengül Robillard: Unser französischer Kunde Eranos hat im Auftrag von IT Cosmetics mithilfe des respondi Panels untersucht, wie es weltweit um das Selbstvertrauen der Frauen steht. Hierzu wurden insgesamt 11.176 Frauen aus elf verschiedenen Ländern in einem Zeitraum von drei Jahren befragt. Um dieses komplexe kulturelle Phänomen bestmöglich zu erforschen, wurden quantitative und qualitative Daten kombiniert und lokale Experten in den einzelnen Ländern hinzugezogen. Ein richtiges Mammutprojekt also, auf dessen Ergebnis wir sehr stolz sind.

Welche Ergebnisse haben Sie besonders überrascht?

Bengül Robillard: Dass es tatsächlich weltweit noch so ist, dass Frauen mit niedrigem Selbstbewusstsein zu kämpfen haben, auch in Ländern, die vielleicht ein, zwei Schritte weiter in Richtung Gleichberechtigung sind.

Es ist, auch in Deutschland, noch ein langer Weg.


Orkan Dolay: Außerdem die gesellschaftliche Bedeutung: Das Selbstvertrauen einer Frau ist nicht nur wichtig für sie selbst, sondern für die gesamte Gesellschaft. Je selbstbewusster die Frauen in einer Gesellschaft sind, desto besser geht es dieser im Gesamten.

Warum ist Selbstvertrauen – gerade in der Berufswelt – so wichtig? Weist besonders weibliches Selbstvertrauen “Lücken und Potentiale” auf? Oder gilt das gleichermaßen für das männliche?

Bengül Robillard: Frauen werden immer noch Steine in den Weg gelegt, nicht nur im Privaten auch im Beruflichen. Zwar haben Frauen heutzutage bessere Chancen, in höhere Positionen aufzusteigen, es sind aber immer noch viele bewusste und unbewusste Praktiken tief in der Arbeitswelt verankert, die zu Diskriminierung führen. Lohnunterschiede, Mutterschutz und Elternzeit, Zugang zu Bildung, Bevormundung, ungleiche Verteilung von Haushaltsaufgaben und sexuelle Objektifizierung sind nur ein paar Hürden, die Frauen gleiche Chancen verwehren und somit auch das Selbstvertrauen einschränken.

Ihre Studie basiert auf der Tatsache, dass es vorwiegend Frauen an Selbstvertrauen mangelt. Woran liegt es Ihrer Meinung nach, dass sie oftmals weniger Selbstvertrauen mitbringen als Männer?

Bengül Robillard: Der Unterschied im Selbstvertrauen zwischen Männern und Frauen liegt zu einem großen Teil in den unterschiedlichen gesellschaftlichen Voraussetzungen und Erwartungen. Zwar ist hier einiges in Bewegung, in manchen Teilen der Welt mehr als in anderen, aber die über Jahrhunderte bis Jahrtausende geprägten Rollenbilder und unterschiedlichen sozialen, politischen, wirtschaftlichen und technologischen Voraussetzungen spielen hier eine große Rolle.

Orkan Dolay: Diese Rollenbilder werden leider auch immer noch selbst bei uns in Westeuropa teilweise schon im Kindergarten oder in der Grundschule, wenn auch unabsichtlich, vermittelt. Ich war zum Beispiel sehr erstaunt, als ich aus meinem persönlichen Umfeld mitbekommen habe, dass in einem Kindergarten – in einer westeuropäischen Großstadt – die Erzieherin ein Spiel organisiert, wo die Jungs die Piloten sind und Mädchen die Stewardessen.

Hier sollten wir alle, als Gesellschaft, etwas sensibler und aufmerksamer sein, welches Rollenverständnis wir vermitteln.

Wie können Unternehmen das Selbstvertrauen Ihrer Mitarbeiterinnen fördern? Haben Sie Tipps?

