Rechtlicher Status Quo bei telefonischen Kundenzufriedenheitsbefragungen

Dr. Ralf Tscherwinka

Dr. Ralf Tscherwinka (Dr. Hönig Rechtsanwälte)

Von Dr. Ralf Tscherwinka, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Handels- und Gesellschaftsrecht

Die aktuelle Rechtsprechung setzt telefonische Kundenzufriedenheitsbefragungen durch Markt- und Meinungsforschungsinstitute mit Werbung gleich. Und weil Werbung gemäß § 7 Abs. 2 UWG bei telefonischer Ansprache nur mit vorheriger Einwilligung erlaubt ist, erklärt die Rechtsprechung Anrufe zum Zwecke der Markt- und Meinungsforschung ohne vorangegangene Einwilligung der Angerufenen für rechtswidrig. 2009 hatte der Gesetzgeber mit § 30a BDSG eine Erlaubnisnorm für die geschäftsmäßige Datenerhebung und -speicherung für Zwecke der Markt- oder Meinungsforschung in Kraft gesetzt und in der Gesetzesbegründung sogar ausdrücklich hervorgehoben, dass die Markt- und Meinungsforschung eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe wahrnimmt und Werbung einerseits sowie Markt- und Meinungsforschung andererseits nicht gleichgestellt werden dürfen. Angesichts der herrschenden Rechtsprechung macht sich jedoch seit längerem Ernüchterung breit. Noch bei Inkrafttreten hatte der BVM veröffentlicht, dass die gesetzliche Regelung des § 30a BDSG aus seiner Sicht „im Vergleich zu den ersten Entwürfen der Gesetzesnovellierung eine enorme Verbesserung darstellt, die für die gesamte Branche von existenzieller Bedeutung ist“. Der führende BDSG-Kommentar von Simitis (in 8. Auflage, § 30a, Rdnr. 11) spricht von „nahezu euphorischen Reaktionen von Interessenverbänden …“. Im Rahmen des aktuellen Branchenspecials bei marktforschung.de besteht daher Anlass, den aktuellen rechtlichen Status bei telefonischen Kundenzufriedenheitsbefragungen Revue passieren zu lassen:

I. § 30a BDSG, § 7 UWG, § 823 BGB

Ein Tipp, den wir Juristen bereits im ersten Semester lernen, gilt auch hier: Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung. Um die Wege (und Irrwege) der Rechtsprechung zu verstehen, lohnt es sich, sich noch einmal die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen, mit denen wir ringen müssen, ins Gedächtnis zu rufen.

Da ist zunächst einmal § 30a BDSG (Bundesdatenschutzgesetz). Im Datenschutzrecht ist alles verboten, was nicht ausdrücklich erlaubt ist. Es bedarf entweder einer ausdrücklichen Einwilligung oder einer gesetzlichen Erlaubnisnorm (§ 4 Abs. 1 BDSG). Eine solche gesetzliche Erlaubnisnorm ist nach ganz einhelliger Auffassung § 30a BDSG, der wie folgt lautet:

§ 30a Geschäftsmäßige Datenerhebung und -speicherung für Zwecke der Markt- oder Meinungsforschung

(1) Das geschäftsmäßige Erheben, Verarbeiten oder Nutzen personenbezogener Daten für Zwecke der Markt- oder Meinungsforschung ist zulässig, wenn

  1. kein Grund zu der Annahme besteht, dass der Betroffene ein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung hat, oder
  2. die Daten aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden können oder die verantwortliche Stelle sie veröffentlichen dürfte und das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung gegenüber dem Interesse der verantwortlichen Stelle nicht offensichtlich überwiegt.

Besondere Arten personenbezogener Daten (§ 3 Absatz 9) dürfen nur für ein bestimmtes Forschungsvorhaben erhoben, verarbeitet oder genutzt werden.

(2) Für Zwecke der Markt- oder Meinungsforschung erhobene oder gespeicherte personenbezogene Daten dürfen nur für diese Zwecke verarbeitet oder genutzt werden. Daten, die nicht aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen worden sind und die die verantwortliche Stelle auch nicht veröffentlichen darf, dürfen nur für das Forschungsvorhaben verarbeitet oder genutzt werden, für das sie erhoben worden sind. Für einen anderen Zweck dürfen sie nur verarbeitet oder genutzt werden, wenn sie zuvor so anonymisiert werden, dass ein Personenbezug nicht mehr hergestellt werden kann.

(3) Die personenbezogenen Daten sind zu anonymisieren, sobald dies nach dem Zweck des Forschungsvorhabens, für das die Daten erhoben worden sind, möglich ist. Bis dahin sind die Merkmale gesondert zu speichern, mit denen Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person zugeordnet werden können. Diese Merkmale dürfen mit den Einzelangaben nur zusammengeführt werden, soweit dies nach dem Zweck des Forschungsvorhabens erforderlich ist.

