Sebastian Klumpp, Price Intelligence GmbH Pricing als hoch dynamisches Forschungsobjekt – Der Mensch allein reicht nicht mehr aus

Auch der Bereich der Preisforschung bleibt nicht von neuen Technologien wie Big Data, KI und Machine Learning verschont. Regelrechte Datenfluten, führen zur Dynamisierung der Märkte und dazu, dass die Preis- & Wettbewerbsforschung zukünftig von Maschinen übernommen werden muss. Die Price Intelligence GmbH - Anbieter einer Marktüberwachungssoftware - zeigt wie Dynamic Pricing die Preisforschung zukünftig verändern wird.

Sebastian Klumpp, Price Intelligence GmbH
Wir leben in einer Zeit, in der es gilt, der Datenflut Herr zu werden und insbesondere darüber hinaus diese auch aktuell zu halten und zu nutzen. Die Dynamisierung der Märkte nimmt immer weiter zu und die Informationen verlieren ihre Halbwertszeit schneller als je zuvor - vornehmlich das Pricing. Gerade für Wissens schaffende Unternehmungen birgt diese eine Herausforderung, denn das von Marktforschungsunternehmen generierte Wissen kann innerhalb kürzester Zeit nicht mehr der Realität entsprechen.

So werden Preise anhand von Faktoren wie beispielsweise dem Wetter oder der Anzahl von Klicks fortlaufend und in kürzester Taktung angepasst. Davon sind auch schon längst die Dinge des alltäglichen Lebens wie Handys, Lebensmittel und Co. betroffen. Wie kann also zuverlässige Forschung betrieben werden für die Generierung von Wissen sowie Realitätstreue Statements abgeleitet werden in einem Umfeld, dessen Informationsgehalt sich innerhalb von Stunden maßgeblich verändern kann?

Neue Rahmenbedingungen für das Pricing

Wie jeder Einzelne von uns einkauft und konsumiert, hat sich in den letzten vier Jahrzehnten maßgeblich verändert. Angefangen in den 80er-Jahren gab es ausschließlich den Offline-Handel. Von einem "Internet" hatten damals nur wenige gehört und noch weniger es nutzen können. Mit der ersten Veröffentlichung einer Homepage im World Wide Web von dem britischen Wissenschaftler Tim Berners-Lee am 20. Dezember 1990 brach ein wahrer Goldrausch aus. Ohne sich von der darauf folgenden Dotcom-Blase beirren zu lassen, zieht sich der Erfolgszug des Internets bis heute durch. Als eines der wesentlichen Ergebnisse liegt heute eine lückenlose Transparenz und Vergleichbarkeit von online käuflichen Produkten vor.

Die Evolution des Handels bringt dabei immer neuere und mächtigere Player auf den Plan. So hat sich die Anzahl der Online-Marktplätze in Deutschland von 2014 (81) bis 2020 (173) mehr als verdoppelt. Unter Anbetracht der Zahlen von deutschlandweiten Online-Shops zeigt sich eindrucksvoll die gesamte Größe der E-Commerce Branche. So gibt es gesamtheitlich betrachtet über 600.000 Shops, welche ihre Artikel über das Internet verkaufen. Derweil befeuert das weltweit kursierende Virus Covid-19 das Wachstum der Branche. Der Druck steigt dabei nicht nur für die, die die Digitalisierung ignoriert oder verschlafen haben. Die anhand von Dropshipping gesunkenen Eintrittsbarrieren haben zur Folge, dass permanent neue Player entstehen. Der Schluss aus der resultierenden Dynamik und der gnadenlosen Transparenz fordert dementsprechend ebenso diejenigen heraus, die Ihre Kompetenzen weiterentwickelt und sich dabei ständig selbst herausgeforderter haben.

