Peter Kautz & Friedrich Schwandt, Statista „Sekundärforschung im großen Stil erfordert viel Handarbeit“

Statista ist eine der bekanntesten und größten Plattformen für Sekundärdaten. 2007 in Deutschland gegründet, beschäftigt Statista rund 1.100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf vier Kontinenten an zwölf Standorten. Peter Kautz, Managing Director von Statista Q, und Friedrich Schwandt, Gründer und CEO von Statista, haben im Interview über die Entwicklung des Unternehmens und die Entstehung von Statista Q gesprochen.

Peter Kautz, Friedrich Schwandt (Bild: Statista)

Statista ist eine der bekanntesten Plattformen für Sekundärdaten. Wie klingt ihre Lobeshymne auf die Sekundärforschung? 

Peter Kautz: Ein wichtiger Teil unseres Geschäftsmodells ist es, wie sie richtig sagen, bereits vorhandene Daten, Erhebungen und Statistiken auffind- und durchsuchbar zu machen. Bei uns finden Sie alle Daten für alle Länder. Wir bergen also für unsere Kunden jeden Tag einen Schatz aus wissenschaftlichen Erhebungen und Geschäftszahlen. Daraus lassen sich wertvolle Erkenntnisse für uns und unsere Kunden gewinnen. Sekundärforschung ermöglicht einen niedrigschwelligen und effizienten Einstieg in Themen und kann die Grundlage für exzellente Marktmodelle bieten. Wir haben mit Datenpartnerschaften angefangen, erheben aber inzwischen die Hälfte unserer Daten selbst – denn auch Sekundärforschung im großen Stil erfordert viel Handarbeit. Vor allem das prüfen, aktualisieren und pflegen der Datensätze ist arbeitsaufwendig: so machen wir Sekundärforschung aber auf höchstem Niveau.   

Lieber Herr Schwandt: Wie kamen Sie 2007 auf die Idee, Statista zu gründen? 

Friedrich Schwandt: Wir waren selbst als Unternehmensberater immer auf der Suche nach Daten, Zahlen, Vorhersagen für Wirtschafts- und Gesellschaftszusammenhänge. Einen Ort an dem wir schnell auf alle bereits existierenden, wissenschaftlich geprüften Daten zugreifen konnten, gab es nicht. Wir mussten immer umständliche und langwierige Wege über die Recherche- und Dokumentations-Abteilungen gehen – hierfür haben wir eine Abkürzung gefunden.  

Viele Start-ups müssen ihr Geschäftsmodell im Laufe der Entwicklung anpassen. War das Geschäftsmodell von vorneherein die Vermarktung von Sekundärdaten? 

Friedrich Schwandt: Ja und nein. Unser erster Kunde war ein Unternehmensberater aus Österreich, der an einem Sonntag das Abo abgeschlossen hat, wahrscheinlich, weil er noch eine Präsentation erstellen musste und dazu Grafiken und Statistiken brauchte. Dies bestätigte damit vollständig unsere Arbeitshypothese. Aber ab dann haben wir immer wieder Anpassungen vornehmen müssen. Neudeutsch würde man das wohl „Pivoten“ nennen. Heute haben wir 23.000 Kunden, mit denen sind wir mitgewachsen: Wir haben weitere Geschäftszweige geschaffen, die unser Angebot ergänzen. Von Rechercheservice und Beratung, bis hin zu Primärstudien, Infografiken, Content-Marketing und weiter zu ganzen neugeschaffenen Datenbanken haben wir uns in alle Richtungen weiterentwickelt.  

Was war am Anfang die größte Herausforderung? 

Friedrich Schwandt: Wir Gründer haben Statista fast vollständig mithilfe unserer Ersparnisse aufgebaut. Gerne hätten wir auch Kapital von Geldgebern oder Banken gehabt. 2008, im Jahr der Finanzkrise haben wir es aber nicht bekommen. Gerade zu Beginn hatten wir Schwierigkeiten, andere davon zu überzeugen, dass man mit Statistiken Geschäfte machen kann. Das führte dazu, dass alle, die am Aufbau von Statista beteiligt waren, sich selbst ausgebeutet haben. Ich selbst habe lange kein Gehalt erhalten. Die ersten Jahre nach der Gründung waren eine Dürrephase, ein langer Weg mit vielen schlaflosen Nächten, weil es eben dauert, eine Datenbank aufzubauen. Los ging unser Geschäft deshalb erst ab 2011/12, dann aber richtig. Heute haben wir mehr als eine Million Statistiken und pro Monat mehr als 30 Millionen Besucher auf unserer Internetseite. Das ist mehr, als alle Statistikämter und großen Marktforschungsunternehmen der Welt zusammen haben.

Statista arbeitet mit vielen renommierten Datenquellen zusammen. Welche Datentöpfe würden Sie gerne noch in das Angebot integrieren? 