Orkan Dolay: Mit regelmäßiger und wertschätzender Kommunikation können Führungskräfte und KollegInnen MitarbeiterInnen auf ihrem Weg im Unternehmen begleiten. Was braucht der Mitarbeiter/die Mitarbeiterin, um seine/ihre Aufgaben bestmöglich zu erfüllen? Auch private Angelegenheiten und Probleme brauchen ein offenes Ohr, denn wir haben eben nicht zwei Persönlichkeiten, die wir tauschen, wenn wir den Laptop hoch- oder runterfahren.  

Bengül Robillard: Im Großen und Ganzen sehen wir in der Studie zwar ähnliche Tendenzen in allen Ländern. Aber es gibt natürlich auch regionale und kulturelle Unterschiede. Dementsprechend sollten die Unternehmen entsprechende Schulungen oder Förderungen priorisieren.

Zum Beispiel sind britische Frauen im Vergleich zu Frankreich und Deutschland am wenigsten selbstbewusst, wenn sie in der Öffentlichkeit sprechen oder Vorträge halten sollen. 51 Prozent von ihnen sind sehr unsicher, wenn sie öffentlich sprechen, verglichen mit 36 Prozent der Französinnen und 39 Prozent der deutschen Frauen in den gleichen Situationen. Das heißt, in Großbritannien sollten die Unternehmen diesem Aspekt eine größere Priorität einräumen.

Und wie fördern Sie das Selbstvertrauen Ihrer Mitarbeiterinnen? Wie geht respondi mit dem Thema um?

Bengül Robillard: Durch Feedback, konstruktive Kritik, Lob und positive Wertschätzung stehen wir auch über Arbeitsinhalte im ständigen Austausch mit allen MitarbeiterInnen. So können unsere MitarberInnen an ihren Herausforderungen wachsen und das stärkt Selbstbewusstsein.

Wir fördern außerdem die Möglichkeit sowohl unserer Mitarbeiterinnen als auch der Mitarbeiter, in flexiblen Teilzeitlösungen zu arbeiten, sodass sie sich trotz anderweitiger Verpflichtungen im Beruf verwirklichen können, auch in Führungspositionen. Wir bewerten Leistungen eben auch unabhängig von vermeintlichen Karriere KO-Kriterien und befördern MitarbeiterInnen kurz nach dem Wiedereinstieg aus der Elternzeit. All dies sind Punkte, die nicht nur bei den einzelnen Personen zu Selbstbewusstsein führen, sondern auch innerhalb der MitarbeiterInnenschaft.

Orkan Dolay: Unsere drei Offices werden jeweils von einem weiblichen Managing Director geführt. Auch eher traditionell männliche Domänen wie Sales oder einige Projektteams werden von Frauen geleitet.

Wer sollte Ihr Web-Seminar keinesfalls verpassen?

Orkan Dolay: Im Prinzip keine und keiner. Wir haben uns dieses Mal bewusst dafür entschieden, den Inhalt einer Studie in den Vordergrund zu stellen. Es handelt sich um ein gesellschaftlich aktuelles und sehr wichtiges Thema. Wir freuen uns, wenn wir mit diesem Vortrag und der anschließenden Diskussion den ein oder anderen Impuls geben können, etwas zu verändern.

Bengül Robillard: Bis jetzt sind die Anmeldungen vorwiegend weiblich. Wir würden uns freuen, wenn auch noch der ein oder andere Mann dazukommt und sich bei diesem wichtigen Thema einbringt.

Hier geht es zur Anmeldung für das Web-Seminar mit Bengül Robillard und Orkan Dolay am 6. Oktober, 12h,

Über die Personen

Bengül Robillard, respndi (Bild: respondi) | marktforschung.de
Bengül Robillard ist Betriebswirtin mit deutsch-französischem Doppeldiplom in International Business der FH Trier und der Université Jean Monnet, St. Etienne. Seit 2008 ist sie bei respondi tätig und verantwortet seit 2016 als Managing Director Deutschland das operative Geschäft im deutschsprachigen Raum.

Orkan Dolay, respondi (Bild: respondi) | marktforschung.de
Orkan Dolay verantwortet als Chief Operating Officer das gesamte operative Geschäft bei respondi. Der an der Universität Lumière Lyon 2 diplomierte Volkswirt ist seit 2007 in unterschiedlichen Rollen bei respondi tätig.

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