Sehen Versicherer in Zukunft alt aus? Demografischer Wandel und seine Folgen

Nürnberg - Dass Deutschland immer älter wird, ist eine weithin bekannte Tatsache. Glaubt man den Berechnungen des Statistischen Bundesamtes, so wird Deutschland auch bevölkerungsärmer. Je nach zu Grunde gelegtem Szenario verringert sich die Bevölkerungszahl in den nächsten 50 Jahren um bis zu 28%. Wirtschaftsforschern zufolge wird dies des Weiteren dazu führen, dass der Anteil an Personen mit Migrationshintergrund zunehmen wird. Diesen absehbaren demografischen Wandel zu gestalten, ist einer der großen gesellschaftlichen Herausforderungen der Zukunft. Dass diese Entwicklung nicht spurlos an der Versicherungswirtschaft vorübergehen wird, ist unumstritten. Vielmehr gilt es insbesondere für Versicherer auf Grund der Langfristigkeit ihrer Kundenbeziehungen sich frühzeitig über mögliche Konsequenzen des demografischen Wandels im Klaren zu sein.

Die Ausgangslage für die Versicherer lässt sich an folgenden Zahlen verdeutlichen: Die Anzahl der in Deutschland lebenden Menschen sinkt von 81,5 Mio im Jahr 2010 auf prognostizierte 77,4 Mio in 2030 und 64,7 Mio im Jahr 2060. Dies entspräche einem Bevölkerungsschwund von rund 20% in den nächsten 50 Jahren. Zum Vergleich: In den 40 Jahren zwischen 1970 und 2010 ist die Bevölkerung in Deutschland um 4% gewachsen. Ferner wird der Anteil der über 60jährigen in der Bevölkerung zunehmen, so dass bereits von einer „Vergreisung“ der Bevölkerung gesprochen werden kann. Sind 2010 rund 26% der in Deutschland lebenden Menschen älter als 60 Jahre, wird ihr Anteil 2030 rund 37% und 2060 ca. 41% betragen.

Ursächlich hierfür sind im großen Maße zwei Entwicklungen: Zum einen werden Menschen immer älter. So lag die durchschnittliche Lebenserwartung der 60jährigen um die Jahrtausendwende bei 79 Jahren (Männer) bzw. 84 Jahren (Frauen). 2050 werden es 84 Jahre für Männer und 88 Jahre für Frauen sein. Zum anderen wird die Geburtenziffer (Kinder je Frau) in Zukunft voraussichtlich unterhalb eines Faktors von 2 liegen. D.h. salopp gesprochen, Paare „reproduzieren“ sich nicht mehr hinreichend. Bereits heute gibt es daher einen politischen und gesellschaftlichen Konsens darüber, dass eine (geregelte) Zuwanderung erfolgen muss, um die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu gewährleisten.

So wird von einem Zuwanderungssaldo von jährlich zwischen 100.000 (ab 2014) und 200.000 (ab 2020) ausgegangen. Das bedeutet, dass bis 2060 zwischen 4,6 Mio und 8 Mio Menschen aus anderen Ländern zuwandern. Aktuell wird davon ausgegangen, dass rund jede fünfte in Deutschland lebende Person einen Migrationshintergrund hat. Unter sonst gleichen Bedingungen kann 2060 von einem Mindestanteil an Personen mit Migrationshintergrund an der Gesamtbevölkerung von 30% ausgegangen werden. Diese demografischen Entwicklungen haben weitreichende Auswirkungen mit Relevanz für die Versicherungswirtschaft.
Zunächst liegt es auf der Hand, dass sich durch den Rückgang der Bevölkerungszahl auch das Kundenpotenzial für Versicherer reduzieren wird. Aktuell haben rund 91,1% der Bevölkerung mindestens eine Versicherung abgeschlossen. Dies entspricht 74,3 Mio Personen. Bei gleicher Versicherungsreichweite würde die Zahl der Versicherten auf 58,9 Mio sinken. Gleichzeitig drohen die sozialen Sicherungssysteme in eine Schieflage zu geraden. Bereits heute kommt – rein rechnerisch – auf zweieinhalb Rentenversicherte ein Rentenempfänger. Dieses Verhältnis verändert sich langsam aber kontinuierlich zu Lasten der Rentenversicherten und wird sich in Zukunft noch weiter verschlechtern. Die auf Grund der sinkenden Bevölkerungszahl erwartete Steigerung der Erwerbstätigenquote von aktuell 71% auf 74% im Jahr 2030 und 75% in 2060 wird dieses drohende Missverhältnis nur bedingt ausgleichen können.

Die Alterung der Gesellschaft bringt veränderte Krankheitsbilder mit sich. So werden bis 2050 vor allem altersbezogene Krankheiten zunehmen. Allem voran sind dies Lungenentzündung, Netzhauterkrankungen und Demenz. Weiterhin führt die Verschiebung der Alterspyramide dazu, dass höhere Krankheitskosten zu erwarten sind. So sind die Krankheitskosten für Personen über 65 Jahre zwischen 2002 und 2008 um 30% auf 123 Mrd Euro gestiegen. Ihr Anteil an den gesamten Krankheitskosten ist damit binnen sechs Jahren von 43% auf 48% angewachsen.

Quelle: Icon Added Value

 

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