(4) § 29 gilt nicht.

(5) § 28 Absatz 4 und 6 bis 9 gilt entsprechend.

Gegner telefonischer Kundenzufriedenheitsstudien berufen sich auf die Notwendigkeit einer Einwilligung. § 30a BDSG findet bei ihnen weder Beachtung noch Anwendung. Warum eigentlich? Grund dafür ist § 7 UWG, der wie folgt lautet:

§ 7 Unzumutbare Belästigungen

(2) Eine unzumutbare Belästigung ist stets anzunehmen

  1. bei Werbung mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung oder gegenüber einem sonstigen Marktteilnehmer ohne dessen zumindest mutmaßliche Einwilligung,
  2. bei Werbung unter Verwendung einer automatischen Anrufmaschine, eines Faxgerätes oder elektronischer Post, ohne dass eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt.

Aber wie kommt man auf die Idee, eine gesetzliche Bestimmung anzuwenden, die von Werbung spricht, obwohl es sich um Marktforschung handelt? Ganz „einfach“: Indem man behauptet, dass bei Marktforschung nicht drin sei, was drauf steht. Oder anders ausgedrückt: Man beruft sich auf eine vom OLG Stuttgart ausgehende Rechtsprechung (siehe unten II.), die Kundenzufriedenheitsbefragungen als mittelbare Absatzförderung ansieht (einerseits) und mittelbare Absatzförderung nicht als Marktforschung, sondern als Werbung (andererseits). Damit kommt der Tatbestand des § 30a BDSG nicht erst zur Anwendung. Denn wenn es sich um Werbung handelt, ist der Tatbestand des § 30a BDSG schlicht und einfach nicht anwendbar, sondern § 7 UWG.

Manche Gerichte stützen Unterlassungsurteile gegen telefonische Kundenzufriedenheitsbefragung nicht auf § 7 UWG (Gesetz zum Schutz gegen unlauteren Wettbewerb), sondern auf § 823 BGB. Manche vermengen beide Bestimmungen oder lassen sie nebeneinander zur Anwendung kommen. Diese dogmatische Feinheit können wir hier beiseite lassen und uns § 823 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) ansehen:

§ 823
Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Anrufe bei Privatpersonen werden als Eingriff in das „Allgemeine Persönlich-keitsrecht“ betrachtet, bei Anrufen in Geschäftsbetrieben ist der in § 823 BGB geschützte „eingerichtete und ausgeübte Geschäftsbetrieb“ tangiert. Würde man § 30a BDSG als Erlaubnisnorm zur Anwendung bringen, scheidet eine „widerrechtliche“ Verletzung nach § 823 Abs. 1 BGB aus.

II. Die herrschende Meinung in Rechtsprechung und Kommentarliteratur und ihre Fehlentwicklung

1. Die herrschende Rechtsprechung wird geprägt von zwei Urteilen des Oberlandesgerichts Köln. Im Urteil vom 12. Dezember 2008 (Az.: 6 U 41/08) ging es um eine Umfrage eines Marktforschungsinstituts, die die Zufriedenheit der Kunden mit den Dienstleistungen einer Bank beinhaltete und dem Ziel diente, diese durch eine Verbesserung der Serviceleistungen unter Berücksichtigung ihrer Wünsche als Kunden zu erhalten. Dieses Urteil bezog sich ausdrücklich auf Anrufe bei Verbrauchern. Es handle sich um unzumutbare Belästigung im Sinne des § 7 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 UWG. Der Anruf des Meinungsforschungsinstituts stelle eine Wettbewerbshandlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar. Werbung im Sinne des § 7 Abs. 2 UWG liege vor, wenn zwar nicht der Absatz gefördert wird, sondern Nachfragehandlungen vorgenommen werden. Der angerufene Verbraucher hatte nicht in diese Anrufe eingewilligt.

Das OLG Köln fällte dieses Urteil zu einem Zeitpunkt, als § 30a BDSG noch nicht in Kraft war. Die Hoffnung, dass § 30a BDSG hier etwas bewirke, endete mit dem zweiten einschlägigen Urteil des OLG Köln:

Am 30. März 2012 (Az.: 6 U 191/11) erlies das OLG Köln wiederum ein Unterlassungsgebot gegen eine telefonische Kundenzufriedenheitsstudie:

„Lässt ein Unternehmer einen Kunden, der ihm zuvor als Geschäftsmann einen Dienstleistungsauftrag erteilt hatte (hier: Auswechslung einer Windschutzscheibe), nach Durchführung des Auftrags durch ein Marktforschungsinstitut anrufen und nach seiner Zufriedenheit befragen, ist dies als gemäß § 7 Abs. 1 UWG unzumutbare Belästigung unzulässig, wenn nicht eine zumindest mutmaßliche Einwilligung des Kunden vorliegt.“

Die telefonische Marktforschungsstudie stelle eine in § 7 Abs. 1 Satz 1 UWG vorausgesetzte geschäftliche Handlung dar. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG genüge es, dass das in Rede stehende Verhalten mit der Förderung des Umsatzes lediglich „objektiv zusammenhängt“. Angerufen wurde hier nicht ein Verbraucher, sondern ein Geschäftsbetrieb, der in § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG als „sonstiger Marktteilnehmer“ tituliert wird.