Auch Hersteller von Marken bleiben nicht verschont, sei es durch unautorisierte Händler und Grauimporte. Rabattschlachten und Preiskriege gefährden mit fatalen Abwärtsspiralen die jahrelang und penibel aufgebaute Preis-Positionierung. Es gilt für Sie genausten zu beobachten, wer verkauft ihre Artikel und vor allem Dingen zu welchem Preis, welche Händler "verwässern" die Preise indem Sie unter dem UVP oder MAP ("Minimum Advertised Price") verkaufen, wie verändert sich das Pricing im Zeitverlauf bzw. wo steht mein Produkt im Produktlebenszyklus und wann gerät die eigene Marke in Gefahr. Eine Beobachtung des Wettbewerbs bleibt dabei nicht aus. Wo also verkaufen diese, wie ist die Stellung derer Produkte und zu welchem Preis? Informationen wie diese geben wertvolle Einblicke, wie die Konkurrenten wiederum auf die eigene Marke und die dazugehörigen Produkte reagieren und gibt Einsichten zu deren Strategie. Marktforschung, Preisbeobachtung und Wettbewerbsanalyse sind für Markenhersteller aus diesen Gründen ebenso entscheidend wie für Händler. 

Preis- & Wettbewerbsforschung übernimmt zwangsläufig die Maschine

Die davon entfachte Datenflut sowie die benötigte Datenflut für Entscheidungen sind dabei nicht mehr mit konventionellen Mitteln, also mit rein menschlichen Ressourcen, zu meistern. Zurückführend auf die Preisstrategie von Unternehmen zeigt sich dies am eindrucksvollsten. Der Onlineversand-Riese Amazon gibt hierfür die besten Beispiele an die Hand. Es kann durchaus vorkommen, dass sich der Preis für ein und dasselbe Produkt in dem Zeitraum kurz vor Weihnachten bis zu 70-mal innerhalb einer Woche ändert. Eine PWC-Studie stellte bei selbigem Unternehmen 2.500.000 Preisänderungen pro Tag fest. 

Preise variieren dabei nicht nur von Anbieter zu Anbieter, sondern auch innerhalb deren Strukturen und in Abhängigkeit von Marktsituation und wie schon eingangs angesprochen von Wetter, der Anzahl von Klicks, besonderen Events und vielen weiteren individuell definierten Faktoren. Die Dynamik des Marktes geht dementsprechend so weit, dass die offline und online Vertriebskanäle hinsichtlich des Pricing zwar in sich und gegenseitig abgestimmt sind aber dennoch (hohe) Unterschiede aufzeigen. Das heißt, für alle Unternehmen, gerade in Zeit von "Geiz ist geil" und der hohen Vergleichbarkeit auf einem riesigen Markt, Erlösmodell überdenken, Pricingprozesse optimieren sowie die Digitalisierung und offen liegende Daten zu seinem Vorteil nutzen. Nur so ist es möglich, sich bestmöglich am Kundennutzen zu orientieren und gleichzeitig Margen abzuschöpfen. Der Fachbegriff für die Anwendung einer solch dynamischen und rasant veränderten Preisstrategie heißt Dynamic Pricing - aber dazu später mehr.

Sie merken wahrscheinlich schon selbst, es ist sehr schwer, unter all diesen Konstellationen und dynamischen Parametern seine Produkte zu bepreisen, geschweige denn Forschung zu betreiben. Es gilt eine Sensibilität und Verständnis dafür aufzubauen, dass Preise nicht (mehr) von statischer Natur sind. Sie eilen viel mehr durch das Netz und verändern sich bei jeder bietenden Gelegenheit. Ein fundiertes Statement kann daher innerhalb eines Tages nicht mehr up to date sein.

Die Frage, die sich dementsprechend stellt - Wie gehe ich bei dem Pricing meiner Produkte richtig vor?

Kurz und knapp fällt hierfür die Antwort aus. Aufgrund der vorher beschriebenen Situation reicht es nicht mehr aus, nur einen Preis nachzuschlagen, um seine Preise wettbewerbsorientiert zu optimieren, es gilt uneingeschränkt den ganzen Markt im Blick zu behalten und das dauerhaft. 