Peter Kautz: Wir schauen kontinuierlich auf neue mögliche Datenquellen, die unseren Nutzern helfen ihre Entscheidungen auf einer besseren Datenlage zu treffen. Außerdem ist unser hehres Ziel, fehlende Daten mit eigener Forschung in unser Angebot zu integrieren. Wir sind mit unserer E-Commerce- oder Unternehmensdatenbanken auf dem besten Weg alle E-Commerce-Anbieter und Unternehmen weltweit greifbar zu machen. Wir kooperieren weltweit bereits mit den wichtigsten Datenpartnern – auch deshalb liegt der Fokus auf der Erhebung eigener Daten. 

Kürzlich wurde mit Statista Q ein Angebot für die maßgeschneiderte Erstellung von Primärstudien gelauncht. Warum jetzt? Was ist die Idee dahinter? Genügt das Angebot an Sekundärstatistiken nicht mehr? 

Peter Kautz: Statista Q ist der logische Schluss aus einer stetig wachsenden Nachfrage nach Primärforschung durch unsere Kunden. Immer wieder gibt es Suchanfragen zu sehr spezifischen Fragestellungen – oft Nischen, die sich in der Sekundärforschung aufgetan haben. Wir erstellen bereits seit einigen Jahren umfangreiche und maßgeschneiderte Studien für unsere Kunden, mit Statista Q geben wir dieser Abteilung jetzt ein Gesicht nach außen. Damit bieten wir Kunden das Beste aus beiden Welten: wir stellen Studien individuell und präzise zusammen, Kunden profitieren aber gleichzeitig von unseren bereits vorhandenen Daten.  

Neben den verschiedenen Abo-Zugängen auf die Statistiken gibt es diverse Angebote, Kaufstudien und Services auf Statista. Sind das folgerichtige Line-Extensions oder reicht die Vermarktung von Sekundärdaten allein nicht aus? 

Friedrich Schwandt: Ich würde behaupten, wir haben einen sehr guten Riecher dafür, was unsere Kunden brauchen. Im Zentrum all unserer Angebote stehen unserer Daten und Statistiken. Diese machen wir für Kunden entweder auf unterschiedliche Weise zugänglich oder bauen mit unseren Produkten darauf auf.  

Sind wir als Gesellschaft noch von dem Punkt entfernt, ab dem wir all das vorhandene Wissen sinnvoll miteinander verknüpfen und die Potenziale daraus umfänglich heben? Oder anders gefragt: Auf einer Skala von 1 bis 10 – wie sehr denken Sie, schöpfen wir aktuell die Potenziale aus, die in der Verknüpfung und Auswertung der unendlichen Datenschätze schlummern, auf die wir bereits zugreifen können. 

Peter Kautz: Für einige, engmaschig abgesteckte Forschungsfelder würde ich behaupten, dass wir schon sehr weit sind, alle Daten in einem Kontext betrachten zu können. Unsere Market Outlooks sind hier das beste Beispiel. Wenn sie beispielsweise etwas über den Markt für Geschirrspüler in Großbritannien oder Europa wissen wollen, sorgen wir für länder- und statistikübergreifende Datenverknüpfung. Dabei kommt ein exzellentes Produkt heraus, welches aber noch immer Handarbeit erfordert, um die Qualität von Daten zu sichern. Um komplexe, dynamische Fragestellungen mithilfe einer allwissenden künstlichen Intelligenz zu lösen, brauchen wir aber sicherlich noch eine Weile.  

Über Peter Kautz:  

Peter Kautz, Statista (Bild: Statista)
Peter Kautz führt das datengetriebene Projektgeschäft bei Statista. Als Managing Director der Marke Statista Q unterstützt er, mit der Unterstützung von ca. 100 Kolleg:innen, Firmen und Kunden dabei ihre individuellen, datenbezogenen Fragestellungen zu beantworten. Ihm liegen dabei vor allem Fragen rund um die Einführung von neuen Produkten oder Services am Herzen, dabei greift er auf langjährige Erfahrung in der Unternehmensberatung und eigenen digitalen Ventures zurück.

Über Friedrich Schwandt:  

Friedrich Schwandt Statista (Bild: Statista)
Nach seinem Studium der Volkswirtschaft mit Schwerpunkt Ökonometrie an der Humboldt Universität zu Berlin war Friedrich Schwandt u. a. als Berater bei der Boston Consulting Group (BCG) tätig. 2007 gründete er gemeinsam mit Tim Kröger Statista als Plattform für branchen-übergreifende Geschäfts- und Marktzahlen. Heute hat sich Statista als ein führender Anbieter für Markt- und Konsumentendaten etabliert und beschäftigt mehr als 1.100 Mitarbeiter weltweit. 

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