Dabei bezog sich das OLG Köln auf Rechtsprechung, nach der mittelbare Absatzförderung ausreichend sei, wenn Verbrauchergewohnheiten abgefragt werden, die im Zusammenhang mit den Produkten oder Dienstleistungen des Auftraggebers stehen (OLG Köln, 12. Dezember 2008, siehe oben; OLG Stuttgart, 17. Januar 2001, GRUR 2002, 457, 458; OLG München, 06. April 1995, NJWE WettBR 1996, 12).

Das OLG Köln ist sogar der Auffassung, dass nicht einmal die folgende Gesetzesbegründung der eigenen Rechtsauffassung entgegensteht. In der Gesetzesbegründung zum UWG gemäß Änderungsgesetz vom 22. Dezember 2008 (BGBL I, S. 2949) war zwar ausdrücklich festgehalten worden:

„Weltanschauliche, wissenschaftliche, redaktionelle oder verbraucherpolitische Äußerungen von Unternehmen oder anderen Personen unterfallen weiterhin nicht dem UWG, soweit sie in keinem objektiven Zusammenhang mit dem Absatz von Waren und den anderen oben genannten Unternehmensaktivitäten stehen. Das gilt etwa für redaktionelle Äußerungen oder eine Reichweitenforschung (Forschung über Medienkontakte). Dienen sie nur der Information der Leserschaft oder der die Anonymität der befragten Personen wahrenden Markt- und Meinungsforschung, fehlt es an dem objektiven Zusammenhang zum Warenabsatz, so dass eine geschäftliche Handlung nicht vorliegt.“

Von dieser gesetzlichen Ausnahme seien – so das OLG Köln – jedoch diejenigen Äußerungen nicht erfasst, die in einem „objektiven Zusammenhang mit dem Absatz von Waren“ stehen. Um Markt- und Meinungsforschung handle es sich somit nur, wenn die geschäftliche Handlung nicht in einem objektiven Zusammenhang mit dem Absatz steht.

„Nach den Gesetzesmaterialien fallen demnach, was die hier in Rede stehenden Meinungsumfragen angeht, solche nicht unter den Begriff der geschäftlichen Handlung, die insbesondere von unabhängiger dritter Seite etwa zu wissenschaftlichen Forschungszwecken durchgeführt werden. Eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG stellen danach z.B. Umfragen nicht dar, die im Auftrag des DIHT oder von ähnlichen Institutionen, z.B. auch Hochschulen, zur Erforschung der Marktgegebenheiten in einer bestimmten Branche – auch im Bereich der Abwicklung von Geschäften – durchgeführt werden.“

Hinweise in Gesetzesbegründungen taugen zur Abgrenzung eh nicht recht. Es war absehbar, dass die Gesetzesbegründung zum UWG als solche nicht hilft. Ausführungen des Gesetzgebers in Gesetzesbegründungen können Richter interessieren, müssen aber nicht. Die Gesetzesbegründung mag zur Auslegung mit herangezogen werden, ist dafür aber nicht zwingend. Andere Auslegungsmethoden (Wortlaut, Sinn und Zweck der Regelung, Systematik des Gesetzes etc.) sind vorrangig. Die Gesetzesbegründung ist nur eine von zahlreichen Methoden zur Auslegung eines Gesetzes und ohne zwingende, durchschlagende Wirkung auf die Auslegung durch ein Gericht.

Werbung sei also „jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Beruf mit dem Ziel, den Absatz von Waren … zu fördern“.

Leider ist festzustellen, dass auch die herrschende datenschutzrechtliche Kommentarliteratur hierzu eine im Wesentlichen identische Auffassung vertritt.

Ehrlicherweise muss hinzugefügt werden: Soweit Stellungnahmen veröffentlicht wurden, die eine Zulässigkeit telefonischer Kundenzufriedenheitsstudien aus § 30a BDSG ableiten wollen, stammen sie aus dem Beratungsumfeld der Marktforschung selbst (vergleiche Schweizer, ZUM 2010, S. 400 (406); Pflüger, RDV 2010, S. 101 (103); Tscherwinka, www.marktforschung.de/information/marktforschungsrecht/30-a-bdsg). Erfreulich ist, dass in der aktuellen Neuauflage des Kommentars zum Bundesdatenschutzgesetz von Taeger / Gabel, 2. A. unter § 30, Rdnr. 14 die vorgenannten Veröffentlichungen mit dem Hinweis angesprochen werden, hier handle es sich um „beachtliche Gründe“.