Je nach Produkt ist eine Erhebung der Daten jede Stunde für eine verlässliche Aussagekraft durchzuführen. Das gilt auch für Unternehmen, die rein offline arbeiten. Allzu oft stehen Kunden vor dem Regal und vergleichen Preise mit dem Smartphone. Mit dem Einzug von digitalen Preisschildern können auch im Ladengeschäft schnell die Preise automatisch angepasst werden. 

Big Data als Grundlage

Die Lösung findet sich dementsprechend in der Automatisierung der Preisrecherche. Ein System übernimmt dabei die Datenerhebung in einer vordefinierten Taktung und überprüft alle Shops und Portale. Hier wird deutlich, dass eine manuelle Suche zwar aufgrund der frei verfügbaren Informationen technisch möglich wäre, aber nicht umsetzbar ist. Die Effizienz, Effektivität und die fehlerfreie Datenerhebung, die vonnöten wäre, kann auf dieser Grundlage nicht bewerkstelligt werden. Die Masse an Daten und in Kombination mit der Geschwindigkeit, mit der sich diese ändern, lässt eine von Menschen durchgeführte Preisrecherche nicht zu. Um der Vorstellungskraft eine Größenordnung zu geben - bei einer Suche über ein Price Monitoring Tool können mehrere Millionen Datensätze abgefragt werden - damit sind wir inmitten der Sphäre von Big Data. Die Nutzung eines Monitoring Tools befähigt dementsprechend den Arbeitsaufwand zu meistern, das benötigte Tempo zu halten, die Realitätstreue der Daten zu wahren und zahlt aufgrund der Masse an erhobenen Daten in die Repräsentativität und damit in die Glaubwürdigkeit bzw. Aussagekraft von Forschungen ein.

Smart Data, KI & Machine Learning als Operator

Ein großer Datensatz zur Verfügung zu haben ist die eine Seite, die andere, diese Daten zu verstehen und daraus Schlüsse ziehen zu können. Die KI löst in dem Kontext als Software eigenständig Probleme und als dessen Bestandteil entzieht Machine Learning als Algorithmus Wissen für eigenständige zukünftige Entscheidungen. Die geschaffene Wissensbasis befähigt das System weitaus granularer zu arbeiten als "nur" die Strukturierung, Aufbereitung und Ausgabe der Daten zu übernehmen. Es ist möglich, automatisch und ohne Risiko schnell auf Preisanpassungen zu reagieren, Verfügbarkeiten zu prüfen, Lieferzeiten zu vergleichen, Lieferkosten mit in die eigene Preisgestaltung einzubeziehen, den Rang auf Plattformen und Bewertungen im Netz einzusehen sowie auszugeben welche Produkte sich auf welchen Marktplätzen und Vergleichsportalen am besten verkaufen. So wird aus dem erkenntnislosem Big Data das sinnstiftende Smart Data. Die Automatisierung der Preisrecherche ist also nur ein Bestandteil aus einem Potpourri von Anwendungen, welchen den Nutzern eines solchen Systems zur Verfügung stehen und zu nutzen sind.

Doch was ist nun das große Ganze, wie nennt sich dieses Vorgehen konkret und welche Lösung gibt es?

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Das Zauberwort lautet Dynamic Pricing

35 Prozent sehen es als interessanten Trend an; 16 Prozent meinen es ist ein Game Changer - Das ist das Ergebnis einer Expertenbefragung von Statista zum Thema Dynamic Pricing. Bei dem Unternehmen Sanicare liegt der Anteil der dynamisch differenzierten Produktpreise bei 87 Prozent, weitere prominente Vertreter sind Amazon, Mediamarkt, DocMorris, Zalando, A.T.U, Conrad, Otto und viele mehr. Unterschiedliche Preise für das identische Produkt gibt es nicht nur bei der ach so ersehnten Urlaubsreisen bzw. Ausflug oder an der Tankstelle je nach Tageszeit und Standort.

