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Diskussion zum "War for talents" in der Marktforschungsbranche "Praktikanten sollten wie Festangestellte mit Zukunftsperspektive behandelt werden"

Diskussion zum "War for talents" in der Marktforschungsbranche mit Roderick Bekker, SKIM, Graciella Garmann, Norstat und Sabine Reiter, Kantar
Wie stellt sich die Situation aktuell für die Marktforschungsbranche dar?

Aber auch gute Absolventen können sich mittlerweile aussuchen, welches der Angebote ihnen am meisten zusagt. Zu einem überzeugenden Paket gehört nicht nur die klare Perspektive innerhalb des Unternehmens. Auch der Arbeitsort und die Art und Weise des Arbeitens sind heute relevante Argumente für potenzielle neue Mitarbeitende. SKIM versucht, einen Ansatz zu wählen, bei dem die Mitarbeitenden von Anfang an gefördert werden - sie sollen zusammen mit dem Unternehmen wachsen.


Welche Argumente sprechen für oder gegen die Marktforschung?
Man lerne viel in der Marktforschung.
Fünf Jahre in der Branche wären ein sehr gutes Sprungbrett, um anschließend z. B. auf die Auftraggeberseite zu wechseln.
Sabine Reiter sieht ein wichtiges Argument für die Marktforschungsbranche darin, dass weniger gereist werden muss. Themen in der Marktforschung würden außerdem durch einen Marketingbezug oft als interessanter wahrgenommen werden als im Consulting. Diese wären aus ihrer Erfahrung für den Nachwuchs verlockender als z. B. Projekte im Bereich Restrukturierung oder Kostenoptimierung. Die Marktforschung könne somit für Absolventen eine spannende Nische darstellen.
Roderick Bekker erzählte die Geschichte eines Mitarbeiters, der sich auf einer Karrieremesse bewusst nicht bei den bekannten Big Four angestellt hätte, weil ihm die Schlange zu lang gewesen sei, und der SKIM dann als Alternative gefunden hätte. Viele Absolventen würden aber zunächst zu den Marken gehen, von denen sie bereits einmal gehört hätten. Und das wären in der Regel eben keine Marktforschungsinstitute.
Graciella Garmann sieht einen wichtigen Hebel darin, bewusst zu machen, welche Bedeutung die Marktforschung in der Wertschöpfungskette von Unternehmen und der Gesellschaft haben kann. Nachteile sieht sie dagegen darin, dass Karrierepfade in der Marktforschungsbranche weniger klar definiert sind. Wie sieht eine Karriere in der Marktforschung aus? Hier wäre eine Chance der positiven Abgrenzung, wenn zusätzlich auch der „Purpose“ und die bessere „Work-Life-Balance“ herausgestellt werden würde, ergänzte Sabine Reiter. Dabei bräuchte es auch kein Partner-Modell, so wie im Consulting. Es gäbe auch spannende Fachkarrieren in der Branche, die keine Partnerschaft am Ende des Karrierewegs benötigen.
Wie ist die Situation in verschiedenen Ländern?
Ein großer Unterschied zu den USA sei, so Roderick Bekker, dass in den Staaten finanzielle Argumente für die Lebensführung und die Karriereperspektive stärker gewichtet werden würden. Mehr „Work to live“ als „Live to work“. In Europa, insbesondere in Deutschland, ginge es dagegen auch stärker darum „Erfüllung“, d. h. eine Sinnhaftigkeit im Job zu finden. In den UK wiederum sei die Bedeutung von Headhuntern im Recruiting größer.
In den für Norstat relevanten Märkten sei die Situation vergleichbar schwierig, so Graciella Garmann. In den Märkten, wo Norstat als Marke bekannter ist, sei die Suche vor allem bei Absolventen etwas leichter. Vor allem dann, wenn Unternehmen auch bereits mittels Gastvorträgen dort auftauchen würden.
Vor allem ab dem Consultant- und Senior-Level würden sich die Märkte nur wenig unterscheiden. Ohne Headhunting sei es schwierig gute Leute zu gewinnen, ergänzte Sabine Reiter die Perspektive von Kantar.
Konkrete Maßnahmen, die zukünftig helfen können
Eine strukturierte Vorgehensweise würde helfen, so Sabine Reiter. Es gäbe viele gute Ansätze, viele Kontakte zu Hochschulen, aber die Nachhaltigkeit im Recruiting wäre noch nicht vergleichbar mit anderen Branchen. Das zu bündeln und zu strukturieren, wäre eine wichtige Aufgabe.
Auch für Norstat sind frühzeitige Verbindungen zu Hochschulen und zu Studierenden ein wichtiger Schritt. Gerade im Kontext der Hochschule sollten mehr Institute Gastvorträge und Dozentenjobs wahrnehmen, um mit Studierenden in Kontakt zu treten und ihnen die Praxis der Marktforschung näherzubringen. Der CEO von Norstat startete seine Karriere in der Gruppe als Praktikant.
Praktikanten sollten eher wie Festangestellte mit Zukunftsperspektive behandelt werden,
so Roderick Bekker. Auch in der Gewinnung von Praktikanten sei die Präsenz an Hochschulen mittels Gastvorträgen naheliegend, da diese Studierenden bereits wüssten, was sie in der Marktforschung erwarte.
Karrieremessen halten alle drei Experten für weniger relevant, da sie sehr teuer und aufwendig sind, die Konkurrenz auf der Messe groß und der ROI relativ unklar sei.
Was ist das Fazit der Diskussion?
Zusammenfassend lassen sich folgende Punkte festhalten:
- Um langfristig ausreichend gute Talente zu finden, muss das Recruiting und Talent Management in der Marktforschungsbranche zu anderen Branchen aufschließen, die um die gleichen Absolventen und Mitarbeitenden buhlen. Dabei geht es darum, als Branche „erwachsen“ und „strukturiert“ zu werden.
- Der frühe Vogel fängt den Wurm. Dazu gehört, an den für die Branche relevanten Lehrstühlen frühzeitig mittels Gastvorträgen und Lehraufträgen präsent zu sein, um mit Talenten in Kontakt zu treten. Es muss vermittelt werden, warum eine Karriere in der Marktforschung eine spannende Option sein kann. Karrieremessen sind dabei weniger relevant, da große und bekannte Marken dort in der Regel dominieren.
- Der „War for talent“ ist in den unterschiedlichen regionalen Märkten durchaus vergleichbar. Unterschiede gibt es lediglich dort, wo die eigene Marke etwas bekannter ist und wo bereits Kooperationen mit Hochschulen bestehen.
Wenn Sie die Diskussion komplett anschauen möchten, finden Sie in unserem Web-Seminar-Archiv die Aufzeichnung.
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