2. Das vom OLG Köln zitierte Urteil des OLG Stuttgart (NJW RR 2002, 767 bis 769, auch abgedruckt in GRUR 2002, 457, 458) ist jedoch in Wirklichkeit nicht einschlägig. Dort wurde der Angerufene gefragt, ob er „nochmals wegen einer kostenlosen Leseprobe angerufen werden dürfe“. Eine solche persönliche Bitte um Einverständnis zu einem weiteren konkreten Anruf erfolgt bei den Grundsatz der Anonymität wahrenden klassischen Marktforschungsstudien gerade nicht.

Zumindest ein Ziel des Telefonats beim Stuttgarter Verfahren war es, Kontaktdaten und Einwilligungen für ein erneutes Verkaufsgespräch zu sammeln. Somit meinte das OLG Stuttgart, dass mit dem Begriff der Marktforschung die dortige Beklagte nur „den eigentlichen Zweck, nämlich die Absatzförderung für ihre Produkte, vernebele“. Darüber hinaus agierte im damaligen Stuttgarter Verfahren kein unabhängiges Institut, sondern das Unternehmen selbst. Und es wurde das Anonymisierungsgebot nicht beachtet.

Aus diesem Stuttgarter Urteil entwickelte sich eine von Anfang an fehlerhafte Rechtsprechung. Bei Umfragen zu Meinungsforschungszwecken im Auftrag eines Unternehmens würde es darauf ankommen, ob die Umfrage mittelbar der Absatzförderung diene oder nicht (solche Umfragen lassen sich als Instrumente der Absatzförderung einsetzen). Mittelbare Absatzförderung sei ausreichend, wenn Verbrauchergewohnheiten abgefragt werden, die im Zusammenhang mit den Produkten oder Dienstleistungen des Auftraggebers stehen. Diese Zitierung wird immer wieder heruntergespult (OLG Köln, 02. Dezember 2008, MMR 2009, 276, 268; Hefermehl / Köhler / Bornkamm, UWG, § 7, Rdnr. 131), obwohl das OLG Stuttgart seinen Fall gar nicht als „mittelbar“ bezeichnete: Dieses Wort kommt in der Entscheidung nicht einmal vor.

3. Es gibt allerdings auch aktuelle Rechtsprechung, die insbesondere telefonische Markt- und Meinungsforschungsstudien für zulässig erachtet:

a) Das Amtsgericht Brühl (Az.: 24 C 194/10) wies eine entsprechende Unterlassungsklage ab, weil kein ausreichender Vortrag für die angebliche „Belästigung in unzumutbarer Weise“ vorlag.

b) Das Landgericht Coburg (Urteil vom 17. Februar 2012, Az.: 33 S 87/11) hat den Unterlassungsantrag eines Klägers gegen Kontaktaufnahme zu Zwecken der Markt- und Meinungsforschung schon deshalb abgelehnt, weil es sich nach Auffassung des LG Coburg auch bei Kundenzufriedenheitsbefragungen nicht um Werbung und somit auch nicht um unzumutbare Belästigung handelt. Selbst eine Feedback-Anfrage im Zusammenhang mit einem vorangegangenen Geschäftskontakt sei keineswegs offenkundig als Werbung anzusehen.

Dieses Urteil erging zwar nicht zu telefonischen Ansprachen, sondern zu einer Ansprache via Email. Gleichwohl: Hier geht im Kern um die Frage: Werbung oder Marktforschung? Diese Frage ist für telefonische Anrufe nicht anders zu beantworten als für Online-Kontaktaufnahme.

c) Das Amtsgericht Berlin-Mitte (Urteil vom 21. Juni 2011, Az.: 5 C 1003/11) hatte den Antrag zurückgewiesen, einem Marktforschungsinstitut zu untersagen, das klagende Unternehmen unter dessen Telefonnummer ohne vorherige Einwilligung telefonisch zu Zwecken der Markt- und Meinungsforschung zu befragen. In der Entscheidung des Amtsgerichts Berlin-Mitte ging es um die Durchführung einer Umfrage zu aktuellen gesellschaftspolitischen Themen. Das Amtsgericht Berlin stellte klar, dass es sich um keine unmittelbare Förderung des Absatzes der Produkte des Auftraggebers handelte, der keine Absatzinteressen verfolgte. Zu Recht kam es daher bei der Abwägung zwischen dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb und dem Recht der Berufsausübungsfreiheit zum Ergebnis, dass letzteres überwiege.

§ 7 UWG sei hier nicht anwendbar: „Die Verfügungsbeklagte ist vorliegend nicht, wie in den zitierten Parallelverfahren dort tätiger Unternehmen in der Weise tätig geworden, dass im Auftrag eines Anbieters von Waren oder Dienstleistungen ausschließlich zu Zwecken der Förderung des Absatzes der eigenen Produkte des Auftraggebers Verbraucherverhalten ergründet wurde, um künftig die Werbung und die Verkaufsstrategie des Auftraggebers verbessern zu können“.