Die Begrifflichkeit des Dynamic Pricing bzw. der dynamischen Preisoptimierung deutet daraufhin, dass ein Angebot im Zeitverlauf mit variierenden Preisen angeboten wird. Das übergeordnete Ziel in dessen Anwendung ist die Gewinnmaximierung und die Kundenbindung. Der deutsche Marketing Verband unterscheidet hinsichtlich der zeitlichen Einordnung in "periodisch" (zeitraumorientiert) sowie in "häufig" (zeitpunktorientiert). Dem ist zu das "Peak Load Pricing" sowie die "Penetrationsstrategie" hinzufügen. Ersteres beschreibt das allgemeingültige wirtschaftswissenschaftliche Prinzip - die Nachfrage bestimmt den Preis. Allerdings kann der Anbieter durch die gewonnene Transparenz des Internets die Preise gezielt unter die der Wettbewerber platzieren oder die Preise bei Lieferengpässen erhöhen. Exakt dies geschah, als Island sich bei der Fußball-Europameisterschaft immer höherer Popularität erfreute. Mit jedem Spiel und Tor setzten die Händler immer höhere Preise für deren Trikots durch. Die zweite Ergänzung, die "Penetrationsstrategie", skizziert die Strategie auf, bei man stets mit dem günstigsten Preis die Kunden lockt werden. Die Zielsetzung ist es, sich in einem sehr kurzen Zeitraum einen großen Marktanteil zu sichern und anschließend die Preise anzuheben. 

Wissen schaffen – Wichtige Potenziale für Marktforschungsunternehmen

Für die Marktforschung bedeutet dies, dass mittels automatisierter Marktanalysen aktuelle, automatisiert strukturierte Marktdaten in sehr hoher Qualität zur Verfügung stehen. Im Gegensatz zur traditionellen Marktforschung, welche immer nur die Vergangenheit erfassen kann, können hiermit weitaus schneller Reports erstellt werden, um die aktuelle Marktstellungen von Produkten zu verorten. Fragestellungen wie, wo muss im Marketing, Vertrieb oder Produktmanagement nachgesteuert werden, wie entwickelt sich der Preis und an welcher Stelle, wo steht ein Produkt in seinem evolutionären Lebenszyklus, können mit automatisierten Marktanalysen aussagekräftig beantwortet werden

Price Intelligence 

Die Price Intelligence GmbH ist Anbieter der gleichnamigen Marktüberwachungssoftware mit dem Schwerpunkt auf der Optimierung von E-Commerce-Daten. Auf Knopfdruck erfasst, liefert, analysiert und bewertet die SaaS-Lösung tagesaktuelle Preise von bekannten Plattformen und Marktplätze aus über 21 Ländern. Preis- und Wettbewerbsbeobachtung, Automatisierung von Preisanpassungen (Dynamic Pricing) sowie Sortimentsoptimierungen sind Features, von denen Nutzer profitieren.

Über der Autor

Sebastian Klumpp, Price Intelligence GmbH
Sebastian Klumpp, Price Intelligence GmbH
Sebastian Klumpp ist seit Januar 2020 CEO bei der Price Intelligence GmbH. Er bringt durch seine beruflichen Stationen im Handel, unter anderem bei der Klingel Gruppe - dem drittgrößten Versandhändler Deutschlands - ein breites Wissen im E-Commerce, Plattform-/Marktplatzgeschäft und Online Marketing mit. Praxiserprobte Erfahrungen in digitalen Innovationen, neuen Geschäftsmodellen und Organisationsreformen im Rahmen der digitalen Transformation, wie auch der strategischen Weiterentwicklung von Unternehmen bilden sein Fundament als Digitalexperte.

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