Das Amtsgericht Berlin lehnte den Einwand anderer „ebenso effektiver Umfragemöglichkeiten“ ab. Die vorherige schriftliche Einholung einer Zustimmungserklärung sei kein ausreichendes Äquivalent für die effektive Methode und eine repräsentative Meinungsumfrage via Telefonstudie, bei welcher von einem Computersystem zufällig generierte Rufnummern ausgewählt werden. Diese Methode sei, so das Amtsgericht Berlin, weiter, effektiv und erfordere lediglich einen angemessenen zeitlichen Rahmen, der „das Ausmaß der Belästigung für Personen, die nicht gestört werden möchten, nicht mehr als nötig ausdehnt.“

d) Erfreulich aus Sicht der Marktforschung ist eine aktuelle Entscheidung des Amtsgerichts Frankfurt am Main (Az.: 31 C 120/14 (96)). Mit Urteil vom 28. April 2014 wurde eine Klage gegen ein Marktforschungsinstitut auf Unterlassung von Anrufen zu Markt- und Meinungsforschungszwecken abgewiesen. Das Urteil ist rechtskräftig.

Das Gericht folgte dem Sachvortrag des Marktforschungsinstituts, dass es sich nicht um Werbung handelte und das UWG daher nicht anwendbar ist. Das Gericht hat u. a. ausgeführt: „Dabei ist der Begriff der mittelbaren Absatzförderung nicht zu überdehnen. Er kann nicht so weit verstanden werden, dass jede Markt- und Meinungsforschung bereits auch unmittelbar zur Absatzförderung beiträgt“.

Gegenstand des Verfahrens war eine Mehrthemenbefragung, also keine Kundenzufriedenheitsstudie von einem einzelnen Auftraggeber. Gleichwohl wird man Ausführungen des Gerichts auch für zukünftige Auseinandersetzungen bei Kundenzufriedenheitsstudien nutzbar machen können.

Interessant ist auch ein prozessualer Aspekt der Entscheidung des Amtsgerichts Frankfurt: Das Gericht hat betont, dass die Darlegungslast, ob es sich um Werbung im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG handelt, beim Kläger liegt. Grundsätzlich muss jeder Kläger darlegen und beweisen, was zu dem von ihm behaupteten Anspruch führt. Jedenfalls muss ein Kläger erst einmal darlegen und nachvollziehbar machen, ob und warum es sich überhaupt um Werbung handelt. Macht ein Kläger nur allgemeine Ausführungen oder vermengt in seinem Unterlassungsschreiben und seiner Unterlassungsaufforderung Begriffe wie Werbung und Markt- und Meinungsforschung, dann kann es sich prozessual empfehlen, auf diese Widersprüchlichkeit und Unsubstantiiertheit im Sachvortrag hinzuweisen, da eine solche Klage dann als unschlüssig und unzulässig abgewiesen werden kann, ohne dass es auf die weitere materielle Rechtsprüfung ankommen würde.

Ambivalent ist folgende Aussage des Gerichts: „Zulässig sind unerbetene Telefonanrufe zu Markt- und Meinungsforschungszwecken dann, wenn der Anruf weder das beauftragende Unternehmen noch dessen Produkte unmittelbar oder mittelbar erkennen lässt oder wenn vorrangig ein anderes Ziel verfolgt wird“. Die Formulierung „oder wenn vorrangig ein anderes Ziel verfolgt wird“ kann durchaus als Drehtüre für die Zwecke der Markt- und Meinungsforschung gewertet werden, auch wenn zweifelhaft ist, ob dies in der Entscheidung des Amtsgerichts Frankfurt so gemeint war. Da bei Kundenzufriedenheitsstudien das beauftragende Unternehmen und dessen Produkte erkennbar sind, ist dieses Urteil für klassische Kundenzufriedenheitsstudien kein „automatischer Türöffner“. Erfreulich und wichtig erscheint mir aber, dass die Ausführungen des Gerichts in die richtige Richtung gehen, wonach der Begriff der mittelbaren Absatzförderung nicht überdehnt werden dürfe und eben nicht so weit verstanden werden könne, „dass jede Markt- und Meinungsforschung bereits auch unmittelbar zur Absatzförderung beiträgt“. Das ist zukünftig sehr wohl eine Hilfe auch für Auseinandersetzungen bei Kundenzufriedenheitsstudien.

e) Im Wesentlichen gleiches gilt auch bei Kommunikation von Marktforschungsinstituten via Email (§ 7 Abs. 3 UWG). Wenn Unternehmen Emails ohne vorherige Einwilligung des Adressaten versenden und damit Werbung betreiben, ist dies grundsätzlich eine wettbewerbsrechtlich unzulässige Geschäftshandlung, insbesondere eine unzumutbare Belästigung gemäß § 7 Abs. 2 UWG. Liegt Marktforschung vor und keine Werbung, wäre § 7 Abs. 2 UWG unanwendbar. Folgt man der herrschenden Rechtsprechung und Kommentarliteratur, liegt allerdings zumindest mittelbare Werbung vor. In dieser Linie liegt es, dass die Rechtsprechung nunmehr auch bei Email-Kontaktaufnahmen zu Marktforschungszwecken von Werbung statt von Marktforschung spricht. So auch ein Urteil des Amtsgerichts Heidelberg vom 08. August 2012 (Az.: 27 C 45/12), in welchem es der Beklagtenpartei (einem Marktforschungsinstitut) untersagt wurde, im geschäftlichen Verkehr zu Werbezwecken mit der klagenden Partei zur Aufnahme eines erstmaligen Geschäftskontaktes per Email Kontakt aufzunehmen, ohne dass die ausdrückliche Einwilligung der klagenden Partei vorliegt. Beklagte war ein Marktforschungsinstitut, das via Email den Adressaten über die Teilnahmemöglichkeit an einer Marktforschungsstudie unterrichtet hat. Das Gericht sah in dieser Mitteilung Werbung und begründete daraus einen Unterlassungsanspruch.

4. Keinesfalls darf man übersehen, dass es spezialgesetzliche Regelungen gibt, die die Einholung von Einwilligungen vorschreiben, selbst dann, wenn § 30a BDSG Anwendung finden sollte. Denn soweit andere Rechtsvorschriften auf personenbezogene Daten neben dem BDSG Anwendung finden, gehen sie den Vorschriften des BDSG vor (§ 1 Abs. 3 BDSG). Hingewiesen wird hier auf die Strafvorschrift des § 203 Abs. 1 Nr. 6 StGB für Adressen von Personen, die private Kranken-, Unfall- oder Lebensversicherungen abgeschlossen haben.

III. Vorlage an den Europäischen Gerichtshof (EuGH)

1. Die Rechtsprechung der oben genannten Oberlandesgerichte zur Kundenzufriedenheitsstudie verstößt meines Erachtens gegen die UGP-Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005.

a) Artikel 2 d UGP-RL verlangt einen unmittelbaren Zusammenhang für die Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidungen des Verbrauchers (vergleiche auch Erwägungsgrund 7, Satz 1). Einen bloß mittelbaren Zusammenhang ausreichen zu lassen (wie das OLG Köln) ist daher europarechtswidrig und unhaltbar.

Artikel 2 d UGP-RL lautet wie folgt:

„Geschäftspraktiken sind Handlungen, Unterlassungen, Verhaltensweisen oder Erklärungen, kommerzielle Mitteilungen einschließlich Werbung und Marketing eines Gewerbetreibenden, die unmittelbar mit der Absatzförderung, dem Verkauf oder der Lieferung eines Produkts an den Verbraucher zusammenhängen“ (Hervorhebung durch den Unterzeichner).

b) Seit der UWG-Novelle 2008 ist das UWG richtlinienkonform am Maßstab der UGP-Richtlinie auszulegen (BT-Drucksache 16/10145, S. 1). Die Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung bedeutet, dass das nationale Gericht das nationale Recht im Licht des Wortlauts und des Zwecks der Richtlinie auszulegen hat. § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG ist europarechtswidrig (vergleiche Engels / Brunn, GRUR 2010, S. 886 ff.). Über das Gebot der Vollharmonisierung und der europarechtskonformen Auslegung kann kein ernsthafter Zweifel bestehen.

Daher reicht ein bloß mittelbarer Zusammenhang mit der Absatzförderung gerade nicht aus, sondern ein unmittelbarer Zusammenhang müsste gegeben sein, der aber bei Markt- und Meinungsforschungen in keinem Fall vorliegt, nicht einmal bei Kundenzufriedenheitsstudien.

c) Markt- und Meinungsforschung hat nicht das Geringste mit Werbung zu tun. Markt- und Meinungsforschung hat keine rechtsgeschäftlichen Ziele. Es drohen keine Vertragsabschlüsse am Telefon oder danach.

Im Übrigen besteht ein völlig entgegen gesetzter Informationsfluss zwischen Werbung einerseits und Marktforschung andererseits.

Umfragen der Markt- und Meinungsforschung dienen weder der Akquisition von Neukunden noch der Erweiterung oder Ergänzung bestehender Vertragsverhältnisse. Es besteht kein unmittelbarer Zusammenhang mit Kaufentscheidungen von Verbrauchern, dies zu behaupten wäre abwegig.

2. Sollte also ein nationales Gericht der Auffassung sein, dass es sich um Werbung und / oder den Anwendungsbereich von § 7 UWG handle, ist dem Europäischen Gerichtshof diese Rechtsfrage im Vorab-Entscheidungsverfahren gemäß Artikel 267 AEU vorzulegen. Wie bereits oben geschildert verlangt die europäische UGP-Richtlinie einen unmittelbaren Zusammenhang mit der Absatzförderung, während es die OLG Köln Rechtsprechung ausreichen lässt, wenn nur ein bloßer mittelbarer Zusammenhang besteht. Die Divergenz zwischen europäischer Rechtsvorgabe einerseits und nationaler deutscher Rechtsprechung (OLG Köln) andererseits ist evident. Der EuGH hat zwischenzeitlich mehrfach den Grundsatz der Vollharmonisierung bestätigt. Im Ergebnis ist in dem Bereich von § 7 UWG, der wohl die UGP-Richtlinie umsetzt, der Begriff der Werbung so zu verstehen, dass ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Absatzförderung bestehen muss. Und es gibt trotz der Frage, welche EU-Richtlinie für den Begriff der Werbung im Wettbewerbsrecht maßgeblich ist, keine europarechtlich zwingende Vorgabe, Markt- und Meinungsforschung als Werbung im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG aufzufassen.

Deshalb erscheint es mir wichtig und lohnenswert, die komplexen Fragen (die hier aus Platz- und Zeitgründen nur angerissen werden können) um die Zulässigkeit telefonischer Kundenzufriedenheitsstudien in der Abgrenzung von Marktforschung und Werbung durch den EuGH klären zu lassen.

IV. Strafbewehrte Unterlassungserklärung

1. Viele „Gestörte“ – ob anwaltlich vertreten oder nicht – beschweren sich nicht nur über den störenden Anruf, sondern verlangen eine sogenannte strafbewehrte Unterlassungserklärung. Das bedeutet, dass sich der Unterworfene nicht nur dazu verpflichtet, einen Anruf dieser Art zu unterlassen, sondern im Falle eines Verstoßes auch dazu, eine in der Unterlassungserklärung zu akzeptierende Vertragsstrafe zu bezahlen. Im Wortlaut sieht eine solche Unterlassungsaufforderung z.B. wie folgt aus: „… verpflichtet sich gegenüber … es bei Meidung einer Vertragsstrafe von € … für jeden Fall der Zuwiderhandlung unter Ausschluss des Fortsetzungszusammenhangs zu unterlassen …“.

Wem ein Anspruch auf Unterlassung zusteht, dem steht in aller Regel auch ein Anspruch auf eine strafbewehrte Unterlassungserklärung zu. Die Verpflichtungserklärung des Marktforschungsinstituts, nicht wieder anzurufen, genügt nach herrschender Rechtsprechung alleine nicht, um die Wiederholungsgefahr auszuschließen. Im Fall, in dem ein Erstverstoß vorliegt, drohe eine Wiederholungsgefahr, solange der Unterlassungsschuldner (also das Marktforschungsinstitut) die Unterlassungserklärung nicht mit einer Strafbewehrung abgebe. In der Regel gelingt es in der Praxis allerdings, Unterlassungsforderungen zu erfüllen, ohne eine Strafbewehrung unterzeichnen zu müssen. Der Unterzeichner rät dringend von strafbewehrten Unterlassungserklärungen ab. Sie haben hinsichtlich der Vollstreckungswirkung gleiche Wirkung wie ein rechtskräftiges Urteil. Außerdem mutet es widersprüchlich an, wenn man einerseits gegen Unterlassungsklagen vorgehen will, andererseits gleichzeitig strafbewehrte Unterlassungserklärungen abgibt. Richter sind auch nur Menschen und wenn sie sehen, dass ein Institut seine wertvolle Richterzeit bemüht, um die rechtliche Zulässigkeit von Marktforschungsanrufen zu klären, wenn bekannt wird, dass das gleiche Institut bereits schon einmal strafbewehrte Unterlassungserklärungen abgegeben hat, dann ist der Misserfolg der gerichtlichen Auseinandersetzung vorprogrammiert.

2. Zu warnen ist ferner davor, Unterlassungserklärungen abzugeben, ohne in die Unterlassungserklärung eine konkrete Rufnummer einzufügen. Empfehlenswert ist daher folgende Formulierung: „Verpflichten wir uns zu unterlassen, Herrn / Frau … unter der Nummer … anzurufen“.

Eine Formulierung, die lediglich lautet: „Wir verpflichten uns, Herrn X nicht mehr anzurufen“, ist gefährlich, weil Herr X seine Rufnummer ändern kann, andere Rufnummern hinzukommen können und somit bei jeder Telefonstudie die Gefahr besteht, Herrn X anzurufen – diese Gefahr jedenfalls nicht ausgeschlossen werden kann, was eben nur bei der Angabe einer konkreten (sperrbaren) Nummer in der Unterlassungserklärung möglich ist.

Sorgen macht daher ein aktuelles Urteil des Landgerichts Hagen vom 10. Mai 2013 (1 S 138/13). Es bestehe angeblich „kein Grund, den Unterlassungsanspruch auf spezifizierte Emailadressen zu beschränken“. Wie es die Beklagte sicherstelle, „dass die Klägerin von ihr keine unzulässige Emailwerbung erhält, bleibt ihr überlassen“, so das LG Hagen. Ob sich diese Rechtsprechung von der dort relevanten Emailthematik auf Telefonanrufe unverändert übertragen lässt, mag hier dahinstehen, ist aber auch nicht abwegig. Denn die Leitsätze des Urteils lauten wir folgt:

„Einem auf die Abwehr von rechtswidrigen Eingriffen in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gerichteten Anspruch auf Unterlassung rechtswidriger Zusendungen von Werbe-E-Mails steht eine vorgerichtliche, auf eine bestimmte Emailadresse des Betroffenen bezogene Unterlassungserklärung nicht entgegen. Sie lässt die Wiederholungsgefahr hinsichtlich der Sendungen und andere Emailadressen des Betroffenen nicht entfallen. Der Empfänger ist nicht verpflichtet, dem Absender die noch in Betracht kommenden Emailadressen mitzuteilen.“

V. Ausblick EU-Datenschutz-Grundverordnung

Zukünftig soll die EU-Datenschutz-Grundverordnung (im Folgenden: EU-GV) die Zersplitterung des europäischen nationalen Datenschutzrechts und die Anwendung der aktuell gültigen EU-Datenschutzrichtlinie 95/46/EG ersetzen.

Auf einzelne nationale Rechtsprechung in anderen europäischen Ländern – auch wenn sie für das Thema Kundenzufriedenheitsstudie erfreulich wäre – kommt es nicht an. Es wäre eine völlige Verkennung des Vorrangs europäischen Rechts und der europäischen Rechtssystematik und Rechtstektur, wenn man in die Rechtsprechung einzelner nationaler europäischer Datenschutzgerichte einsteigt, weil das für die Anwendung und den Vorrang des europäischen Rechts rein systematisch keine Rolle spielt. Der Vorrang des europäischen Rechts ist schon in der Leitentscheidung des EuGH in der Sache Costa / Enel in den 60-er Jahren entschieden worden und daher ständige Rechtsprechung.

Die EU-GV soll als Europäische Verordnung in Kraft treten. Europäische Verordnungen sind gemäß Artikel 288 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verbindliches und somit unmittelbar geltendes Recht in allen Mitgliedsländern der Europäischen Union. Die Verordnung bedarf somit keiner gesonderten Umsetzung durch den nationalen Gesetzgeber.

In diesem Entwurf ist eine dem § 30a BDSG entsprechende gesetzliche Erlaubnisnorm zu Zwecken der Markt- und Meinungsforschung leider nicht enthalten. Ob die Markt- und Meinungsforschung von Artikel 83 EU-GV (Datenverarbeitung zum Zweck der wissenschaftlichen Forschung) erfasst wird, ist unsicher. Bemühungen von Verbandsseite, in Artikel 83 EU-GV eine ausdrückliche Klarstellung im Wortlaut zu Gunsten der Markt-, Meinungs- und Sozialforschung einzufügen, sind jedenfalls bisher nicht erfolgreich.

Ein anderer Ansatz besteht darin, die Markt-, Meinungs- und Sozialforschung als „wissenschaftliche Forschung“ im Sinne des europäischen Rechts durchzusetzen; die Tatsache, dass im nationalen Recht die herrschende Kommentarliteratur der generellen Einstufung der Markt- und Meinungsforschung skeptisch, um nicht zu sagen ablehnend gegenübersteht, muss dem nicht zwingend entgegenstehen, da Europäisches Recht und nationales Recht unterschiedliche Inhalte haben und unterschiedliche Entwicklungen nehmen können. Ein beherz-tes und fundiertes Plädoyer für die wissenschaftliche Forschung findet sich aktuell im ADM Jahresbericht 2013 („Quo vadis Marktforschung“ von Hartmut Scheffler und Bernd Wachter). Eine weitere aktuelle Überlegung besteht darin, für die Belange der Markt- und Meinungsforschung „die allgemeinen Grundsätze für die Verarbeitung von Daten anzuwenden, die insbesondere Kapitel III. des Verordnungsentwurfs vorgibt“ (Simitis in der aktuell erschienenen neuen 8. Auflage, Bundesdatenschutzgesetz, § 30a, Rdnr. 153).

All dies wird für die Zukunft im Interesse der Markt-, Meinungs- und Sozialforschung zu beleuchten sein. Nach aktuellem Stand des Verordnungsentwurfs wäre es bei dessen Inkrafttreten allerdings mit der gesetzlichen Privilegierung und dem Erlaubnistatbestand des § 30a BDSG vorbei.

 

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